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Das Elbmonster (German Edition)

Das Elbmonster (German Edition)

Titel: Das Elbmonster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerner, Károly
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beauftragt gewesen wären. Eine verdammt bittere, obendrein womöglich noch ungemein verhängnisvolle geistige Ohnmacht greift nach und nach um sich und beherrscht spürbar das ohnehin arg makabre Szenarium, gleichsam einer nicht mehr zu bändigenden Eskalation der Verzweiflung.
    Bewahren wir also unsere Neugier und Spannung darauf, wie sich das Ganze noch entwickelt! Dabei sollten wir durchaus auch mit jähen Wendungen und heftigen Überraschungen rechnen. Kurzum: Es kommt weit schlimmer als wir zunächst vom konkreten Geschehen erahnen könnten! Und doch werden wir uns sicherlich nicht an irgendwelchen hintergründigen Verhaltensweisen rätselhafter Individuen laben wollen, sondern eher unseren Verstand für gewisse Zusammenhänge schärfen, um fortan achtsamer zu sein, damit vermeidbares Leid künftig vielleicht in geringerem Maße passiert.
     
    Anfänglich nahm man die seltsamen Vorkommnisse in Meißen von verantwortlicher Seite offenbar nicht sonderlich ernst, denn sie wurden ihrem Erscheinungsbild nach, wie bereits angedeutet, ziemlich schnell als Suizid beziehungsweise als Missgeschick mit Todesfolge eingestuft. Einem solch fatalen Irrtum unterlagen die Experten konkret während der Zeitspanne vom August bis November 2000, als bereits vier grausame Delikte vermeintlicher Selbsttötung registriert wurden.
    Diese Fehleinschätzung vonseiten der Sachverständigen war vorerst nicht unbedingt merkwürdig, wenn man berücksichtigt, dass in unserem gelobten Vaterland alljährlich über zehntausend Personen durch Freitod aus dem Leben scheiden (was übrigens auch bedeutet, dass jeweils mehr als 100.000 Menschen einen Suizidversuch unternehmen).
    Hierzu erlaube ich mir, freiweg kundzutun, dass ich aus eigener Erfahrung weiß, welche Folgen solcherart tragische Ereignisse für die Hinterbliebenen haben können, denn mein Großvater mütterlicherseits hat sich erhängt, dann folgte mein Vater, der den gleichen Weg für seine „Erlösung“ wählte, und letztens strangulierte sich mein um vier Jahre älterer Bruder. Alle drei hatten das siebzigste Lebensjahr überschritten.
    Ein Altersphänomen? Oder lag es in diesen Fällen vielleicht an den Genen?
    Ich vermag darauf nicht verbindlich zu antworten, vermute aber, dass es meistens ein ganzes Bündel von Gründen dafür gibt, sich selbst zu entleiben.
    Dabei war und ist die Zahl der Männer im Allgemeinen stets beträchtlich größer als die der Frauen (etwa um das Dreifache). Ohnehin meinen Wissenschaftler, die Selbsttötungsrate liege in Wirklichkeit sogar um bis zu fünfundzwanzig Prozent höher, als durch offizielle Statistiken belegt. So dürfte sich unter den „unklaren Todesursachen“ oder auch bei Verkehrsunfällen, dem Exitus infolge des Missbrauchs von Suchtmitteln und manch ähnlichen Tragödien ein erheblicher Anteil nicht erkannter Selbstmorde verbergen.
    Hinzu kommt, dass die genauen Auslöser für die verschiedenen Suizide nach wie vor nicht tiefgründig erforscht werden, auch wenn sie noch so spektakulär auftreten. Niemand ist dafür zuständig. Es herrschen gegenwärtig einfach ganz andere Prioritäten, darunter die Drogenprävention bei Jugendlichen.
     
    Demgegenüber ist doch schon einiges weithin bekannt, teilweise auch empirisch gesichert, so unter anderem, dass infolge von Arbeitslosigkeit, starkem Liebeskummer oder plötzlichem Verlust des geliebten Partners ausgelöste und anhaltende Depressionen derzeit die häufigsten Beweggründe für Selbstentleibungen sind (obwohl die Ursachen für einschlägige Handlungen, wie bereits erwähnt, eher noch komplexerer Natur sein dürften).
    Bei uns in Sachsen waren es laut statistischen Angaben im Jahre 2009 genau 624 Personen, die „freiwillig“ dem Irdischen ein letztes Adieu sagten, davon 491 Männer. Allerdings hat mittlerweile auch die Bevölkerung stark abgenommen. Und dennoch bleiben wir innerhalb der Bundesländer prozentual führend! Wahrlich ein bedenkliches Zeichen!
     
    Interessant erscheint sicherlich auch der Tatbestand, dass die meisten Fälle keineswegs während der sogenannten dunklen Jahreszeit auftreten, etwa im November oder Februar, sondern ausgerechnet im Wonnemonat Mai. Ist das nicht geradezu frappierend?
    Nicht selten geraten die Betroffenen, bevor sie durch eigene Hand sterben, regelrecht in eine existenzielle Krise. Dabei äußern sich während des Trauerprozesses, der mehrere Phasen durchläuft, oftmals geschlechtsspezifische Unterschiede: Frauen greifen eher zu Medikamenten

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