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Das elektronische Glück

Titel: Das elektronische Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dieverse Autoren
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ernst, über die Idee aber mußten wir noch immer grinsen.
     Dann erhielt unser Laboratorium eine Kiste mit Polyäthylentüten undefinierbarer Farbe. Darin befand sich irgendein Gas, dessen Einatmen zur Verbesserung der allgemeinen Stimmung führte. Einige Tüten waren eingeschrumpft, weil das Gas aus ihnen entwichen war oder sich in ein Pulver verwandelt hatte.
     Karminski, damals noch leitender Ingenieur, studierte sorgfältig die Gebrauchsanweisung und schnitt eine Tüte auf. Ich weiß noch es war vor dem Mittagessen und wir alle waren hungrig wie die Teufel. Und plötzlich… Ich spürte, daß ich satt war. Und nicht einfach satt, sondern auf eine angenehme, glückliche Art satt Nie zuvor hatte das Essen selbst mir ein solches Vergnügen bereitet. Anton strahlte geradezu vor Wonne. Dabei aß er für sein Leben gern! Offensichtlich aber war eine Tüte des sättigenden Glücks für alle zuwenig, und Semigailo forderte, noch eine aufzumachen. Ich erschrak. Schließlich war ich bis oben hin satt, damit verdarben wir nur alles.
     »Na gut… Experiment ist Experiment«, sagte Karminski und öffnete noch eine Tüte.
     Nichts geschah. Anton stülpte die Tüte um. Seine verstörte Miene ließ erkennen, daß er noch immer nichts begriff. »Was ist das, meine Lieben?« fragte er. »Ein Betrug?«
     Eins der Mädchen aber, die Technikerin Lena, auf die das »sättigende« Glück anscheinend nicht gewirkt hatte, sah sich plötzlich erstaunt um, blühte geradezu auf und hob stolz und glücklich den Kopf.
     »Und ihr habt's nicht geglaubt! Dabei liebt er mich!«
     Wie sich herausstellte, hatte Karminski eine Tüte mit Gas geöffnet, dem wir später den Namen »Liebesglück« gaben. Und tatsächlich heiratete Lena bald darauf. Sie kündigte, aber noch etwa ein Jahr lang begegnete ich ihr mitunter in der Stadt zusammen mit einem semmelblonden, dicklichen jungen Mann, und jedesmal strahlte sie vor Glück. Ich aber glaubte, daß jene geöffnete Tüte keinen Einfluß auf ihr Leben hatte. Das war einfach ein zufälliges Zusammentreffen. Hätten wir damals diese Kiste nicht bekommen, wäre sie trotzdem stolz und glücklich geworden.
     »Halten wir das fest. Ein anderer Typ des Glücks«, sagte Karminski. Er neigte schön immer zur Systematisierung und zur Einrichtung von Fächern, obwohl diese Fächer oft schief hingen.
     »Warum sind keine Etiketts drauf?« fragte Anton aufgebracht.
     »Nur Geduld«, besänftigte ihn Sergej. »Es ist bald Mittag. Nur noch zehn Minuten.«
     »Musterproben des Glücks«, stellte Karminski wichtig fest. »Was verlangst du davon? Wenn das alles erst mal in Serie produziert wird…«
     Irgend jemand kam auf die Idee, unseren tausend Kilo schweren Indikator anzuschließen und der Reihe nach an jedem von uns auszuprobieren. Was man auch sagen mochte, die Glücksprozente lagen bei allen höher als gewöhnlich.
     Allmählich freundeten wir uns mit unserem Thema an. In der Tat, man mißt doch auch die Körpertemperatur des Menschen. Also braucht die Medizin das. Warum soll man nicht auch den Glückspegel des Menschen messen? Vielleicht ist er noch wichtiger als die Temperatur.
     Niemand in der Abteilung machte sich mehr über unsere Indikatoren lustig. Wir arbeiteten unermüdlich. Man trieb uns ständig zur Eile an, aber man half uns auch nach Kräften. Die neuesten Ausrüstungen, Apparate und Material, die erforderlichen Planstellen – das alles tauchte im Handumdrehen bei uns auf. Die Modellwerkstatt führte unsere Bestellungen blitzartig aus.
     Bequem zu handhabende Indikatoren mußten um jeden Preis geschaffen werden. Und wir schufen sie. Mit einem Gewicht von dreißig Gramm und der Größe eines winzigen Fieberthermometers. Unser Indikator sah natürlich nicht berühmt aus. Na, was soll das auch? Da geht ein Mensch die Straße entlang, und aus seiner Jackentasche lugt ein Glasthermometer. Da kann man doch nur lachen! Uns und unseren Vorgesetzten war das völlig klar. Und nach dem großzügig gewährten Sommerurlaub – diesmal hatten alle Glück! – machten wir uns wieder an die Arbeit. Nach einem Jahr legten wir bereits elegantere Lösungen vor. Da gab es Indikatoren in Form einer Uhr mit Zeigern, die die Prozente und sogar die Bruchteile von Prozenten anzeigten, Indikatoren in Form von Manschettenknöpfen und Broschen, wo die Glücksprozente nach Farben und Tönen bestimmt wurden, in Form von Ringen und Armbändern, Babynuckeln und Kugelschreibern.
     Mitunter ging meine Phantasie mit

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