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Das egoistische Gen

Titel: Das egoistische Gen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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bitten müßte.) In diesem Punkt besteht ein krasser Unterschied zwischen Engpaßtang und Wucheralgen. Bei ersterem stammen alle Zellen einer Tochterpflanze von einer einzigen Sporenzelle ab, so daß alle Zellen der Pflanze näher miteinander verwandt sind als mit irgendeiner anderen Zelle einer anderen Pflanze.
    Dieser Unterschied zwischen den beiden Arten hat wichtige genetische Folgen. Stellen wir uns das Schicksal eines eben mutierten Gens vor, zuerst bei Wucheralgen, dann bei Engpaßtang. Bei den Wucheralgen kann die Mutation in jeder beliebigen Zelle entstehen, in jedem beliebigen Zweig der Pflanze. Da Tochterpflanzen durch Knospung produziert werden, an ihrer Entstehung also viele Mutterzellen beteiligt sind, ist es möglich, daß lineare Nachkommen der mutierten Zelle Tochterpflanzen und Enkelinnenpflanzen mit nichtmutierten Zellen teilen, die relativ entfernte Vettern von ihnen sind. Beim Engpaßtang andererseits ist der jüngste gemeinsame Vorfahre aller Zellen einer Pflanze nicht älter als die Spore, die den engpaßartigen Ursprung der Pflanze bildete.
    Wenn jene Spore das mutierte Gen enthielt, werden alle Zellen der neuen Pflanze es enthalten. Enthielt die Spore das mutierte Gen nicht, so enthalten sie es ebenfalls nicht. Die Zellen einer Pflanze sind beim Engpaßtang genetisch gesehen einheitlicher als bei den Wucheralgen (sieht man von gelegentlichen Rückmutationen ab). Was den Engpaßtang betrifft, so ist die einzelne Pflanze eine Einheit mit genetischer Identität und verdient es, als Individuum bezeichnet zu werden. Bei den Wucheralgen besitzen die Pflanzen geringere genetische Identität und haben weniger Anrecht auf die Bezeichnung „Individuum“ als ihre Gegenstücke beim Engpaßtang.
    Dies ist nicht einfach nur eine Frage der Terminologie.
    Wenn Mutationen auftreten, so haben nicht alle Zellen einer Wucheralge dieselben genetischen Interessen. Ein Gen in einer Wucheralgenzelle profitiert davon, die Fortpflanzung seiner Zelle zu begünstigen. Es profitiert nicht notwendigerweise davon, daß es die Fortpflanzung seiner besonderen „individuellen“ Pflanze fördert. Infolge von Mutationen ist es unwahrscheinlich, daß die Zellen einer Pflanze genetisch identisch sind, daher werden sie bei der Herstellung von Organen und neuen Pflanzen nicht ernsthaft zusammenarbeiten. Die natürliche Auslese wird eher unter Zellen als unter „Pflanzen“ auswählen. Bei Engpaßtang dagegen besitzen alle Zellen einer Pflanze wahrscheinlich dieselben Gene, denn nur gerade erst entstandene Mutationen könnten dies ändern. Daher werden sie bereitwillig beim Bau effizienter Überlebensmaschinen mitarbeiten. Die Zellen verschiedener Pflanzen haben mit größerer Wahrscheinlichkeit verschiedene Gene. Schließlich lassen sich Zellen, die durch unterschiedliche Engpässe hindurchgegangen sind, anhand aller mit Ausnahme der jüngsten Mutationen – und das heißt anhand der Mehrheit der Mutationen – voneinander unterscheiden. Die Selektion wird daher über rivalisierende Pflanzen richten, nicht über rivalisierende Zellen wie bei den Wucheralgen. Wir können daher die Evolution von Organismen und Mechanismen erwarten, die der gesamten Pflanze dienen.
    Nebenbei gesagt – nur für Leser mit beruflichem Interesse – besteht hier eine Analogie zur Diskussion über Gruppenselektion. Wir können uns einen Einzelorganismus als eine „Gruppe“ von Zellen vorstellen. Vorausgesetzt es findet sich ein Mittel, die Variation zwischen Gruppen relativ zur Variation innerhalb von Gruppen zu steigern, so kann eine Form der Gruppenselektion zum Tragen kommen. Die Fortpflanzungsmethode von Engpaßtang hat genau diesen Effekt, die von Wucheralgen den umgekehrten. Es gibt auch andere Ähnlichkeiten, die aufschlußreich sein mögen, auf die ich aber nicht näher eingehen möchte, zwischen „der Passage durch den Engpaß“ und den anderen beiden Ideen, von denen in diesem Kapitel hauptsächlich die Rede war. Das war erstens die Vorstellung, daß Parasiten in dem Maße mit ihren Wirten zusammenarbeiten werden, wie ihre Gene in denselben Fortpflanzungszellen wie die Wirtsgene in die nächste Generation hinüberreisen, sich also durch denselben Engpaß zwängen.
    Und zweitens der Gedanke, daß die Zellen eines sich geschlechtlich fortpflanzenden Körpers nur deshalb zusammenarbeiten, weil die Meiose absolut gerecht ist.
    Fassen wir zusammen: Wir haben drei Gründe kennengelernt, warum eine Lebensgeschichte, die durch einen Engpaß

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