Das Ekel von Datteln
Freitag ein Grundstück von der Bundesbahn gekauft.«
»Und?«, fragte Saale und stocherte in den erkalteten Spaghetti herum.
Helga lächelte.
»Für einhundertachtunddreißigtausend Mark.«
Die PEGASUS-Männer sahen sie an.
»Nicht schlecht«, staunte Mager schließlich. »Und ich wohne in einem Haufen nasser Steine. Ich sollte Puth mal fragen …«
»Eben! Nach den Zahlungseingängen und Kontoauszügen, die über meinen Schreibtisch gehen, ist die Firma so pleite wie ich am Monatsende. Ich schwör’s euch, an der Sache ist was faul.«
Saale zog wieder sein cooles Gesicht: »Du tust gerade so, als ob in dieser Firma irgendetwas nicht faul wäre …«
»Anwesende ausgenommen«, ergänzte Mager.
»Begreift doch: Woher hat Puth so viel Geld? Und so plötzlich?«
»Die Bankheinis!«, erinnerte sich Saale. »Denen hat er die Scheine aus den Rippen geleiert. Gellermanns Show hat eingeschlagen. Ganz schön abgezockt …«
Er verfiel einen Augenblick ins Grübeln.
»Gerade waren wieder die Bullen bei Puth. Ob …«
Mager schüttelte den Kopf: »Ruth Michalskis Tod hat doch nichts mit Puths Geldsegen zu tun.«
»Ich weiß nicht«, sagte Helga. »Ich blicke in dem Laden nicht mehr durch. Übrigens …«
Sie packte ihren Lederbeutel auf den Tisch: »Guckt mal, was ich heute in der Post gefunden habe.«
Sie zog eine längliche beige-braune Briefhülle heraus und strich die umgeknickten Ecken mit den Händen sorgfältig glatt, ehe sie das Couvert auf den Tisch legte. Neugierig beugten sich Mager und Saale vor. Unten links prangten die acht Zacken des internationalen Polizeisterns, in dessen Mitte etwas sehr Holländisches stand.
»Ein Beileidsbrief von Rijkspolitie?«, fragte Mager.
»Du spinnst …«
Helga zog das Schreiben heraus. Es war eine ganz normale Giro-Zahlkarte, deren wichtigste Spalten bereits mit Maschinenschrift ausgefüllt waren. Darin wurde die Gustav Puth GmbH in Datteln aufgefordert, den Gegenwert von fünfzig Holländischen Gulden auf ein Kölner Postgirokonto zu überweisen. Grund: Das der Firma gehörende Fahrzeug mit dem polizeilichen Kennzeichen RE-P 228 hatte am 4. September von 20.15 Uhr bis 20.30 Uhr im Parkverbot gestanden. Tatort: Harlingen, Anlegestelle.
Saale riss ihr den Schrieb aus den Händen und las ihn zum zweiten Mal. Dachte nach.
Für ein paar Augenblicke genoss Helga die Verblüffung der beiden. Dann wurde ihr Gesicht ernst.
»Vierter Neunter – das war der letzte Abend, den Ruth erlebt hat. Und Harlingen …«
»… liegt gegenüber von Vlieland«, ergänzte Mager. »Von da gehen die Fähren ab.«
»Richtig. Und bei den Fragen der Polizei nach den Alibis kam eins raus: Die letzte Fähre geht abends um Viertel nach sieben, die erste kommt am Morgen um halb neun. Im Parkverbot stand Ruths Mörder.«
»Und wem gehört der Wagen?«, fragte Saale.
Helga nahm einen tiefen Schluck aus ihrem Glas: »Das ist der Dreihunderter Mercedes. Der Wagen vom Chef.«
35
»Nein, ich war nicht in Datteln«, wiederholte Puth leise.
Lohkamp kramte seine Zigaretten hervor und steckte sich, ohne um Erlaubnis zu bitten, eine an. Puths Eingeständnis, gelogen zu haben, ließ eine Zentnerlast von seiner Seele fallen. Aber als er den Alten da sitzen sah, eingefallen, zittrig, mit einem Bein im Grab, da beschlich ihn der vage Verdacht, dass er der Lösung des Hauptproblems noch nicht nähergekommen war.
»Wenn Sie nicht in Datteln waren – wo dann?«
»Nicht in Holland, wenn Sie das meinen …«
»Wo, Herr Puth? Ort, Zeit, Zeugen …«
»Ich war auf einem Geschäftsessen. In Düsseldorf, mit einem Herrn Dr. Boos.«
»Wo?«
»In dem Japan-Restaurant. Von – ja, mindestens von acht bis elf. Danach haben wir noch – wir waren …«
»Im Puff?«, staunte Lohkamp.
»Nein. Aber in einer Bar. Gar nicht weit weg vom Hauptbahnhof. Sie finden die Quittungen in der Firma, bei den Spesenabrechnungen. Alles abgeheftet, mit Namen und Datum …«
Schweigen.
»Dieser Herr Boos«, begann Lohkamp erneut, »ist das ein Kunde?«
»Nein.«
»Sondern?«
»Ich weiß nicht, was das zur Sache tut«, wand sich der Betonmischer. »Sie haben seinen Namen, und ich werde Ihnen seine Adresse geben, damit Sie …«
Ärgerlich hieb Lohkamp die Faust auf den Schreibtisch.
»Schluss jetzt mit den Fisimatenten! Wir spielen hier doch nicht Räuber und Gendarm! Falls Ihnen das unklar ist: Sie behindern die polizeilichen …«
Sprachlos starrte Puth ihn an. Dass ein Fremder es wagte, auf seinen
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