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Das Elbmonster (German Edition)

Das Elbmonster (German Edition)

Titel: Das Elbmonster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerner, Károly
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schon deshalb außerordentlich, weil es bestimmt nicht zu meinem Wesen gehört, Freundschaften zu wechseln wie Unterhemden. Am liebsten ist es mir, wenn sie über viele Jahrzehnte oder noch besser, möglichst ein Leben lang halten. Doch unsere konkrete Laufbahn richtet sich nicht immer nach persönlichen Wünschen.
     
    Umso mehr gilt: Wer Toleranz predigt, soll sie auch weitestgehend selbst praktizieren! Insofern wird es kaum jemanden verwundern, wenn sich diesbezüglich auch zu meinem engsten Freundeskreis bestimmte Parallelen aufzeigen lassen, obwohl unsere Beziehung teilweise völlig anders verläuft als im oben dargelegten Falle. Allein wenn ich an den lieben Tobias denke, nach Abel und Peter seit Langem ein guter Kamerad, mit dem ich buchstäblich alles beraten kann, weil ich größtes Vertrauen zu ihm habe, so fällt mir dennoch gleich ein, dass er zum Beispiel unentwegt beschäftigt ist, wenn auch gemeinhin mit sich selbst. Dies gilt insbesondere, seitdem er als einer der zahlreichen „Jungrentner“ unserer Republik den Tagesablauf im hohen Maße seinen individuellen Wünschen gemäß zu gestalten vermag. Dabei stehen für ihn hauptsächlich zwei Themen im Vordergrund:
    Erstens die Frage, wo er tunlichst immer wieder wenigsten einen Cent erstreiten oder einsparen könne. Mit anderen Worten: Er ist ein Geldfetischist reinsten Formats, ein Pfennigfuchser eben (obwohl er es bei Weitem nicht nötig hätte). Das wiederum kostet richtig Zeit. Indessen sei hier unverzüglich und ebenso gerne kundgetan, dass ich seiner entsprechenden Emsigkeit und Sachkenntnis mittlerweile selbst mehrere Vorteile zu verdanken habe, darunter eine günstigere Rentenberechnung.
    Zweitens bewegt den stets hilfsbereiten Spezi fortwährend das Problem, ob es denn möglich wäre, gegebenenfalls mit vier Knoblauchzehen und fünfzehn Kniebeugen oder Liegestützen pro Tag sein Leben um mindestens zwölf Jahre zu verlängern, soll heißen, in ihm verkörpert sich ein Gesundheitsfanatiker, wie es im Buche steht, geradezu ein Musterexemplar davon. Und so befasst sich der bejahrte Bursche nicht nur besonders intensiv mit einschlägigen Publikationen, sondern tigert obendrein unablässig von einer Veranstaltung zu anderen, um seinem gesundheitlichen Wohlbefinden zu dienen. Möge es ihm nutzen!
    Verallgemeinernd könnte man derlei Verhaltensweisen, denen ich selbstredend partiell ebenso inbrünstig fröne, etwas sarkastisch wie folgt ausdrücken:
    Leute, die niemals Zeit haben, verweisen durch theatralisches Getöse oft und gern auf ihre angebliche Belastung. Doch bei genauerem Hinschauen wird sich schnell zeigen, dass ihre vermeintlich bedeutsamen Pflichten meist hausgemacht bleiben. Wir sind nun einmal oftmals Sklaven unserer eigenen Vorsätze, sonach folgsame und mitunter auch fleißige Diener selbstverschuldeter Vorgaben. Wie vorhin bereits kundgetan: Hiervon bin ich störrischer alter Knabe keinesfalls verschont!
    Meinem altbewährten Freund, der mir zweifelsfrei in verschiedener Hinsicht haushoch überlegen ist, sagt jedenfalls der gelegentliche Vorschlag, er müsste doch sein bezauberndes Frauchen, welches noch tüchtig im Berufsleben steht, jetzt mehr denn je verwöhnen, bislang nicht widerstandslos zu. Und trotz allem: Er ist ein wunderbarer Intimus. Ich möchte ihn nicht missen, unter keinen Umständen, selbst wenn ich mich wegen meiner teils sicherlich anmaßenden Worte noch so hart kasteien müsste! Aber der souveräne „Tobi“ nimmt mir das nicht einmal übel. Ich kenne seine erhabene Größe. Es ist ein fabelhaftes Geschenk, einen solchen Vertrauten zu haben!
    Dies gilt natürlich ebenso für sein großartiges Weibchen, unserem sehr warmherzigen Rauschgoldengel, der freilich auch nicht ganz ohne Fehl und Tadel daherkommt. Allein das ist es ja gerade, was die Getreuen so anziehend und interessant macht, die jeweilige Individualität, eben das Anderssein, ihre phänomenale Besonderheit, die man gleichermaßen achten und tolerieren sollte, solange sie niemandem schadet.
    Und meine eigenen Schwächen im weiteren Sinne? Worin bestehen denn sie? Um Himmels willen, damit fange ich gar nicht erst an, sonst finde ich bestimmt kein Ende! Zudem glaubt man sich ohnehin viel zu häufig in einem ganz anderen Lichte, als es einem objektiv zukommt.
    Fazit: Wären wir Menschen nicht schon reichlich unvollkommen, müsste man uns bestimmt neu erschaffen. Der Homo sapiens erweist sich zwar bisweilen schlimmer als wir vermuten, aber Gott sei Dank

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