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Das Elbmonster (German Edition)

Das Elbmonster (German Edition)

Titel: Das Elbmonster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerner, Károly
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skizzenhaft zu tun, weil das meines Erachtens als informative Botschaft reichen müsste, uns jene gespenstische Situation einigermaßen wahrheitsgetreu zu verdeutlichen (hundertprozentig geht das sowieso nicht).
    Ein bewusst aufmerksamer Beobachter der makabren Szenerie gewinnt unausweichlich etwa folgenden Eindruck:
    Es scheint, als würde der Himmel bitterlich weinen und Luzifer schadenfroh lachen. Was ist nur aus dieser Stadt und ihren Bewohnern geworden? Abgrundtiefe Beklemmung und wachsende Hoffnungslosigkeit umklammern sie fester als je zuvor. Selbst die Vögel singen nicht mehr ihre vertrauten Lieder, und auch andere Tiere sind verstummt, denn sie leiden mit den Menschen. Hier ist der gewohnte Rhythmus des Alltags schon längst verklungen. Dieser hat sein Aussehen vollends gewandelt und begegnet uns in Gestalt einer abscheulichen Fratze als Dauerbrenner in den einschlägigen Berichterstattungen.
    Doch aus welchem Blickwinkel die Geschehnisse auch Tag für Tag ins Licht gerückt werden mögen, Außenstehende können sich niemals vollkommen in die betreffenden Zustände hineinversetzen. Es bleibt stets ein Zerrbild, an das sich übrigens schon bald viele gewöhnt haben. Das ist den Homo sapiens sicherlich wesenseigen.
    Indessen sind hier auch jene zusehends leiser geworden, die früher selbst über die geringsten Unzulänglichkeiten wie Rohrspatzen schimpfen konnten. Ja, so manches schätzen wir erst dann, wenn wir es nicht mehr haben. Sobald es sich der puren Selbstverständlichkeit entzieht, wird sein Verlust beklagt. Dazu gehört bei Weitem nicht nur unser gesundheitliches Wohlbefinden. Plötzlich erfahren die Dinge des Lebens eine andere Wertigkeit. Sie werden neu geordnet.
    Von diesem atemberaubenden Sachverhalt ist unser großzügiger Spender genauso betroffen wie die meisten anderen, die unsäglich darunter leiden. Seine Fassungslosigkeit ist wahrscheinlich noch stärker als bei vielen Einheimischen, denn er liebt und verehrt „sein Meißen“ und dessen prachtvolle Umgebung geradezu abgöttisch, obwohl er gar nicht hier geboren wurde.
    Apropos Porzellanstädchen an der Elbe: Auch wenn ich immer mal Lobeshymnen auf dessen Schönheit anstimme, quasi meine persönliche Liebeserklärung offenherzig verkünde, so ist das keineswegs als Überhöhung gegenüber anderen Siedlungen und Landschaften gemeint. Das wäre fraglos ebenso verrucht wie arrogant, denn schließlich hat jedes Fleckchen auf unserem einzigartigen Globus seinen eigenen Reiz (wenngleich ich zugegebenermaßen nicht irgendwo meinen Wohnsitz haben möchte). Aber die engere Heimat ist für mich doch etwas Besonderes, weil ich sie buchstäblich mit allen Sinnen empfinde und demzufolge auch Freud und Leid mit ihr teile, ergo in angenehmen wie in unseligen Zeiten mich engstens mit ihr verbunden fühle.
     
    So betont auch unser rätselhafter Abel bei mancherlei passender Gelegenheit oftmals sehr nachdrücklich, wie dankbar wir doch sein sollten, auf einem derart gottbegnadeten Stückchen Erde leben zu dürfen. Dies macht er besonders gern im vertrauten Freundeskreis. Das geografische Milieu sei uns überaus wohlgesinnt. Alle müssten es doch anhaltend wahrnehmen und darüber sehr glücklich sein, sofern sie nicht völlig abgestumpft oder blind durch den Tag wandelten. Um seine Aussagen noch mit eindeutigen Argumenten zu erhärten, verweist er stets auf jeweils aktuelle Geschehnisse in der Welt, die über verschiedene Nachrichtenträger täglich als Hiobsbotschaften in unsere Wohnstuben dringen. Selbstredend fällt ihm das niemals schwer, denn unser Erdenrund ist ja unaufhörlich voller Katastrophen.
    Allein während seines vorerst (?) letzten öffentlichen Auftretens, das er Anfang Februar 2001 anlässlich seiner Auszeichnung als Ehrenbürger Meißens im hiesigen Stadttheater hatte, verwies er die Hörer wortgewandt überzeugend unter anderem auf die für uns kaum vorstellbare frostige Kälte in Sibirien, die schon viele Opfer forderte, insbesondere in der Mongolei.
    Das machte er derart anschaulich, dass manchem dabei ein kalter Schauer über den Rücken lief, denn plötzlich hatte jeder eine gewisse Vorstellung vom mitleidlosen Weißen Tod, einem grauenvollen Sterben in eiskalten Fesseln.
    Ferner malte er gedankenreich ein erschütterndes Bild über die verheerenden Erdbeben auf lateinamerikanischem und südostasiatischem Boden, zuletzt in Indien. Was darüber hinaus übermächtige Wirbelstürme, die in bestimmten Gebieten immer wieder auftreten,

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