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Das elektronische Glück

Titel: Das elektronische Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dieverse Autoren
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Talent!«
     »Null, null, null.«
     Müde ließ Karminski sich auf einen Stuhl fallen.
     »Was haben wir vergessen?«
     »Vielleicht sollten wir ein Wörterbuch nehmen und alles der Reihe nach durchgehen?« schlug Sergej vor.
     »Folgendes, Grosset. Frag ihn selbst. Er weiß es doch am besten.«
     Sie hatten mir alles genommen. Außer Nina hatte ich nichts und niemanden mehr. Edik wußte es natürlich. Kann man so etwas verheimlichen? Auch Sergej wußte es, aber er ließ sich nichts anmerken. Oder wußte er es nicht?
     Die kleine Frau mit den kurzen, schwarzen Haaren, die ich nicht einmal in Gedanken zu küssen wagte, weil ich hinterher Sergej in die Augen blicken müßte.
     »Saschka«, rief Ed.
     Ich spannte meinen ganzen Willen an. Ich habe nichts rund niemanden! Niemanden! Ich bin allein! In dieser grauen, eintönigen, öden Welt.
     »Zwölf Prozent«, sagte Edik kaum hörbar.
     »Ergibt also null«, schlußfolgerte Karminski. »Die erste Hälfte des Experiments wäre geschafft. Iwanow, hol die Container mit dem Glück!«
     Sergej stieß die Kiste mit dem Fuß vor sich her. Schweigend ließ er auf seiner Handfläche einen Plastbeutel mit rosafarbenem Glück tanzen und schlug damit nach einer über das Fensterbrett kriechenden Fliege. Eine Fliege mit Glück zu erschlagen!
     »Welch ein Frevel!« Karminski schüttelte vorwurfsvoll den Kopf.
     »Ziehen Sie's mir vom Gehalt ab«, erwiderte Sergej leise.
     »Es ist doch merkwürdig«, sagte Karminski, plötzlich auffahrend. »Das fällt mir jetzt erst auf… Jeder Mensch hat schließlich eine Beziehung zum Leben, irgendeine Überzeugung und Ziele… Nichts davon haben wir Alexander genommen, aber er ist absolut unglücklich!«
     »Erstens ist es nicht so einfach, einem Menschen die Überzeugung zu nehmen«, widersprach Edik.
     »Ja, ja«, gab Karminski sofort zu. »In diesem Punkt ist die Methodik unseres Experiments eindeutig unvollkommen. Darüber müssen wir noch nachdenken…«
     »Dabei kommt sowieso nichts 'raus. Die Beziehung zum Leben und eine Multivox sind nicht ein und dasselbe. Mehr noch, wenn es uns gelingt, ihm seine Überzeugungen zu nehmen, so ist der, der die Testkammer verläßt, bereits kein Mensch mehr… Denken Sie an den Narodowolzen Nikolai Morosow. Er verbrachte fünfundzwanzig Jahre in der Kasematte, aber das Gefängnis zerbrach ihn nicht.«
     »Ja, aber bei Alexander stehts jetzt auf Null!«
     »Jetzt ja. Das kommt daher, daß das alles viel zu schnell auf ihn eingestürmt ist. Nach einiger Zeit wird er von selbst anfangen, einen Ausweg zu suchen, das heißt, er wird diesen Zustand der absoluten Leere ohne alle Glückstüten überwinden. Eben die Überzeugungen ermöglichen es dem Menschen, in solchen Situationen zu überleben. Aber auch ohne das ist unser Experiment grausam genug.«
     »Die Methodik, die Methodik…«, murmelte Karminski.
     Ich aber schwebte zwischen Leid und Glück, und niemand brauchte mich. Auch ich brauchte keinen. Herz und Kopf waren leer. Absolut leer! Ein seltsamer Zustand. So mag sich ein Stein fühlen. Der Fluß schleift ihn von Ort zu Ort – es ist ihm recht. Schleift er ihn nicht mit, bleibt er eben tausend Jahre liegen. Aber ich bin doch kein Stein! Der klarste Gedanke war wohl der von der Nutzlosigkeit der eigenen Existenz… Ich stellte mir vor, wie sie dort alle im Laboratorium saßen, Diagramme kritzelten, die Ergebnisse erörterten und sich auf die Fortsetzung des Experiments vorbereiteten. Armes, Unglückliches Versuchskaninchen!
     »Schlagt mich tot!« schrie ich ins Mikrofon. »Schlagt mich tot!«
     Schließlich hätte jeder von ihnen ohne weiteres in die Testkammer kommen und mir einen Hocker oder irgend etwas anderes über den Schädel hauen können. Und Schluß… Aber nein. Sie blieben sitzen. Keiner machte auch nur einen Finger krumm, um einen Hocker aufzuheben! Schöne Kollegen… »Ich kann nicht! Ich kann nicht mehr!«

    2

    Vor etwa vier Jahren schlug man uns ein neues Thema vor. Wir sollten Glücksindikatoren entwickeln. Was gab es für ein Gelächter in den ersten Tagen, als wir die technische Aufgabe studierten! War das wirklich ernst gemeint? Wie sich herausstellte, war es ein völlig seriöser Auftrag.
     Wir brachten ein paar unzuverlässige und ungefüge experimentelle Geber heraus, die die allgemeine Stimmung des Menschen anzeigten. Für den Transport des ersten Indikators brauchte man noch einen Lastwagen. Die technische Seite der Angelegenheit nahmen wir schon

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