Das Ei und ich
brachte er die fixe Idee mit, ein Helm voll Wasser genüge für die größte Wäsche, inbegriffen Leintücher. Mit unschuldsvoller Miene pflegte er am Montagmorgen zu fragen: »Wird heute gewaschen?« und von den besten Vorsätzen beseelt, pflegte ich zu erwidern: »Jawohl, und zwar eine Wäsche von riesigem Ausmaß.« Woraufhin Bob sich, heiter vor sich hinpfeifend, zur Quelle unten beim Obstgarten aufmachte, mir zwei Eimer, deren Böden kaum mit Wasser bedeckt waren, in die Küche stellte und sich dann, nach wie vor pfeifend, aus dem Staube machte und bis zum Essen in den Wäldern verschwunden blieb. Ein paarmal rächte ich mich und ließ die Wäsche kurzerhand bis nach dem Mittagessen stehen, aber ich strafte damit nur mich selbst, denn eine genügende Menge Wasser ist längst kein Ausgleich dafür, daß man zwischen Waschbrett und Kochtopf pendeln und dann, wenn’s endlich warm im Hause ist, draußen im Halbdunkel die klitschnasse Wäsche aufhängen muß. Also fand ich mich damit ab, neunundneunzig Prozent des benötigten Wassers allein ins Haus zu schleppen, aber selbst, wenn es mir gelang, die Kübel zum Kochen zu bringen und die Leintücher und Hemden und Unterhosen sauberzuschrubben – trocken wurden die Dinger nicht im Winter. Wozu also die Kraftvergeudung?
Außerdem war das Wasser aus der Quelle entsetzlich hart, und wenn man es mit einer dreifachen Portion Seifenpulver fütterte, bildete sich trotzdem nur ein schmieriger Schaum. Hatte ich mich dann stundenlang abgemüht, die Wäsche mittels dieser scharfen Lauge sauberzubekommen, konnte ich die Haut von meinen Händen abziehen wie zu weit gewordene Handschuhe.
Keinen Seifenfirmen-Wettbewerb ließ ich ohne meine Mitwirkung vorübergehen, in der vagen Hoffnung, eines Tages doch noch den ausgesetzten Preis von fünftausend Dollar zu gewinnen und mich dann nie mehr mit diesem oder einem anderen Waschmittel plagen zu müssen. Unbegreiflich blieb mir, wie die Farmersfrauen beim Bewältigen einer großen Wäsche von innerer Befriedigung reden konnten. Mir hätte es viel mehr innere Befriedigung verschafft, im warmen Bett zu liegen, während jemand anders die Wäsche besorgte.
Dienstag – Bügeltag! Bügeln mit Platteneisen ist ganz etwas anderes, als man sich gemeinhin vorstellt, wenn man das Wort »bügeln« hört. Es ist ein langwieriger Prozeß, bei dem es darauf ankommt, mit einem griffähnlichen Henkel zum Herd zu gehen, den Henkel in das auf der heißen Platte stehende Eisen zu stecken, das stets voller Ruß ist, mit dem kompletten Bügeleisen zum Bügelbrett zu hasten und das dort ausgebreitete Kopfkissen mit schwarzen Flecken zu verzieren. Man nimmt das Eisen, reinigt es am Ausguß vom Ruß; mittlerweile ist es natürlich zu kalt geworden, um das befleckte Kopfkissen glatt zu bügeln, also stellt man es abermals auf die Herdplatte, zieht den Henkel ab, wartet ein Weilchen und wiederholt dann den Turnus, bis der Ehemann die Küche betritt und sich erkundigt, ob der Teufel das Essen geholt habe.
Bob würdigte zu meinem Ärger die großen Anstrengungen, die für mich mit Waschen und Bügeln verbunden waren, überhaupt nicht und zog frische Wäsche an, sooft er sie mir aus den Klauen reißen konnte. Wie ein Hund seinen Knochen bewachte ich eifersüchtig alles, was ich gewaschen und gebügelt hatte.
Nicht etwa, daß ich mir gewünscht hätte, Bob solle mit strahlendem Zahnpasta-Lächeln, wie die Männer auf den Waschpulverreklamen, in die Küche tänzeln und flöten: »Aber diese Woche gibt’s keine bösen, grauen Hemden für die süßen, kleinen Fingerchen vom niedlichen Frauchen!« Gott behüte, das hätte mir auch nicht gepaßt, aber er sollte anerkennen, wieviel harter Arbeit es bedurfte, unsere Sachen sauberzuhalten, und seiner Anerkennung von Zeit zu Zeit mit ein paar netten Worten Ausdruck verleihen. »Du gibst, weiß der Himmel, genug mit deiner Arbeit an«, entfuhr es mir manchmal ärgerlich. »Man könnte meinen, du legtest jedes Ei persönlich, unter großen Anstrengungen.« Aber zu solchen Bemerkungen ließ ich mich nur im Winter und auch dann nur an Montagen und Dienstagen hinreißen.
Mittwoch – Backtag! Jeden Mittwoch stürzte ich mich in einen anderen, von vornherein verlorenen Kampf: den Kampf ums Brot. Als ich zum erstenmal beobachtete, wie über Bobs Gesicht ein Schimmer innerer Glückseligkeit huschte, sobald er von Hühnern und Küken sprach, da beschloß ich, in kürzester Frist das Muster einer Farmersfrau zu werden, die
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