Das Elixier der Unsterblichkeit
Wandernde Jude bezeichnet, und wie sehr die Männer der Kirche es auch versuchten, es gelang ihnen nicht, die Entstehung einer Legende zu verhindern, die das Volk webte.
DER MORDPLAN
Salman war Tomás de Torquemada heimlich in fast alle Provinzen Spaniens gefolgt. Er sah ihn in Zaragoza, wo er forderte, dass der Richter der Stadt alle Juden zwingen sollte, eingesperrt hinter Mauern zu leben. Eine verheiratete katholische Frau ließ er zu hundert Stockhieben verurteilen und dann der Stadt verweisen, weil sie die Schwelle eines jüdischen Hauses überschritten hatte. Er hörte ihn in Valladolid, wo er den Befehl gab, Bilder von Juden zu verbrennen, die die Stadt verlassen hatten und aus dem Land geflohen waren, um der Inquisition zu entkommen. Er beobachtete ihn aus der Ferne an der Grabstätte in Ávila, wo der Großinquisitor nach dem Skelett eines Rabbiners suchte, der vor mehr als fünfzig Jahren gestorben war, in dem Versuch, göttliche Gerechtigkeit herzustellen. Er hörte ihn in Toledo, wo Torquemada – obwohl der Papst ihn exkommuniziert hatte, weil er im Namen der Sakramente die Lava des Hasses gegen Menschen eines anderen Glaubens verbreitet hatte – zum Großinquisitor für das Heilige Amt in Kastilien und Aragonien ernannt wurde und erklärte, er wolle Spaniens Erde von den Juden befreien. Um dies zu erreichen, sei jedes Mittel erlaubt.
Nach vielen Jahren kannte Salman Torquemada gut, ohne ihm jemals von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden und sein blutrünstiges Lächeln aus der Nähe gesehen zu haben. Er wusste, wie der Großinquisitor dachte und was ihn antrieb. Er wusste, dass der meistgehasste Mann auf der Iberischen Halbinsel in ständiger Todesangst lebte und fürchtete, ermordet zu werden. Salman war aufgefallen, dass der dämonische Priester niemals allein reiste, sondern von fünfzig berittenen Inquisitoren und zweihundert Fußsoldaten begleitet wurde, die sein Leben schützen sollten. Vor allem wusste er, dass der unangenehme Geruch aus Torquemadas Mund der Atem des Todes war und dass jedes Haar am schlaffen Körper des dicken Prälaten zehn Menschen entsprach, die er den Flammen übergeben hatte.
Es war nicht Salmans Idee, Torquemada aus dem Weg zu räumen. Führende Marranen hatten sich im Hause des reichen Don Jehuda de Veras in Sevilla versammelt. Nach einer langen Diskussion über das Buch Judith, die biblische Geschichte, in der eine jüdische Frau den assyrischen Heerführer Holofernes tötet, um ihr Volk zu retten, kam man zu dem Ergebnis, der Mord an dem Tyrannen sei unter gewissen Umständen berechtigt, und beschloss einstimmig, dass der Großinquisitor sterben müsse, damit Spaniens Juden leben konnten.
Salman war zu dem Treffen eingeladen und stellte zu seinem Entsetzen fest, dass die Verschworenen sich anschickten, Ezra de Espinosa dazu auszuwählen, die Tat auszuführen. Dies quälte ihn. Er wollte nicht, dass einer seiner direkten Nachkommen, unter Gefahr für sein eigenes Leben, eine so abscheuliche Handlung wie den Mord an einem anderen Menschen begehen sollte – selbst wenn es sich um den verhassten Torquemada handelte.
Keiner der Gäste in Don Jehudas Haus, am wenigsten Ezra, kannte Salmans tatsächliche Identität. Hingegen wussten alle, dass er der Wandernde Jude war, und man lauschte ehrerbietig, wenn er den Mund auftat. Er erzählte, dass er dem Großinquisitor viele Jahre gefolgt sei und begriffen habe, dass dieser Mann von einer Mordlust getrieben werde, die keine Vorstellung erfassen könne, einer Bosheit, die über jeden Verstand gehe. Er wisse auch, dass Torquemada von bösen Dämonen beschützt werde und nur sterben könne, wenn man ihm ein Silbermesser ins Herz stieße, das im Blut eines schwarzgrauen Pilgerfalken gehärtet sei. Auch müsse derjenige, der den tödlichen Stoß ausführe, ein Amulett um den Hals tragen, das aus dem Schnabel desselben schwarzgrauen Pilgerfalken gefertigt sei. Niemand zog seine Worte in Zweifel. Salman erklärte, dass man nicht lange nach der rechten Person zu suchen brauche. Dann erhob er sich, zog ein Messer aus der Tasche und zeigte das Amulett, das er um den Hals trug. Er ging eine Runde um den großen Tisch, an dem die Männer saßen, und schärfte ihnen ein, dass nur er Torquemada töten könne.
Es war ein kühler Dienstagmorgen, die Luft war klar und rein. Der Großinquisitor traf die letzten Vorbereitungen für die wichtige Rede, die er vor Inquisitoren in der Kathedrale Santa María halten würde. Er hatte vor,
Weitere Kostenlose Bücher