Das Elbmonster (German Edition)
schärfster Widersacher. Willst du festgefahrene Handlungsweisen endlich über Bord werfen, nachdem sie dir selbst als ziemlich töricht erscheinen, ist das, als müssten sich Sonne und Wolken den Himmel teilen und Letztere siegen, ähnlich dem Bilde, als wolle man über seinen eigenen Schatten springen.
Gleichwohl meinte unser einstiger Bundesinnenminister Otto Schily treffend: „Nur Idioten ändern sich nicht.“ Ein Denkimpuls ist das allemal, ebenso wie Konrad Adenauers bekannter Ausruf: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern!“ Auch dies kann positiv beurteilt werden, nämlich als Ausdruck von Lernfähigkeit. Und dafür ist man glücklicherweise niemals zu alt, denn unsere Verstandeskraft bleibt trotz körperlicher Gebrechen aktiv (die Lust übrigens ebenfalls, glaubt oder hofft man zumindest).
Wenn auch solcherart Gedanken bei der weiteren Charakterisierung unseres geheimnisumwobenen „Helden“ später noch eine beträchtliche Rolle spielen werden, geben wir nun doch wieder der bereits angedeuteten Chronologie des Zeitverzuges betreffs dieser vielschichtigen Abhandlung das Wort.
Als ich halbwegs genesen war, erhielt meine Eheliebste bald darauf ein künstliches Kniegelenk implantiert, was für mich unverzüglich bedeutete, ihr fortan extra hilfreich beizustehen, weil mir das selbstredend wichtiger ist, als irgendwelchen Verpflichtungen nachzukommen, auch wenn sie noch so dringend sind. Andere Ereignisse jenes Datums, in deren Folge mein einstiges Wirkungsfeld zusätzlich eingeschränkt wurde, will ich hier gar nicht erst erwähnen.
Indessen war jedoch eine Situation eingetreten, die es mir bestenfalls erlaubte, bis früh neun Uhr einige Zeilen niederzuschreiben. Das hatte ich weiter vorn bereits erwähnt. Anschließend erwies sich die dafür nötige Muße als vollkommen passé, der Tag nahm mich anderweitig gefangen, und nur äußerst selten vermochte ich ihm noch ein oder zwei Stündchen für meine ungewöhnliche Herausforderung abzuluchsen. Doch auch das ist kein Klagelied!
Nebenbei bemerkt, das Verfassen auch dieser absichtlich unkonventionellen Erzählung entspricht in keiner Weise meinem eigentlichen Beruf. Vielmehr wurde ich dafür bewusst auserkoren, bekanntlich durch Anonymus, der uns ja ebenso wie Abel nach wie vor als höchst rätselhaft begegnet. Also kam ich dazu wie eine wundersame Jungfrau zu ihrem Kind, gleichsam der Muter Gottes, welche trotz ihrer angeblich Unbefleckten Empfängnis die Geburt Jesu bewirkte. Wie dem auch sei, ich muss mich für nichts rechtfertigen, denn im Grunde genommen will ich doch nur eines, nämlich einigermaßen würdevoll leben und sonst gar nichts. Aber genau das zwingt mich unerbittlich, jenen fluchbeladenen Auftrag konsequent zu erfüllen, den ich mir einst während der finstersten Stunde meines bisherigen Lebens widerwillig aufbürden ließ.
Wenn ich jetzt gar noch beschämt hinzufüge, dass ich störrischer Esel es allen Ernstes viel zu lange fertigbrachte, mich gegen einen Personalcomputer „erfolgreich“ zu wehren, so wird es keinen meiner verehrten Leser mehr wundern, dass ich meine ohnehin sehr eigenwilligen Vorhaben einst nur äußerst mühselig bewältigen konnte. Ja, ich besaß nicht einmal eine herkömmliche Schreibmaschine. Ergo kritzelte ich anfangs wohl mehr schlecht als recht meine seltsamsten Gedanken redselig aufs Papier, freilich stets verknüpft mit der vagen Hoffnung, sie mögen irgendwann erhört werden.
Dankenswerterweise übernahm vorerst eine überaus gefällige Freundin die weitere Arbeit. Ansonsten blieben heutzutage meine schreibtechnisch gewiss unzeitgemäßen Manuskripte bei unseren Verlagen absolut chancenlos, zumal ich den besonders gefragten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens hinsichtlich ihrer biografischen Verkündigungen (Boris Becker, Dieter Bohlen, Stefan Effenberg, Nadja Abd El Farrag, Uschi Glas, Verona Ploth, Gina Wild und ähnliche „Größen aktueller Literatur“) nicht das Wasser reichen kann. Offenbar benötigen auch solche Leute als Vorzeigetypen des Medienbetriebes bisweilen noch eine zusätzliche Publicity, um eigens in den Oberstübchen ihrer begierigen Fans den strahlenden Lichterglanz zu bewahren. Oder geht es wiederum nur ums liebe Geld? Ja, was doch Namen und Beziehungen so ausmachen!
Es sei auch nicht verschwiegen, dass ich so manchen Journalisten und Schriftsteller förmlich darum beneide, wenn sie über die erstaunliche Fähigkeit verfügen, ihre
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