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Das Elbmonster (German Edition)

Das Elbmonster (German Edition)

Titel: Das Elbmonster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerner, Károly
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würde die gesamte Einwohnerschaft meiner Heimatstadt Meißen innerhalb von zwölf Monaten vollkommen aussterben. 2008 verließen wiederum 27.500 Bürger sächsische Gefilde. Im Jahre 2012 waren erstmals mehr Zuzüge als Abgänge zu verzeichnen. Der Austausch erfolgte hoffentlich nicht nach der Losung: „Die Alten kommen, die Jungen gehen.“
     
    Auf eine entsprechende Fragestellung nach dem besorgniserregenden Aufbruch namentlich von Berufseinsteigern meinte Kurt Biedenkopf noch wenige Tage vor seinem offiziellen Rücktritt als langjähriger Ministerpräsident, er sehe darin kein nennenswertes Problem. Wörtlich: „Das Weggehen ist in erster Linie eine Sache der Neugier und etwas Positives.“ Nichts daran sei erschreckend.
     
    Was kann man dazu noch Anerkennendes sagen oder schreiben?
    Es sind eben selbstgefällige Politiker. Ergo sollten wir auch künftig möglichst weithin hörbare Lobeshymnen auf die früher oftmals beschworene und schließlich mühsam erkämpfte „Einheit“ unseres deutschen Vaterlandes anstimmen! Wenigstens die staatlichen Oberhäupter wird’s freuen, von denen sich nicht wenige bereitwillig aus ihrer Verantwortung für das Gemeinwohl stehlen, indem sie gezielt und lauthals auf die Wirtschaft verweisen, um den Schwarzen Peter hinsichtlich bestimmter Versäumnisse ihr zuzuschieben.
    In punkto der genannten Benachteiligung ganzer Bevölkerungsteile wird namentlich die unterschiedliche Arbeitsproduktivität in Ost und West, welche ja niemand ernsthaft bestreitet, in die Waagschale der Argumentation geworfen. Anscheinend lässt sich damit fast alles begründen, doch sicher nicht moralisch rechtfertigen.
     
    Wenn man also bezüglich der erwähnten Problematik von politischer Ebene schon nicht viel erwarten darf, so ist es umso erfreulicher zu vernehmen, dass sich nunmehr das Volkswagenimperium als Schrittmacher für humanitäre Gerechtigkeit erweisen will. Wie von dessen Vorstand angekündigt, sollen fortan sämtliche Arbeiter und Angestellten des Konzerns dadurch weltweit gleich behandelt werden, dass überall einheitliche soziale Standards gelten, weil es den modernen Wertvorstellungen eines globalen Unternehmens entspräche.
    Das ist, sofern es denn tatsächlich stimmt und praktisch umgesetzt wird, zweifellos edelster Balsam für unser häufig konfliktbeladenes Gewissen, ein verheißungsvoller Lichtblick, wenn auch noch lange kein Grund zur allgemeinen Euphorie.
     
    Was dagegen unseren ehemaligen „König Kurt“ angeht, der sich meines Erachtens vormals auch durch seine oben zitierte Äußerung (die er inzwischen überzeugend korrigierte!) ein wenig in Misskredit brachte, so ruft mich meine innere Stimme derweil wiederholt und nachdrücklich mahnend zu mehr Fairness gegenüber verdienstvollen Persönlichkeiten. Ansonsten wäre mein Urteil weder hinreichend besonnen noch redlich, sondern höchst anmaßend und dreist. Okay, ich räume vorbehaltlos ein, dass meine Kritik gezielt einseitig war, und deshalb bitte ich „Eure Majestät“ unverzüglich um Pardon!
    Sie ist demnach keinerlei Maßstab für eine sachliche Einschätzung der Ära Biedenkopf in unserem wunderschönen Sachsenland, zumal die Erfolge auf vielen Gebieten beachtlich sind, die während seiner Amtszeit hier erzielt wurden. Das ist generell unstrittig, vermute ich wenigstens. Ergo sollte man auch dabei stets weitestgehend objektiv bleiben und ehren, wem Anerkennung gebührt.
     
    Jetzt werden mir sicherlich einige Widersacher schroff entgegnen, von gewählten Repräsentanten des Volkes müsse man das dazugehörige Engagement schlichtweg erwarten und brauchte sie nicht eigens deshalb zu huldigen. Schließlich werde kaum jemand zur Übernahme entsprechender Funktionen genötigt, eher drängten sich die meisten freiwillig danach. Auch dies mag durchweg richtig sein. Dennoch gebe ich zu bedenken, dass bei Weitem nicht alles selbstverständlich ist, und darum verdienen manche Akteure bisweilen zu Recht unseren aufrichtigen Beifall.
     
    Im Gegensatz dazu ist mir natürlich auch klar, dass sich unsereins nicht um das persönliche Wohlergehen solcher Leute kümmern muss, die ohnehin an der üppig gefüllten Futterkrippe der Nation sitzen und selbst unentwegt dafür sorgen, dass es für sie zeitlebens so bleibt. Da gibt es wahrlich genügend andere, denen das Glück weniger oder gar nicht hold ist und die also unsere Zuwendung dringend nötig haben. Es sind die Außenseiter der Gesellschaft, die in vielerlei Hinsicht wirklich

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