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Das einsame Herz

Das einsame Herz

Titel: Das einsame Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hinaus.
    Laut krachend fiel die Tür ins Schloß. Auf dem Gang entfernten sich seine Schritte.
    Sie klangen ruhig, fest und siegesfroh.
    Ein Mensch hatte sich gefunden. Er hatte gespürt, wie die Fesseln rissen und sich von seinem Herzen lösten.
    Die Freiheit lag vor ihm, der Weg ins kalte, unbekannte, ferne Nichts …
    Die große Hoffnung Otto Heinrichs, frei zu sein und in das weite Leben hinauszustoßen, wurde am Abend dieses schicksalhaften Tages jäh zerstört. Zwar beachtete ihn der Prinzipal am Tische nicht und sah durch ihn hindurch, doch verkündete er den aufhorchenden Gesellen und dem mit weit offenem Munde von Kummer zu Knackfuß starrenden Bendler, daß mit dem heutigen Tage der Kollege Otto Heinrich Kummer als Hauptprovisor anzusehen sei und er – der Prinzipal – die nötige Achtung von jedem in der Apotheke fordere.
    Sonst nichts. Das Abendessen wurde in stiller Hast genommen, manch schräger Blick traf das gesenkte Haupt des neuen Vorgesetzten, und nur der Riese Bendler belebte mit seiner lauten Stimme hie und da die Tafel, wenn er, mit einem Blick auf Jungfer Trudel, ein Anekdötchen aus dem Leben in der Apotheke preisgab.
    Knackfuß aß langsam, stumm, zusammengeduckt auf seinem Stuhl. Mitten im Essen schob er den Teller plötzlich von sich fort, stand auf, schob seinen Stuhl unwirsch zur Seite, nickte kurz und stampfte aus dem Zimmer in das von allen ängstlich gemiedene Kontor.
    Ein dumpfes Schweigen blieb am Tisch zurück.
    Nur Willi Bendler wechselte seinen Platz, setzte sich neben Otto Heinrich und stieß ihn mit dem Ellbogen leicht in die Seite.
    »Dicke Luft, was? Der Alte merkt, daß sich die Jugend an das Licht drängt! – Mensch, Otto Heinrich – Provisor –, rechte Hand des Geiers … das ist dem Alten schwergefallen und nagt an seiner Würde. Daß er's getan hat, ist das neue Rätsel von Frankenberg!« Er lachte leise und beugte sich zu dem Freunde hinüber. »Du hast Glück, lieber Junge, ich gönne es dir. Doch merke dir – der Alte gab dir heute seine rechte Hand – und mit der linken schlägt er dich zu Boden …«
    Mit einem Satze sprang Otto Heinrich auf, legte dem Freunde kurz die Hand auf die Schulter und eilte dann aus dem Zimmer.
    Die Hände tief in die Taschen vergraben, wanderte er mit verhaltenen Schritten durch den weiten Garten hinter dem Haus, hob das Haupt, damit der kalte Wind in seinen Locken spiele und die heiße Stirn kühle, und schob mit den Spitzen seiner Lackschuhe den Schnee als kleine Hügel vor sich her, ehe er sie mit einem kräftigen Schwung des Beines zerstäubte.
    Vorbei an den tief im Schnee vermummten Zwergtannen wanderte Otto Heinrich, den Kopf tief gesenkt.
    Plötzlich stand er vor der Laube, deren Dach ein hoher Schneehut zierte. Mit einem leisen Frösteln trat er ein, verwundert, daß die Kälte in dem engen Räume nachließ, und setzte sich, indem er den Kragen seines Rockes hochschlug, auf die Holzbank hinter dem vermorschten Tisch.
    Ein fades Halbdunkel klebte in der Laube. Von draußen leuchtete schwach der Schnee. Da schloß der Jüngling die Augen, lehnte sich zurück, legte den Kopf weit in den Nacken und ballte die in der Tasche vergrabenen Hände zur Faust.
    O diese Einsamkeit … diese sanfte Stille. Wie schön war sie, und doch, wie grausam stach sie in das Herz, das sich Leben, Glück und einen Hauch von Liebe wünschte.
    Der Einsame in seiner zugeschneiten Laube fror. Ein Zittern rieselte durch seinen Körper.
    Plötzlich zuckte er auf und richtete sich im Sitzen hoch.
    Ein leichter, im Schnee knirschender Schritt näherte sich der Hütte. Eine Hand tastete nach der Klinke, leise knarrend schwang die Tür auf, und ein schmaler Schatten huschte in den engen, dunklen Raum.
    Otto Heinrich hielt den Atem an und rührte sich nicht.
    Doch auch der Schatten, im Dunkel verschwommen, trat nicht näher, sondern verharrte in einer Ecke des Zimmers.
    »Ist jemand hier?« fragte der Apotheker nach einer langen Weile des Schweigens und Wartens.
    »Ich wußte, daß Sie hier sind«, antwortete leise eine helle, klingende Stimme, die Otto Heinrich emporzucken ließ und ihm die Worte von den Lippen nahm. Bebend strich er sich mit den halberstarrten Händen über das Haar, versuchte stotternd einen neuen Anfang und murmelte dann nur in fassungslosem Staunen:
    »Jungfer Trudel …?«
    Das Rauschen eines Mantels klang kurz auf, dann faßte seine Hand warme, zarte Mädchenfinger, und aus dem Dunst von Dunkelheit tauchte das Antlitz Trudels unter

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