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Das Ekel von Datteln

Das Ekel von Datteln

Titel: Das Ekel von Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo P. Reinhard; Ard Junge
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…«
    Die Rathausszene: Zuerst der gesamte Prunkbau in einer Halbtotalen, dann Roggenkemper und seine Fans auf der Treppe. Zwei Ranfahrten von der Mitte des Rasens aus, zum Schluss beide Male ein lächelnder Bürgermeister in Großaufnahme.
    »Gellermann!«, sagte Helga bei der zweiten Aufnahme und tippte auf das Gesicht hinter dem Rathauschef.
    Saale nickte.
    Das Band lief weiter. Nach einem Schnitt sah man Susanne, hinter ihr die links vom Haupteingang geparkten Wagen. Die PEGASUS-Chefin mühte sich gerade, im Kofferraum des Lada aufzuräumen, und lieferte den Zuschauern mit einem Scheinwerferstativ, das sich in Kabeln verheddert hatte, einen unfreiwilligen Slapstick.
    Saale tippte auf die Blonde: »Unser Boss …«
    Er wollte noch eine Erklärung anfügen, doch Helga hielt seine Hand fest: »Guck mal, der Wagen unseres Chefs!«
    »Schönes Auto!«, meinte Saale und stellte sich für einen Augenblick die goldenen Zeiten vor, in denen PEGASUS seinen Mitarbeitern Mercedes-Limousinen zur Verfügung stellen konnte.
    »Der war aber nicht zu sehen!«
    »Wer?«, fragte Saale.
    »Puth.«
    »Logo. Sind doch nur Leute aus Roggenkempers Verein drauf …«
    Er spulte das Band zurück und drückte auf den Auswerfer. Dann löschten sie die Lichter und kletterten wieder nach oben.
    »Gehst du Donnerstag auch zur Beerdigung?«, fragte er, während er die Gasheizung anstellte.
    Sie nickte: »Friedhöfe sind zwar das Letzte …«
    Er grinste plötzlich: »Wie passt das denn zu deinem Hexenkostüm vom Freitagabend?«
    »Bleib doch mal eine Minute lang ernst«, stöhnte sie. »Ich drücke mich wirklich vor Beerdigungen, wo es nur geht. Aber Ruth war immerhin die Kollegin, mit der ich beruflich am meisten zu tun hatte. Und ich finde das entsetzlich: Die Vorstellung, nachts überfallen und umgebracht zu werden. Einfach so.«
    Sie griff zu der Flasche Cote du Ventoux und goss ihr Glas voll. Dann blickte sie Saale an. Als er nickte, füllte sie auch seins.
    »Einfach so wird man aber eigentlich nicht umgebracht«, widersprach er. »Ich habe schon öfter über die Sache nachgedacht. Ob das etwas mit den Tricks zu tun haben könnte, die in eurer Firma ablaufen?«
    Sie nickte nachdenklich.
    »Ich – ich habe manchmal auch schon so etwas gedacht. Zumal sie und Gellermann ein eingespieltes Team waren. Aber seit die auseinander sind, hat sich das Klima gewaltig geändert. Sie hat sich eine Menge herausgenommen, was sich normalerweise auch die rechte Hand des Chefs nicht leisten darf …«
    »Beispiel?«
    »Meine Güte! Sie war oft schnippisch, hat manche Aufträge nicht ausgeführt, sondern sich von Puth andere Arbeiten geben lassen. Ich habe mich manchmal gefragt, warum er sich das als eine Art Junior-Chef bieten lässt …«
    »Vielleicht wollte sie seiner Frau etwas stecken?«
    »Nee!« Helga schüttelte den Kopf. »Wenn du die siehst, weißt du gleich, dass so etwas nicht zieht. Absolut cool die Frau. Die würde sich eher selbst eine Horde Liebhaber zulegen …«
    »Und die Polizei? Hat die noch nichts gefunden?«
    Fröstelnd zog sie den Bademantel am Hals zusammen und kuschelte sich an ihn: »Die haben ihren Schreibtisch durchwühlt und in der ganzen Firma herumgeschnüffelt – aber es sah nicht so aus, als hätten sie irgendetwas gefunden. Aber ich bin sicher die Letzte, der sie etwas sagen würden.«
    »Und…«
    Sie zog seinen Kopf zu sich herunter und verschloss ihm den Mund: »Setzen Sie das Verhör ein andermal fort, Herr Kommissar. Aber diese Nacht hat nur noch sechs Stunden. Und mindestens fünf davon muss ich schlafen …«

29
     
     
    Auf Wunsch der Eltern wurde Ruth Michalski in ihrer Geburtsstadt beigesetzt. Die Umstände ihres Todes sowie die Berichte und Anzeigen in der Ortspresse ließen erwarten, dass sich halb Datteln auf den Weg zum Hauptfriedhof begeben würde – wenn nicht aus Mitgefühl, so doch aus Sensationslust.
    Lohkamp hatte für diesen Vormittag ein Dokumentationsteam der Recklinghäuser Schutzpolizei angefordert. Beamte in Zivil hatten am Abend zuvor etwa dreißig Schritte vom Grab entfernt einen Bauwagen aufgestellt. Hier sollte sich ein Video-Trupp auf die Lauer legen, um zwischen den Wipfeln zweier riesiger Koniferen hindurch die gesamte Zeremonie aufzunehmen. Er selbst wollte sich mit Brennecke unter die Leute mischen, um die Ereignisse live zu verfolgen.
    Vierzig Minuten vor der Trauerfeier trafen sie an der Amandusstraße ein. Sie stellten ihren Golf so vor einem Wohnhaus ab, dass sie Eingang und

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