Das Elbmonster (German Edition)
glücklicher ist, dürfte ernsthaft bezweifelt werden, zumal sich dabei sogar eine gewisse Ironie des Schicksals offenbart, denn sie verkörpert freiberuflich eine Art Hochzeitsberaterin (was es doch hierzulande namentlich in den Großstädten so alles gibt!), und insofern ist sie unter anderem darum bemüht, entsprechende Feierlichkeiten für Heiratswillige möglichst perfekt zu organisieren. Das aber betrifft vornehmlich junge Leute, die sich gegenseitig mögen, noch innigst verbunden fühlen, weil sie einander wirklich lieben und demzufolge auch sehr optimistisch in die Zukunft blicken. Na, wenn das mal nicht zündet! Doch es ist ein Broterwerb wie viele andere auch, ein Job eben, den man irgendwie bewältigt. Pfarrer werden sicherlich auch nicht alles glauben, was sie im Brustton tiefster Überzeugung verkünden und Politiker wohl noch seltener.
Was hingegen ihn betrifft, so gestehe ich unumwunden, dass der arme Kerl mir manchmal echt leidtut, zumal er sich inzwischen seinem mehr als fragwürdigen Schicksal völlig hilflos ausgeliefert sieht. Sicher, dazu gehören wenigstens zwei Personen, die sich wechselseitig so etwas zumuten, wäre hier einzuwenden. Doch ich gebe zu bedenken, es ist landesweit bei Weitem keine Einzelerscheinung (natürlich auch im umgekehrten Sinne, dass Männer ihre Frauen drangsalieren oder zumindest bevormunden).
Im Übrigen gehört auch zur Scheidung etwas Mut, und den hat einfach nicht jeder Zeitgenosse. Außerdem gibt es ja oftmals noch eine Reihe anderer Gründe für das Zusammenbleiben, falls die Liebe zerbricht, vornweg meist die Kinder (in unserem Falle sogar drei, obschon längst außer Haus), nicht selten auch irgendwelche materiellen Belange und mitunter die besorgte Frage „Was sollen die Nachbarn sagen?“ oder ähnliche Nebensächlichkeiten, welche indessen für die Betroffenen durchaus bedeutsam sein können.
Andererseits trennen sich bei uns immer mehr Partner relativ schnell und häufig. Von wegen „Bund fürs Leben“! Das ist hierzulande längst Schnee von gestern. Doch mir steht es nicht zu, darüber zu befinden, auch wenn ich, wie bereits erwähnt, schon vor Jahren gemeinsam mit meiner lieben Frau unsere goldene Hochzeit feiern durfte. Das nenne ich freundliches Entgegenkommen des Schicksals, eine Gunst, die leider bei Weitem nicht jedem zuteilwird.
Daher sollte man das Verhalten der anderen schlichtweg akzeptieren, wie sie es selbst für richtig halten. Für mich heißt das kurz und bündig: Wohl nach Bedarf einen freundschaftlichen Rat, aber keinerlei Nötigung!
Und mit Blick auf das von mir soeben auf Teufel komm raus eigenmächtig charakterisierte Ehepaar füge ich gern hinzu, dass ich trotz allem beiden viel zu verdanken habe. Mein Leben wäre beträchtlich ärmer (gewesen), wenn es sie nicht gäbe, obgleich ich vorbehaltlos einräume, dass mich ihre fatale Situation immer wieder sehr beschäftigt und zuweilen auch stark belastet, insbesondere deshalb, weil ich mich seit Längerem völlig außerstande sehe, ihnen in besagter Angelegenheit auf irgendeine Weise beizustehen. Meine entsprechende Ohnmacht hat sich noch spürbar vertieft, nachdem zuerst die Frau und später auch der Mann dem übermäßigen Alkoholkonsum verfallen sind. Ein bestimmtes Quantum gehört mittlerweile fast schon zu ihrem täglichen Ritual, was indessen gewiss nicht nur als sichtlicher Ausdruck ihrer schier ausweglosen Lage zu werten ist, sondern zugleich auch als Ursache und Wirkung ihres verhängnisvollen Dilemmas gesehen werden muss, ein überaus heimtückisches, beinahe satanisches Wechselverhältnis, das bekanntlich so manchen in den Abgrund führt. Dagegen helfen weder die eigenen Vorbildversuche, indem man sich bei geistigen Getränken zu bestimmten Anlässen bewusst zurückhält, noch eine gut gemeinte Empfehlung oder sonstig entgegenkommende Handreichungen.
Bacchus, jener griechisch-römische Gott des Weines, der einst von den Erdenkindern selbst zu ihrem himmlischen Förderer von Lust und Ausschweifung erkoren wurde, treibt offenbar allzu gern und viel zu häufig ein ziemlich arglistiges Doppelspiel mit seinen Schöpfern. Er versetzt uns zunächst in einen meist angenehmen Rausch, dem jedoch später nicht selten überaus grausame Tragödien folgen (allein in Deutschland sind gegenwärtig mehr als drei Millionen Alkoholsüchtige registriert und über zweiundvierzig Tausend sterben jährlich daran, wobei die Dunkelziffer wesentlich höher liegen dürfte).
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