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Das einsame Herz

Das einsame Herz

Titel: Das einsame Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Holztisch stand und der erste Schluck probiert war, lehnte sich Maltitz weit in seiner Bank zurück und blies den dicken Rauch aus seiner Pfeife gegen die mit breiten Balken verzierte, hölzerne Decke.
    »Wir haben beide nicht erwartet, heute noch in Augustusburg eine angeregte Stunde zu verbringen«, sagte er. »Am allerwenigsten ahnte ich, daß ich einen jungen Menschen treffe, der, aus einem inneren Drang heraus, selbständig denkt. Das tun nämlich heute die wenigsten. Sie glauben, was ihnen von oben herab in die Ohren geblasen wird, und bekränzen die Dummheit, wenn sie laut genug schreit.«
    Er nahm das Glas auf, trank einen kräftigen Schluck, kaute den Wein ein wenig, wie es Kenner bei einem guten Tropfen lieben, und lehnte sich dann wieder zurück.
    »Die Literatur hat mir den Krieg angesagt. Meine Dramen ›Schwur und Rache‹, ›Hans Kohlhaas‹ – nach der Kleistschen Geschichte – und ›Oliver Cromwell‹ möchte man am liebsten von der Liste streichen, weil der Atem der Revolution in ihnen weht. Die ›Pfefferkörner‹ und die ›humoristischen Raupen‹ liegen den Herren wie ein Stein im Magen! Als ich in Berlin einmal bei der Aufführung von ›Schwur und Rache‹ trotz des königlichen Verbotes die vom Zensor gestrichenen Stellen doch spielen ließ, wurde ich des Landes verwiesen und mußte nach Dresden ziehen!« Er legte die Pfeife auf den Tisch und faltete die Hände über der Jacke. »In Deutschland einen Zensor! Das ist die royale Freiheit! Die Polizei auf der Bühne, der Knüppel des Gesetzes in der Literatur! Ist nicht die Kunst, ganz gleich, in welchen Formen sie auch auftritt, frei und darf gestalten, was das Individuum ergreift?! Wenn der Staat nicht stark genug ist, sich gegen eine Kritik zu schützen, wenn ein Staat nichts anderes kann, als mittels eines Dogmas die Opposition auszuschalten, ein solcher Staat ist reif, daß er zusammenbricht. Das wahre Glück der Völker beginnt bei dem Recht der freien Wahrheit. Nur der ist ein guter Herrscher, der die Wünsche und Klagen der Masse erhört und aus ihnen lernt. Wir alle sind ja nur Lehrlinge auf dieser Erde, Unfertige, die nie fertig werden, denn es ist das Schicksal des Menschen, stets an der Schwelle der Erfüllung zu sterben. Gibt es aber einmal einen Menschen, der von sich sagen kann: Seht, ich bin so weit, daß ich mir Erde, Himmel und selbst Gott unterordnen kann – so wird er an der eigenen Größe ersticken und wie der Turm zu Babel durch das eigene Gewicht zusammenstürzen!«
    Er schwieg und blickte sinnend in das halbgeleerte Glas.
    »Ich habe das in alle Lande laut hinausgerufen. Glauben Sie, lieber Kummer, die Menschen haben mich verstanden? Sie sehen nur die gefüllte Speisekammer und schreien Hurra und Vivat, wenn die goldene Staatskalesche durch die Straßen rattert. Mich nennen sie« – er lächelte schwach – »einen Dilettanten! Das ist die bequemste Art, einen Menschen zu ignorieren. Dilettantismus ist etwas Schreckliches! Wenn Sie nur einmal einen dramatischen Verein oder eine Dichterlesung der Literaturfreunde miterlebt haben, wünschen Sie sich Dantes Inferno in diesem Kreise der Aftertalente. – In diese Gruppe hat mich die moderne Literatur kategorisiert. Sie glaubt mich damit totzuschweigen. Aber die Pfefferkörner sind in ihren monarchensüßen Teig gestreut, und Pfeffer neben Zucker ist kein gutes Konglomerat.«
    Otto Heinrich Kummer hatte bisher, ohne Maltitz zu unterbrechen, mit fiebernden Augen zugehört. Jetzt, in der kleinen Atempause, rief er laut:
    »Und ist keiner da, der zu Ihnen steht, Herr von Maltitz?!«
    »Wenige, lieber Kummer. Man scheut sich, mit mir in den Bann zu treten. Man achtet die gesellschaftliche Hohlheit höher als die Freiheit des Geistes von morgen!«
    »So lassen Sie mich einer Ihrer Freunde sein«, rief der junge Apotheker mit leuchtendem Blick. »Ich habe nichts zu verlieren, nur zu gewinnen! Ich spüre es, daß Sie genauso einsam sind wie ich. Daß Sie allein stehen, weil Sie sich nicht beugen können vor dem, was Ihr Geist nicht anerkennt. – Nehmen Sie meine Hand« – er streckte ihm die Rechte hin –, »Sie sollen in mir einen Genossen haben, dessen glühende Liebe zur Freiheit und Kunst nie erlischt.«
    Die schwärmerische Rede des Jünglings entlockte dem Dichter ein gütiges Lächeln. Aber mit einer freudigen Bewegung schlug er in die dargebotene Hand ein und drückte sie in aller Herzlichkeit.
    »Mein lieber Kummer«, sagte er dann, »es sind nicht die

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