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Das egoistische Gen

Titel: Das egoistische Gen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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auf der Bühne erschienen und Fragen über das Leben zu stellen begannen, hauptsächlich Fragen über Vehikel – Einzelorganismen – stellten. Der Einzelorganismus kam im Bewußtsein der Biologen zuerst, wohingegen die Replikatoren – heute als Gene bekannt – als Teil der von den Einzelorganismen benutzten Maschinerie betrachtet wurden. Es erfordert eine bewußte geistige Anstrengung, die Biologie vom Kopf wieder auf die Beine zu stellen und uns die Stellung der Replikatoren ins Gedächtnis zu rufen: Sie waren zuerst da, und ihnen kommt größere Bedeutung zu.
    Wir brauchen nur daran zu denken, daß sogar heute nicht alle phänotypischen Effekte eines Gens in den individuellen Körper eingebunden sind, in dem dieses Gen sitzt. Zweifellos wirkt das Gen vom Prinzip her und auch in Wirklichkeit über den individuellen Körper hinaus und manipuliert Objekte in der Außenwelt, von denen einige unbelebte Dinge, andere Lebewesen sind und die sich zum Teil in weiter Entfernung befinden. Mit nur ein wenig Vorstellungskraft können wir das Gen im Zentrum eines strahlenförmigen Netzes erweiterter phänotypischer Macht sitzen sehen.
    Und fast jedes Objekt in der Welt ist das Zentrum eines Netzes aus konvergierenden Einflüssen vieler Gene, die in vielen Organismen sitzen. Die große Reichweite des Gens hat keine erkennbaren Grenzen. Die ganze Welt ist kreuz und quer von Kausalitätspfeilen durchzogen, die Gene und phänotypische Effekte über große und kleine Entfernungen miteinander verbinden.
    Es ist eine zusätzliche Tatsache, zu wichtig in der Praxis, um nebensächlich, aber in der Theorie nicht notwendig genug, um unvermeidlich genannt zu werden, daß diese Kausalitätspfeile gebündelt worden sind. Replikatoren sind nicht mehr frei im Meer verteilt; sie sind in riesige Kolonien – einzelne Körper – hineingepackt. Und phänotypische Wirkungen, statt gleichmäßig in der ganzen Welt verteilt zu sein, sind in vielen Fällen in eben diesen Körpern erstarrt. Aber der einzelne Körper, der uns auf unserem Planeten so vertraut ist, brauchte nicht zu existieren. Die einzige Einheit, die existieren muß, damit irgendwo im Universum Leben entsteht, ist der unsterbliche Replikator.

Nachbemerkungen
    Die folgenden Anmerkungen beziehen sich auf die Kapitel 1 bis 11 (den Text der ersten Auflage).

1. Warum gibt es Menschen?
    1 Einige Leute, sogar solche, die nicht religiös sind, haben an diesem Zitat aus Simpson Anstoß genommen. Ich gebe zu, wenn man es zum ersten Mal liest, klingt es schrecklich philisterhaft, taktlos und intolerant, ein bißchen wie Henry Fords „Geschichte ist mehr oder weniger Humbug“. Doch von religiösen Antworten einmal abgesehen (sie sind mir bekannt, sparen Sie die Briefmarke) – können wir auch nur eine einzige Antwort nennen, die vor Darwin auf Fragen wie „Was ist der Mensch?“, „Hat das Leben einen Sinn?“, „Wozu sind wir da?“ gegeben wurde und die, sieht man von ihrem (beträchtlichen) historischen Interesse ab, heute nicht völlig wertlos ist? Aussagen können ganz einfach falsch sein, und das trifft, vor 1859, auf alle Antworten auf jene Fragen zu.
     
    2 Gelegentlich mißverstehen Kritiker Das egoistische Gen   insofern, als sie meinen, es befürworte den Egoismus als ein Prinzip, nach dem wir leben sollten! Andere glauben – vielleicht, weil sie nur den Titel des Buches gelesen haben oder nicht über die ersten beiden Seiten hinausgekommen sind –, ich verträte die Ansicht, Egoismus und andere häßliche Verhaltensweisen seien ein unentrinnbarer Teil unserer Natur, gleichgültig, ob wir das nun schön finden oder nicht. In diesen Fehler kann man leicht verfallen, wenn man meint (wie viele Leute es unerklärlicherweise tun), daß „genetisch determiniert“ gleichbedeutend ist mit schicksalhaft und unabänderlich. De facto „determinieren“ Gene das Verhalten lediglich im statistischen Sinne (siehe auch Kapitel 3). Ein guter Vergleich ist die bekannte Bauernregel „Der Morgen grau, der Abend rot, ist ein gutes Wetterbot“. Statistisch gesehen mag es eine Tatsache sein, daß Abendrot schönes Wetter für den nächsten Tag ankündigt, aber wir würden keine hohe Wette darauf abschließen. Wie wir genau wissen, wird das Wetter auf sehr komplexe Weise von vielen verschiedenen Faktoren beeinflußt.
    Jede Wettervoraussage kann falsch sein. Es handelt sich lediglich um eine statistische   Vorhersage. In unseren Augen hat Abendrot nicht zwangsläufig schönes Wetter am

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