Das Ei und ich
den Boden lassen, wie er war, oder einfach billiges Linoleum darüber decken? Aber nein, die ländliche Tradition einerseits und Bobs Staubsaugervorfahren andererseits verlangten, daß Tannenholzböden täglich gescheuert würden, es war ein Beweis hausfraulicher Tugend, ein Werk der Liebe und die Pflicht jeder braven Ehefrau ihrem Gatten gegenüber. »Bete, daß mich niemand auf einem Linoleumboden in Versuchung führt!« murrte ich drohend.
Freitag – Putztag für Lampen und Kamine! Ich habe eine Menge Menschen mit stark romantischem Hang, aber ohne jede praktische Erfahrung sagen hören, nichts gehe über Lampen- und Kerzenbeleuchtung. Absichtlich hätten sie kein elektrisches Licht in ihrem Sommerhäuschen installieren lassen, und nichts sei dem Aussehen der Frauen zuträglicher als gedämpfter Kerzenschein. Ich persönlich hasse Lampen- oder Kerzenlicht, und überhaupt gedämpftes. Mein Wunschtraum wäre eine Zehnmillionen-Watt-Lampe in der Mitte der Küche gewesen. Mir war es egal, auszusehen wie aus dem Sarg auferstanden. Hauptsache, es war hell im Raum. Kerzen gehörten auf Geburtstagskuchen, in Lampions bei Umzügen und in Estrichlaternen.
Für Petroleumlampen muß man ein ganzes Arsenal komplizierter Instrumente haben, um sie zu regulieren. Doch selbst dann läuft man stets Gefahr, daß der Docht aufflackert, nur seitlich brennt und den Glaszylinder schwärzt. Man schwankt immer hin und her, ob man das verminderte Licht auf die eine oder andere Art benützen soll; entweder mit hochgeschraubtem Docht und dem auf einer Seite rauchgeschwärzten Zylinder oder mit dem tief geschraubten Docht. Laut Sears-Roebuck gibt auch die beste Petroleumlampe nur eine Lichtstärke von vierzig Watt her, was laut Mazda unweigerlich dazu führt, daß man sich die Augen verdirbt.
Lampen- und Kerzenlicht lassen angeblich die Wimpern lang und seidig erscheinen. Was für Wimpern? Sooft ich mich ungeduldig über den Zylinder beugte, um zu sehen, wieso das ekelhafte Ding schon wieder rauchte, sengte ich mir die Wimpern ab, und dann hätte es auch der verführerischste Kerzenschimmer der Welt nicht mehr fertiggebracht, sie seidig erscheinen zu lassen.
Samstag – Markttag! Im Winter fuhr Bob schon beim Morgengrauen in die Stadt, um Eier zu verkaufen, die benötigten Lebensmittel einzuhandeln und die Post, Zigaretten und ein paar Zeitungen zu holen. Frühling und Sommer begleitete ich ihn auf seinen Fahrten, aber im Winter, bei eisiger Kälte oder Regen, war es kein reines Vergnügen, in dem schlecht gefederten Kasten über Land zu holpern, und außerdem mußte ich zu Hause bleiben, um beim Nahen der Dämmerung die Lampen in die Hühnerhäuser zu hängen.
An manchen Samstagen, wenn Bob mit dem Ford um die Ecke verschwunden war, fühlte ich mich wie eine Kreuzung zwischen einer Made im Speck und dem vielgerühmten Mops im Paletot. Ich nahm mir eine Tasse Kaffee, eine kochendheiße Wärmflasche, Zigaretten und die letzten illustrierten Zeitungen und kroch wieder ins Bett. Und von halb sieben bis ungefähr neun Uhr genoß ich das Vergnügen, die würdige alte Bauerntradition zu brechen, nach der eine anständige Frau nur zwischen sieben Uhr abends und vier Uhr morgens ins Bett gehört, es sei denn, sie gebäre oder liege im Sterben.
Am Samstag war es meine Pflicht, zwischen halb vier und vier Uhr die Kerosinlaternen anzuzünden – eine unangenehme, gefährliche und allen hundertmal gehörten Warnungen aus Kindertagen, daß in der Nähe von Petroleum mit Streichhölzern zu hantieren Wahnsinn sei, hohnsprechende Aufgabe. Ich habe nie genau verstanden, wie eine Kerosinlampe funktioniert, und sooft ich das Streichholz anzündete, machte ich mir Vorwürfe, daß ich nicht noch schnell nach dem Priester geschickt hatte.
Bob erklärte mir mit wahrer Engelsgeduld, wie man’s machen mußte, aber es nützte nichts; der Vorgang blieb mir schleierhaft wie der indische Seiltrick, und nur wenn Bob nicht da war, duldete ich die Teufelsmaschinen im gleichen Raum. Ich pflegte sie ins Freie hinauszunehmen, mich hinter der Tür vom Holzschuppen vor dem Regen zu schützen und sie von meinem sicheren Hort aus anzuzünden. Unverzüglich begannen sie zu flackern und zu knistern, als bereiteten sie eine Explosion vor, beruhigten sich aber ebenso unvermittelt wieder, zischten noch ein wenig und strömten dann wunderschönes, helles Licht aus. Zwei Laternen in jeder Hand, durchschritt ich darauf die Wildnis, die letzten Sommer unser Garten gewesen war,
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