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Das einsame Herz

Das einsame Herz

Titel: Das einsame Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sottkas blieb starr, »noch ein Tyrannenknecht weniger, die Welt könnte mir dankbar sein …«
    »Die Welt, die Welt … All deine Reden, die wunderschönen Appelle, die du angeblich geschrieben hast – im Grunde kümmert dich das alles gar nicht. Für dich geht es nicht um Freiheit, um eine neue Gesellschaft, um Ideale oder sonst etwas, das alles ist für dich nur der Weg, deine Mordlust zu befriedigen. Du bist krank, Sottka! Das bist du: eine kranke, mordlüsterne, widerliche, kleine Ratte. Ich will's noch deinem Buckel zugute halten, wenn jetzt raus will, was immer in dir schlummerte. Aber nicht in meiner Gegenwart, Sottka. Nicht mehr … Das werde ich nicht zulassen. Eher schieße ich dich über den Haufen.«
    »Bendler, ich hab' dir gerade …«
    »Das Leben gerettet?« höhnte Willi Bendler. »Und was für ein Leben soll das sein, wenn man mit solchen Scheißkerlen, wie du einer bist, durch die Wälder ziehen muß? Manchmal begreife ich mich selber nicht. Aber eines sag' ich dir: Nimm dir so was nicht mehr heraus. Nie mehr.«
    Haß war es, der in den grauen Augen hinter den Brillengläsern flackerte. Ein Haß, der ihn nicht erreichen konnte … Es gab Wichtigeres.
    Bendler wandte sich um und ging zu den anderen.
    Sie hatten versucht, den Wagen wieder auf die Straße zurückzustemmen. Es war ihnen nicht gelungen. Wozu auch? Die vier Pferde waren an Baumstämmen festgebunden, knabberten friedlich an den Zweigen, die beiden Dragoner lehnten mit dem Rücken gegen die Böschung und blickten mit dem betroffenen, schicksalsergebenen Ausdruck der Gefangenen zu ihnen herüber.
    »Na, wie steht's? Was habt ihr gefunden?«
    »Wirst dich wundern, Willi. Pulver, soviel, daß du ganz Frankenberg mitsamt deiner Apotheke in die Luft jagen kannst, falls du das willst.«
    »Will ich nicht. Was weiter?«
    »Die Gewehre der Dragoner. Auch der Kutscher hatte eine Pistole. Eine französische Reiterpistole. Richtiggehender Luxus. Na ja, und dann wäre da noch das.«
    Der ›Frosch‹ beugte sich und hob eine viereckige, eisenbeschlagene Holzkassette vom Boden.
    »Und?«
    »Achthundert Dukaten.«
    »Mach keine Witze.«
    »Kein Witz. Sind sogar achthundertfünfzig.«
    Bendler pfiff leise durch die Zähne.
    »Na dann«, sagte er. »Ich nehm' eines der Pulverfässer. Wir füllen es später in Säcke um. Die in Böhmen brauchen Nachschub.«
    »Und die da drüben?«
    Bendler überlegte.
    »Laufenlassen können wir sie nicht. Dann steigen sie doch auf ihre Gäule und sind in zwei Stunden in Frankenberg. Das Risiko können wir uns nicht leisten. Ein bißchen Vorsprung brauchen wir schon … bindet sie an den Bäumen fest. Und gebt ihnen vorher was zu trinken. Die Frühpost kommt um elf. Soldaten müssen an Strapazen gewöhnt werden. Das ist nur gut für ihre Karriere.«
    Im Gänsemarsch zogen die Männer den Hang hinauf. Bendler war der letzte. Noch einmal wandte er sich zu den Gefangenen.
    »Übrigens, Freunde, habt ihr nicht Lust, zu uns zu kommen? So ein Waldleben ist doch gesünder als die Kaserne.«
    Er erhielt keine Antwort. Nur eine Krähe schrie vom nächsten Gipfel …
    Ahnungslos wie der entflohene Freund ratterte Otto Heinrich durch den Morgen Frankenberg entgegen. Das Schicksal, das in dieser Nacht durch eine dünne Holzwand einer alten Kutsche machtlos wurde, entfernte sich mit jedem Pferdetritt und überließ den Jüngling seinem höheren Geschick.
    Schon als die Post gegen Mittag in Frankenberg einlief und Trudel, trotz ihres heiligen Versprechens, ihn nicht an der Posthalterei erwartete, ahnte Otto Heinrich, daß etwas Schlimmes im Hause Knackfuß vorgefallen war.
    Ungeduldig wartete er, bis die Postknechte das Gepäck vom Dache schnürten und verteilten, reichte dem Postillion ein kleines Trinkgeld und eilte dann mit großen Schritten in die Stadt, bis er am Markt das große Apothekerhaus liegen sah.
    Eine unerklärliche, fremde Unruhe trieb ihn vorwärts. Ohne den Laden zu beachten, lief er durch den seitlichen Privateingang die Treppen hinauf in seine Kammer, sah, daß der Ofen nicht geheizt war und der Staub noch dick im Raume lag, packte seinen Koffer in die Ecke, überlegte dann kurz, zog ihn wieder hervor und begann, sich erst zu waschen und dann umzukleiden.
    Mit Widerwillen und leichtem Ekel benutzte er das alte, abgestandene Wasser in dem zerbeulten Zinkeimer auf dem kleinen Flur. Das Handtuch war noch das alte wie vor seiner Reise, das Bett war unberührt, wie er es verlassen hatte.
    Von einer jagenden Angst

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