Das elektronische Glück
Freundes Wolodja spiegelt sich äußerste Verwunderung. Endlich sagt er: »Semjonow hat die Sprache bestimmt vorher schon gekannt und hat sich nur verstellt.«
»Ich habe sie nicht gekannt. Ehrenwort. Ich habe sie nicht gekannt! Ich schwöre es! Aber woher haben Sie diesen Apparat?«
»Komischer Kauz! Auf der Erde wird so etwas nicht hergestellt. Ich habe ihn von der Dilnea mitgebracht.«
»Und wer sind Sie? Ein Hypnotiseur?«
»Ich bin Raurbef! Raurbef!«
»Ach ja, Raurbef. Dann kann ich ja auch sagen, ich sei Robinson Crusoe. Aber das Ding da ist interessant. Schenken Sie es uns.«
»Nein, das geht nicht. Ich brauche es selbst sehr dringend. Ohne es bin ich taub und stumm.«
»Aber trotzdem, wer sind Sie? Ein Telepath?«
»Nein, ich bin Raurbef. Raurbef.«
»Lassen Sie das. So geht das doch nicht.«
»Nun, wenn nicht, dann nicht. Wozu streiten? Auf Wiedersehen.«
Die Jungen gehen nach der einen Seite, ich nach der anderen.
14
Ich kehre spät nach Hause zurück. In der Hotelhalle hält mich der diensthabende Automat an.
»Sie werden erwartet«, sagt er leise und bedeutungsvoll, leiser und bedeutungsvoller als sonst.
»Wo?« frage ich.
Der diensthabende Automat antwortet mit ausgesuchter Höflichkeit, wobei er jedes Wort tadellos ausspricht: »Im Salon.«
Im Glauben, daß Vera auf mich wartet, gehe ich in den Salon und suche sie mit den Augen. Aber sie ist nicht da. Eine Männerstimme ruft mir zu: »Larionow!«
Ein Mann unbestimmten Alters kömmt mir entgegen. Ich erkenne Tunjawski nicht sogleich. Es scheint, als sei er in diesen zwei Wochen gealtert und dicker geworden, vielleicht hat er sich etwas gehenlassen. Er ist es also, der auf mich gewartet hat.
»Verzeihen Sie, daß ich mich nicht angemeldet habe. Das ist alles ganz plötzlich vor sich gegangen, ich wollte gar nicht zu Ihnen kommen, aber ein unbestimmtes, mir nicht völlig verständliches Gefühl ließ mich meinen Entschluß ändern. Ich habe meinen Gefühlen nie ganz getraut. Und auch jetzt traue ich ihnen nicht völlig.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Ich bin gekommen, um die Frage zu klären, wer Sie sind.«
»Wer ich bin? Ich hab' Ihnen doch schon einmal auf diese Frage geantwortet. Ich bin Raurbef und von der Dilnea hierhergekommen.«
»Aber Sie sind doch auch Larionow?«
»Larionow bin ich für alle außer für Sie. Aber ich sehe, Sie sind nicht ganz gesund. Sie sind blaß geworden. Was ist mit Ihnen?«
Er antwortet nicht.
»Vielleicht gehen wir auf mein Zimmer, denn hier ist wohl nicht der rechte Ort für Erörterungen physikalischer und philosophischer Probleme.«
Er nickt, ohne ein Wort zu sagen. Es hat den Anschein, als habe er die Gabe zu sprechen verloren, er schweigt, bis uns der Fahrstuhl in die achtzehnte Etage gebrächt hat. Und nun sind wir in meinem Zimmer, einem gewöhnlichen Hotelzimmer, wo alles ganz alltäglich und banal aussieht.
»Nehmen Sie Platz«, sage ich zu meinem Gast und deute auf einen Sessel.
Er setzt sich, steht gleich wieder auf, setzt sich dann aber wieder.
»Raurbef?« Plötzlich spricht er den Namen aus, den er mir nicht zubilligen wollte. »Raurbef! Und Larionow ebenfalls!« sagt er; dann hebt er plötzlich die Stimme: »Lassen Sie Ihre unsinnigen Scherze. Mir hängt das schon zum Halse heraus! Ich bin kein dummer Junge den man anführen kann, und dazu auf eine so naive Art und Weise.«
»Sprechen Sie ruhiger. Es ist nicht üblich, philosophische Probleme in einem so gereizten und nervösen Ton zu erörtern. Ich erinnere Sie an die Worte Ihres berühmten Landsmannes Spinoza, der den ausgezeichneten Rat erteilte: Weder beklagen noch verabscheuen, sondern begreifen.«
»Sie wollen mir schmeicheln. Spinoza ist nicht mein Landsmann. Ich bin in der Nähe von Leningrad geboren, er dagegen in Amsterdam, einige Jahrhunderte vor mir.«
»Doch wenn ich mich nicht irre, sind auch Sie auf der Erde geboren.«
»Zeigen Sie mir einen Menschen, der nicht auf der Erde geboren wäre.«
»Möchten Sie, daß ich auf mich hinweise?«
»Die Geschichte glaube ich Ihnen nicht!«
»Na also. Das kann ich verstehen. Ich werde mich aber bemühen, Sie in dem Punkte umzustimmen. Doch fürchte ich eines…«
»Was?« fragt er ungeduldig. »Ja, sprechen Sie bitte schneller und zerren Sie nicht an fremden Nerven. Was fürchten Sie?«
»Ihre mangelnde Vorbereitung. Ich möchte es Ihnen noch offener sagen: Ihre Unfähigkeit, das Gedankliche vom
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