Das Ei und ich
hölzerne Brotschüssel zu einer Art Phallus-Symbol, und während ich den zähen Brei knetete, überlegte ich unwillkürlich, durch welches Küchenfenster der Knecht wohl Ma Hinckley zuzuwinken pflegte.
Mrs. Kettle hatte mich aufgeklärt, daß ich nicht schnell genug sei beim Backen, daß im Laden gekaufte Hefe niemals über Nacht ruhen dürfe und daß Teig ansetzen, rühren, kneten und backen in einem Morgen zu geschehen habe. Ich rannte wie eine Verrückte in der Küche umher, schaffte es aber, zweimal wöchentlich drei Laib Brot zu backen. Es roch an diesen Tagen immer angenehm ländlich in sämtlichen Räumen, und ich erwähnte oft und ausführlich in meinen Briefen nach Hause das selbstgebackene Brot, doch Bobs mißtrauischer Standpunkt blieb der einzig anwendbare Maßstab für meinen Erfolg. Stereotyp fragte er: »Läßt sich’s schneiden?«
Dienstag und Mittwoch waren außerdem freiwillige Badetage. Sonnabend galt von jeher als Tag der gründlichen Waschungen, aber am Dienstag und Mittwoch war wegen des Bügelns und Backens der Herd sowieso in guter Form und heißes Wasser leicht erhältlich. So wurden Dienstag und Mittwoch Badetage. Die Beschränkung des täglichen Bades auf zwei pro Woche fiel nicht schwer, wenn man in Betracht zieht, daß wir unsere Bäder im Waschtrog nahmen. Bäder im Waschtrog gehören für gewöhnliche Sterbliche in die längst vergangene Epoche, da Unterleibsoperationen noch ohne Narkose ausgeführt wurden und Schwefel- sowie Molassekuren im Frühling so selbstverständlich waren wie die hohe Kindersterblichkeit. Selbst wenn alles gutging, Herd brav knisterte, das Wasser schön heiß und das verfügbare Handtuch groß und trocken war (im Winter war es stets klamm), blieb die Tatsache bestehen, daß ein Erwachsener, der in einem Waschtrog bequem Platz findet, ein Zwerg sein muß.
Eine Säuberung mit Schwamm und Seife vor dem Ausguß war ebenfalls kein Genuß, aber es ging bedeutend schneller, und man wurde eher sauber.
Donnerstag – Scheuertag! Fensterputzen, Tischbeine und Holzverschalung ablaugen, Schrank reinigen und – so wie alle Tage – Fußboden scheuern. Bob muß meiner Meinung nach unter seinen Vorfahren einen Staubsauger gehabt haben, denn er gehört zu der sympathischen Sorte von Ehemännern, die die Matratze hochheben, um zu kontrollieren, ob das kleine Frauchen auch schön brav die Sprungfedern abgestaubt hat. Ich wagte nicht, in meinen Briefen an Gammy etwas darüber verlauten zu lassen. Sie hätte telegrafisch meine Scheidung verlangt. Ich konnte mich auch Bobs Sauberkeitsfimmel anständigerweise nicht widersetzen, da er bei seinen Arbeiten die gleiche methodische Gründlichkeit an den Tag legte. Fiel einem irgendwo in Bobs Revier ein Butterbrot aus der Hand, so ließ sich – außer natürlich im Hühnerstall – kaum erkennen, auf welcher Seite es gelegen hatte. Doch über einen Punkt entbrannte stets von neuem Streit in unserem sonst friedlichen Heim. Wir gerieten uns in die Haare, sobald es sich ums Scheuern der Fußböden handelte. Nach dem ersten Winter schwor ich, fortan nur noch in Häuser mit festgestampften Lehmböden zu ziehen, über die man Sand streuen konnte. Mit besonderer Sorgfalt und bewunderungswürdiger Präzision hatte Bob die Böden im Haus gelegt, aber leider Gottes war seine Wahl auf helles Tannenholz gefallen, und es gab sicher nur ein Material, das noch schneller schmutzig wurde als helles Tannenholz: heller Samt. Bob gab sich rührende Mühe, jedesmal eifrig die Schuhe abzuputzen, bevor er das Haus betrat, aber dem Zustand des Bodens nach zu schließen, hätte er sich das sparen und direkt vom Misthaufen ins Zimmer kommen können. Ich schrubbte und fegte und bearbeitete den Küchenboden Tag für Tag mit allen erdenklichen Besen und Bürsten, ausgenommen nur meine Zahnbürste, und doch sah er immer aus, als schwelgten wir seit Jahren in Schlachtfesten. Mitfühlende Nachbarn hatten mir geraten, es einmal mit scharfer Salmiaklauge zu versuchen, aber da den meisten dieser wohlmeinenden Berater ein Auge oder ein Stückchen von der Backe fehlte – Schönheitsfehler, die ihnen von einem Sturz über den Eimer mit Salmiaklauge geblieben waren, wie sie schmunzelnd erzählten –, verzichtete ich vorderhand noch auf den Gebrauch dieses wirksamen Hilfsmittels.
Ich haßte das tägliche Bodenscheuern. In meinen Augen war es eine sinnlose Zeit- und Kraftverschwendung, die nichts einbrachte. Warum nicht lieber nach Einbruch der Schlechtwetterperiode
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