Das Elfenlicht von Arwarah (German Edition)
Gedanken überstürzten sich.
„Was, wenn sie uns nicht glauben? Wir können nicht beweisen, dass wir auf ihrer Seite sind!“, flüsterte er den anderen zu.
„Das wäre in der Tat fatal, aber ich glaube nicht, dass das geschieht. Wir sind aus freien Stücken hier und völlig unbewaffnet. Welcher Feind würde versuchen, sich auf diese Weise Einlass zu erwirken?“
„Ein sehr gewitzter!“, antwortete Lilly gerade, als sich das große Eichentor unter lautem Ächzen einen Spalt weit öffnete, sodass zwei Männer hindurchgehen konnten.
„Wow!“, entfuhr es Lilly, beeindruckt vom Anblick und der Ausstrahlung der beiden. „Die sehen wirklich aus wie aus dem Almanach! Erinnerst du dich, Till?“
„Und ob! Weißt du was? Der große Almanach kann nur von jemandem geschrieben worden sein, der Kontakt mit ihnen hatte. So eine Ähnlichkeit ist kein Zufall!“
„Ja, das würde aber bedeuten, dass die Menschen in früheren Zeiten mit den Elfen und Feen zusammenwaren. Wenigstens einige, zum Beispiel Oma Gertrudes Mutter und Großmutter. Und der Name ‚Feengrotten‘, der ist dann wohl auch nicht nur zufällig gewählt.“
Während die Kinder leise tuschelten, betrachteten sie die Männer, die irgendwie eine seltsame Ähnlichkeit mit Alrick hatten, nur dass sie etwas älter und erfahrener wirkten. Später erklärte es sich Till damit, dass von ihnen das gleiche seltsam fluoreszierende Licht ausging, welches er schon an seinem Freund bemerkt hatte. Waldläufern gleich trugen sie bequeme Lederkleidung, die ihnen im Freien Schutz vor Wind und Wetter bot, dabei aber unverwüstlich und bequem war. Ein dünner Silberreif mit Elfensymbolen hielt ihr langes Haar zurück, sonst aber trugen sie weder Schmuck noch andere Zeichen ihrer Ritterwürde.
„Emetiel, Lindriel! Was bin ich dankbar, euch wohlbehalten vorzufinden!“, rief Tibana.
„Wir empfinden ebenso für euch! Doch seid so gut und erzählt uns, wie es euch gelang, unversehrt zu bleiben und wie ihr uns gefunden habt?“, bat der, den sie Lindriel genannt hatte.
„Die Herrin der Quellen hat uns beschützt! Ihre Reinheit hat mich vor dem Zauber bewahrt und uns dann durch eine Vision den Weg zu euch gewiesen. Wir sind hier, um euch im Kampf gegen Farzanah beizustehen!“
„Deine Worte klingen aufrichtig und in euren Augen leuchtet der Funke der Wahrheit. Seid uns willkommen und tretet ein. Besonders du, Alrick Flötenspieler! Wie froh sind wir, zu sehen, dass du Farzanahs Fluch entkommen bist!“
Fast ehrfürchtig reichte er Alrick die Hand und als alle gebührend begrüßt und begutachtet waren, öffnete sich das schwere Tor wieder und endlich wurde ihnen Einlass gewährt. In der Zwischenzeit hatte sich die samtschwarze Nacht über dem Land ausgebreitet. Die wenigen erhaltenen Gassen und Häuser Zaâmendras lagen im Dunkel und wurden nur ab und an durch das Flackern kleiner Laternen zum Leben erweckt. Als das Tor geschlossen war, kamen die Getreuen der Elfenritter herbei und umringten die Ankommenden. Till schätzte, dass es auf keinen Fall mehr als fünfzig Männer waren, die hier Schutz und Zuflucht gefunden hatten. Wenn er da an die nicht enden wollende Anzahl von Zelten und wohl bewaffneten Soldaten im Heer der Dunkelelfen dachte, wollte ihm alle Hoffnung schwinden.
„Lasst uns alle zum Lager gehen, damit wir eure Geschichte hören können!“, sagte der dritte Elfenritter, den sie Alarion riefen. „Leider haben wir kein Feuer, damit uns sein Schein nicht verrät, aber es gibt Brot und Decken!“
„Alarion, sag deinen Männern, sie sollen Holz zusammentragen und ein Feuer anzünden, an dem sich jeder wärmen kann! Ich will einen Schutzzauber über die Stadt legen, sodass sie den Augen von Farzanahs Schergen verborgen bleibt!“
Tibana schritt den anderen voraus ein Stück die Gasse entlang, bis zur Stadtmauer, wo die Ritter auf einer Wiese lagerten und wo sich der tiefe Ziehbrunnen befand. Sie zog ihren Zauberstab hervor und sprach beschwörende Worte in der uralten Sprache der Elfen und Feen, die die Kinder schon vormals von ihr gehört hatten. Dann nahm sie den Zauberstab und tauchte ihn in die glitzernde Wasseroberfläche. Das Licht der Zauberfunken färbte es in wundersame Farben und als Tibana den Stab erhob, hing ein winziges Rinnsal wie ein silberner Faden an seiner Spitze. Die alte Wasserfee drehte sich im Kreis und blies vorsichtig in den Faden hinein, der sich sogleich zu einem immer größer werdenden, hauchdünnen Schleier ausbreitete, der
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