Das elfte Gebot
schließlich.
Er bewegte die Hand unmerklich, und etwas fiel aus seinem Ärmel. Es war eine Röhre, die leicht zischte. Ein dünner Dunststrahl traf Boyd mitten ins Gesicht. Er konnte keinen Geruch wahrnehmen, noch hatte er Zeit, den instinktiven Atemzug zurückzuhalten, der das Gas in die Lungen brachte. Er fiel bereits, als Smith sich dem Tor zuwandte, doch er war schon nicht mehr bei Bewußtsein, als er auf dem Boden aufschlug.
Er hatte das vage Gefühl, daß Stunden verstrichen sein mußten, als er wieder zu sich kam. Erde, wiederholte sein Verstand. Erde. Er hatte nicht irdisch gedacht. Marsianer trugen niemals Waffen – auf dem Mars. Er hatte marsianisch gedacht. Erde – zurückkehren zur Erde, lernen, wie ein Erdenmensch zu denken. Dann schnappte etwas in seinem Kopf ein, er erkannte, er war ein Narr gewesen, und es würde niemals eine Rückkehr geben. Der Mars war für immer verloren.
Sein Mund schmeckte metallisch und fühlte sich geschwollen an, er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Überraschenderweise berührte ein Glas Wasser seinen Mund, ein Arm hob seinen Kopf, damit er trinken konnte.
„Wird aber auch Zeit, Sie Bastard“, sagte eine heisere Stimme. „Sie liegen schon lange genug flach. Verdammter Einzeltrinker! Los doch, ich werde Sie wieder in Form bringen, damit ich Sie langsam und genüßlich töten kann und Sie auch was davon haben.“
„Mort!“ Boyd hatte es endlich geschafft, die Augen zu öffnen. Er begann, sich von der Couch zu erheben, auf die Mort ihn gelegt haben mußte. Was auch immer das Betäubungsmittel gewesen war, seine Wirkung schien ebenso rasch wieder zu vergehen, wie sie begann.
Der Mann nickte mit seinem fleckigen Schädel. „Das ist richtig, Mort. Ich. Der Bursche, den Sie reingelegt haben. Oh, das muß man Ihnen lassen, Sie haben alles schlau eingefädelt. Haben niemals deutlich gesagt, daß die Dinger auch funktionieren würden. Sie haben mich nur in dem Glauben gelassen und sie mir gegeben. Aber das kann man mit mir nicht machen. Ich habe gewartet, bis Sie zurückkamen. Jede Nacht war ich hier und habe auf Sie gewartet.“
Boyd trank den letzten Schluck Wasser. Dann schwang er seine Füße vom Bett und setzte sich aufrecht hin. Physisch fühlte er sich bereits wieder er selbst. „Von was, zum Teufel, reden Sie, Mort?“
„Von den Pflastern.“ Das häßliche Gesicht des Mannes zeigte deutliche Anzeichen des Ärgers. „Die nützen nur nichts! Zum Glück habe ich sie an einem Rattenpärchen ausprobiert, das ich extra für solche Gelegenheiten habe. Nur habe ich ein paar davon schon vor dem Experiment abgegeben, und wenn die Jungs herausfinden, daß sie nichts nützen, dann wird das nicht sehr erfreulich werden.“
Endlich fügten sich einige Teile des Bildes zusammen. Boyd grinste wieder in sich hinein. Er war tatsächlich naiv genug gewesen anzunehmen, irgendwo auf diesem Planeten könnte jemand sich des herrschenden Zustandes so bewußt sein, daß er es vermeiden wollte, Kinder zu bekommen. Er hätte es besser wissen müssen.
„Sie wollen also statt auf Verhütung auf Schwangerschaft hinaus, Mort“, meinte er. „Wenn die Fruchtbarkeit mit den alten Drogen verhindert wurde, dann folgte, wenn man sie wieder absetzte, eine Phase, in der diese Fruchtbarkeit zunahm. Das ist bei meinen Pflastern nicht der Fall, weil sie nicht auf Hormonbasis funktionieren. Sie sind hundertprozentig kontrazeptiv, mehr nicht. Ich dachte, das wäre es, was Sie wollten.“
„Quatsch. Wer würde denn schon so etwas wollen?“ Mort fuhr sich mit einer schmutzigen Hand über die Stirn, noch nicht überzeugt. „Ein Mann hat schon genug Probleme, wenn er erklären soll, weshalb er nur ein oder zwei Kinder hat oder seine Frau mit ihm unzufrieden ist. Dasselbe bei den Frauen. Daher kommen sie zu mir und bitten mich um Hilfe. Ich kann normalerweise auch helfen, aber manchmal dauert es eben länger.“
Er dachte nach, ließ sich in einen Stuhl fallen, seine Schweinsaugen leuchteten wieder. „Auf dem Mars, Doktor – da wollen Sie herumspielen, ohne in Schwierigkeiten zu kommen, daher machen sie diese Dinger, die ich von Ihnen habe. Aber wollen sie denn nicht hin und wieder auch Kinder haben und benötigen eine kleine Hilfe?“ Bei Boyds Nicken grinste er. „Also verwenden sie Hormone, nicht wahr?“
„Nicht mehr. Dort gibt es inzwischen andere Drogen, die direkt die Fruchtbarkeit stimulieren, ohne lange Warteperioden.“
„Und vielleicht weiß ein so kluger und
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