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Das Ekel von Datteln

Das Ekel von Datteln

Titel: Das Ekel von Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo P. Reinhard; Ard Junge
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weit weg wäre, und inhalierte noch einmal tief. Dann ließ er seinen Blick weiterwandern: zum Chef der Hattinger Ordnungshüter, von ihm zu Brennecke, der zu einem Häufchen Elend zusammengesunken war, und dann endlich wieder auf die Formulare in seinen Händen.
    Michalski. Er gehörte eindeutig zur B-Schicht und hatte an jenem Freitag seine Touren von 13.30 bis 21.30 abgeritten – auf dem anderen Passat, der früher anfing und Schluss machte, damit im Notfall immer ein Wagen im Einsatz war. Und fast eine Stunde nach Feierabend war der noch greifbar, saß vielleicht gar auf der Wache? Und machte mir-nichts-dir-nichts eine zweite Schicht? Komisch.
    Lusebrink, die wandelnde Pommesbude. Ein Urviech mit wenig Grips, aber der Konstitution eines gesunden Elefantenbullen. Wieso wird der nach 25 Minuten Dienst krank? Nach drei Stunden, vielleicht auch nach zweien – das gibt es. Aber so schnell?
    Lohkamp blätterte die Streifenberichte um. Samstag und Sonntag tauchte der Name Michalski überhaupt nicht auf. Auch am Montag nicht. Haggeney fehlte Samstag und Sonntag, der Fettsack aber nur sonntags. Am Tag davor hatte er Dienst geschoben – in der B-Schicht, zusammen mit dem Kollegen, mit dem Michalski am Freitag auf dem Bock gesessen hatte …
    Noch immer starrte Bültermann den Hauptkommissar schweigend an. Er atmete ganz flach, und in seinen Mundwinkeln zuckte es. Dich krieg ich, Bruder, dachte Lohkamp.
    Auch der Polizeichef sagte keinen Ton, aber seine Augen pendelten wie Scheibenwischer zwischen den beiden hin und her.
    Lohkamp zerquetschte seine Zigarette und zündete sofort eine neue an. Mit Ruth Michalski, so viel war klar, hatte die Geschichte nichts zu tun: Keiner der Beteiligten hätte schnell genug auf dieser Insel sein können. Aber was war es dann?
    Sein Blick wanderte zurück zu den Streifenberichten, zum Dienstplan. Mit den Namen stimmte etwas nicht …
    Sekunden später hatte er den Anfang des Knäuels in der Hand.
    »Wieso hat Lusebrink am Samstag die B-Schicht gefahren?«, fragte er leise.
    Ein kurzes Aufblitzen in den Lichtern des Bullen – Volltreffer!
    »Wieso ist er in Michalskis Schicht gefahren? Wenn er Freitagnacht wirklich krank war, gab es doch keinen Grund, sich zu revanchieren – oder?«
    Angst. In den Augen des Hauptmeisters flackerte Angst.
    »Herr Bültermann, ich habe Sie etwas gefragt!«
    »Ich … Ich weiß nicht. So etwas kommt vor, dass zwei Mann die Schicht tauschen. Bei Familienfeiern zum Beispiel …«
    »Und welche Familienfeier ist Lusebrink an jenem Freitag eingefallen? Zwanzig Minuten nach Dienstbeginn? Und warum fährt ein Mann für ihn weiter, der schon acht Stunden auf dem Bock saß?«
    Schweigen. Schließlich zuckte der Breite mit den Schultern: »Woher soll ich das wissen? Ich hatte in der Nacht keinen Dienst!«
    Brennecke erwachte wieder zum Leben. Er zog die Streifenberichte heran und studierte die Eintragungen. Funkwagen und Zivilstreifen hatten ihre Runden exakt gedreht und kaum Anlass zum Eingreifen gehabt. Zwei, drei Fahrzeugkontrollen, einmal ruhestörender Lärm, ein versuchter Einbruch in Welper, das war’s auch schon.
    Fast.
    »Sagen Sie«, fragte Brennecke plötzlich. »Diese hilflose Person, die Lusebrink aufgegriffen hat – um Viertel nach zehn – was war damit?«
    Eine Kopfbewegung des Chefs, und Bültermann trabte los, das Wachbuch zu holen.
    »Zweiundzwanzig zwanzig«, las Brennecke vor. »Ennepe 14/24 liefert offensichtlich volltrunkene Person ab. Name: Riemenschneider, Vorname: Elvira, geboren, wohnhaft und so weiter. Hier: Ausnüchterung. Entlassen: Oho! Um halb drei morgens!«
    Er stockte und musterte das Mittelgewicht.
    »So schnell geht das bei euch? In drei Stunden nüchtern? Habt ihr das Mädchen unter die kalte Dusche gestellt?«
    Bei dem Wort »Dusche« zuckte Bültermann zusammen.
    »Also, was war mit dem Mädchen? War sie Lusebrinks Krankheit?«
    Schweigen.
    »Wie Sie wollen«, meinte Lohkamp und blickte dann zu dem Boss des Mittelgewichtlers hinüber. »Holen Sie Lusebrink heran. Und du, Brennecke, treibst diese Frau auf. Bochumer Straße – ist das weit?«
    Der Polizeichef schüttelte den Kopf.
    »Also los, Brennecke, ich will hier keine Wurzeln schlagen …«
     
    Zweieinhalb Stunden später blickten sie durch.
     
    Die Frau wurde beim Finanzamt als Model geführt. Sie war nicht betrunken, sondern high gewesen. Lusebrink hatte sie am Busbahnhof aufgegriffen, zur Wache geschleppt und tatsächlich unter die Dusche gestellt – aber sich

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