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Das egoistische Gen

Titel: Das egoistische Gen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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Vorteile bringt, sondern auch Kosten   verursacht. Mehr Nachwuchs zu produzieren bedeutet unweigerlich, weniger für ihn sorgen zu können. Der Kernpunkt von Lacks Gedanken ist, daß es für jede Spezies in jeder gegebenen Umweltsituation eine optimale Gelegegröße geben muß. Der Unterschied zwischen Lacks und Wynne-Edwards’ Meinung liegt in der Antwort auf die Frage:
    „Optimal von wessen Standpunkt?“ Wynne-Edwards würde sagen, das wichtige Optimum, dem alle Individuen zustreben sollten, ist das Optimum für die Gruppe. Lack würde sagen, jedes egoistische Individuum wählt die Gelegegröße, durch welche die Zahl der Jungen, die es aufzieht, maximiert wird.
    Wenn drei die optimale Gelegegröße für Mauersegler ist, so bedeutet dies für Lack, daß jedes Individuum, das vier Küken großzuziehen versucht, am Ende wahrscheinlich weniger Nachkommen haben wird als rivalisierende, vorsichtigere Individuen, die nur drei aufzuziehen versuchen. Der augenfällige Grund dafür wäre, daß die Nahrung – auf die vier Jungen verteilt – so knapp ist, daß nur wenige von ihnen bis ins Erwachsenenalter überleben. Dies würde sowohl für die anfängliche Verteilung von Dotter auf die vier Eier als auch für die später an die vier Küken verfütterte Nahrung gelten. Nach Lack regulieren die Individuen daher ihre Gelegegröße aus Gründen, die alles andere als altruistisch sind. Sie praktizieren Geburtenkontrolle nicht, um eine Überbelastung der Ressourcen der Gruppe zu verhindern, sondern um die Anzahl ihrer tatsächlich überlebenden Jungen zu maximieren – ein Ziel, das das genaue Gegenteil dessen ist, was wir gewöhnlich mit Geburtenkontrolle assoziieren.
    Die Aufzucht junger Vögel ist eine kostspielige Angelegenheit. Die Mutter muß eine große Menge Nahrung und Energie für die Erzeugung der Eier aufwenden. Möglicherweise mit Hilfe des Männchens investiert sie beträchtliche Anstrengungen in den Bau eines Nestes, das ihre Eier beherbergen und schützen soll. Die Eltern verbringen Wochen mit geduldigem Ausbrüten der Eier. Wenn die Jungen dann ausgeschlüpft sind, arbeiten sich die Eltern fast zu Tode, indem sie mehr oder weniger pausenlos und ohne auszuruhen Futter für sie heranschleppen. Wie wir bereits gesagt haben, bringt eine Kohlmeise, solange Tageslicht herrscht, alle 30 Sekunden ein Bröckchen Futter zum Nest. Säugetiere wie wir selbst gehen auf eine geringfügig andere Weise vor, der Grundgedanke aber, daß Reproduktion eine kostspielige Angelegenheit ist, vor allem für die Mütter, ist deshalb nicht weniger wahr. Es liegt auf der Hand, daß eine Mutter, die versuchen würde, ihre begrenzten Mittel an Futter und Kraft auf zu viele Kinder zu verteilen, letzten Endes weniger großziehen würde, als wenn sie von vornherein etwas bescheidener gewesen wäre.
    Sie muß Gebären und Pflegen gegeneinander abwägen. Die Gesamtmenge an Nahrung und anderen Mitteln, die ein einzelnes Weibchen oder ein Elternpaar aufbringen kann, ist der begrenzende Faktor, der bestimmt, wie viele Kinder sie aufziehen können. Die natürliche Auslese bewirkt nach der Lackschen Theorie ein Angleichen der anfänglichen Gelege- beziehungsweise Wurfgröße dergestalt, daß diese begrenzten Mittel maximal ausgenutzt werden.
    Individuen, die zu viele Kinder haben, werden bestraft; nicht dadurch, daß die ganze Population ausstirbt, sondern einfach damit, daß nur wenige ihrer Kinder überleben. Gene für das Bekommen von zu vielen Kindern werden einfach nicht in großen Mengen an die nächste Generation weitergegeben, weil wenige der Kinder, die diese Gene in sich tragen, das Erwachsenenalter erreichen. Nun ist, was den modernen, zivilisierten Menschen betrifft, folgendes geschehen: Die Größe der Familie ist nicht mehr durch die begrenzten Mittel beschränkt, die die einzelnen Eltern aufbringen können. Wenn ein Mann und seine Frau mehr Kinder haben, als sie ernähren können, so greift einfach der Staat ein, das heißt der Rest der Bevölkerung, und hält die überzähligen Kinder am Leben und bei Gesundheit. Es gibt in der Tat nichts, was ein Ehepaar, welches keinerlei materielle Mittel besitzt, daran hindern könnte, so viele Kinder zu haben und aufzuziehen, wie die Frau physisch verkraften kann.
    Aber der Wohlfahrtsstaat ist eine sehr unnatürliche Sache. In der Natur haben Eltern, die mehr Kinder bekommen, als sie versorgen können, nicht viele Enkel, und ihre Gene werden nicht an zukünftige Generationen vererbt. Es

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