Das Elfenlicht von Arwarah (German Edition)
sehen. „Flora!“, rief sie aufgebracht. „Wo steckst du schon wieder? Es fehlte noch, dass du dich hier verläufst!“
„Wieso regst du dich so auf? Ich bin doch hier!“
„Wo? Komm, das ist nicht lustig! Du hast versprochen, dich zu benehmen!“
„Aber ich mach doch gar nichts!“ Obwohl das Mädchen nirgends zu sehen war, erklang ihre jetzt weinerliche Stimme unmittelbar vor Lilly. „Hier bin ich doch!“, aufgeregt zupfte sie die Schwester am Ärmel.
„Aber wieso kann ich dich nicht sehen? Tibana, hast du etwas mit Flora gemacht?“ Lilly streckte die Arme in die Richtung aus, in der sie das Mädchen vermutete und spürte plötzlich die kleine Hand der Schwester in der ihren.
„Nein!“, antwortete Tibana. „Was ist denn los?“
„Flora ist weg! Ich meine, sie ist hier, ich halte ja ihre Hand, aber sie ist unsichtbar!“, rief Lilly aufgebracht.
„Flora“, Tibana beugte sich zu der Stelle, an der sie Flora vermutete, „hast du etwas gegessen oder getrunken, wovon wir nichts wissen? Etwas, was dir unbekannt ist?“
„Nein, ich habe nur Schinken gegessen, Wasser getrunken und Grimbars Mütze aufgesetzt.“
„Grimbars Mütze? Woher hast du sie?“
„Die war in seiner Tasche. Till hat sie mitgebracht, als er mit Alrick die Karte holte.“
„Nimmst du sie bitte mal ab?“
„Unglaublich!“ Die Freunde standen starr vor Staunen da, als sich Flora aus dem Nichts manifestierte. „Und nun setze sie bitte wieder auf!“ Schon war das kleine Mädchen wieder verschwunden.
„Leute, ich glaube, heute ist unser Glückstag!“, rief Alrick, nahm Flora, die die Mütze nun in der Hand hielt, stürmisch auf den Arm und drehte sich mit ihr im Kreis. „Da hast du einen überaus wichtigen Fund gemacht, kleine Freundin! Das hier“, triumphierend hielt er die alte, etwas schäbig aussehende Kappe in die Höhe, „ist eine Tarnkappe!“
„Ja, und hier ist noch eine zweite!“
Till hielt die alte Ledertasche des Zwerges in der Hand. „Nun haben wir eine wirklich wirksame Waffe gegen Farzanah, und das Beste daran ist, dass sie nichts davon weiß.“ Tibana sah sehr zufrieden aus. „Unsere beiden Eichhörnchen hier werden die nächsten Wochen fleißig mit Nüsse sammeln zu tun haben und wenn sich der Zauber verbraucht, dann ist Arwarah hoffentlich längst wieder so, wie es einst war, und König Arindal befreit.“
„Kommt, wir müssen uns beeilen und nach Zaâmendra weiterfliegen! Die Elfenritter können sicher gute Nachrichten gebrauchen!“ Alrick war der Erste, der sich auf seine Nebelkrähe schwang und schon wenige Augenblicke später hatten die Freunde die Reise wieder aufgenommen. Bei einem letzten Blick ins Tal sah Till die beiden Eichhörnchen friedlich auf dem Ast eines großen Baumes sitzen.
Der weitere Flug verlief ohne Zwischenfälle. Als sich der Himmel golden färbte und die Dämmerung heraufzog, erschienen endlich die gewaltigen Umrisse Zaâmendras am Horizont.
Tibana gab das Zeichen zur Landung und Alricks Befehl folgend, ließen sich die Krähen nahe dem großen Stadttor auf der Wiese nieder.
„Wir müssen uns mit Vorsicht nähern und unsere friedliche Absicht kundtun!“, sagte Tibana. „Wahrscheinlich trauen sie uns nicht.“
Natürlich war ihre Ankunft nicht unbemerkt geblieben. Ein Wachposten, der auf dem alten Stadtwall postiert war, hatte sie bereits bemerkt und gemeldet.
„Bleibt stehen! Wer seid ihr und was wollt ihr hier?“, erklang eine ehrfurchtgebietende Stimme hinter dem Tor und sogleich sah man die Spitzen zahlreicher Pfeile drohend auf sie gerichtet.
„Lindriel, bist du das? Erkennst du mich nicht? Ich bin Tibana, die Hüterin der Quelle!“
„Tibana, ich erkannte dich wohl, aber heutzutage kann sich das Böse auch hinter einem guten Namen verstecken! Was ist euer Begehr, wer sind deine Begleiter und wieso konntet ihr Arindals Nebelkrähen befehlen?“
„Das sind viele Fragen auf einmal und es gibt lange Antworten dazu. Vorerst so viel: Die Krähen gehorchen meinem Patensohn hier. Sein Name ist Alrick, genannt Flötenspieler! Du erinnerst dich?“
„Ja! Dann ist er Farzanahs Fluch entkommen! Willkommen zurück, Flötenspieler!“
„Diese Kinder aus der Menschenwelt sind seine Retter! Das sind Lilly, Flora und Till! Sie werden uns bei König Arindals Befreiung helfen. Bitte lass uns eintreten! Wir bringen frohe Kunde!“
Für eine Weile herrschte völlige Ruhe hinter den schützenden Mauern. Den Wartenden kam es wie eine Ewigkeit vor. Tills
Weitere Kostenlose Bücher