Das Elixier der Unsterblichkeit
Fälschungen handeln konnte.
»Ich bin ruiniert«, stöhnte er. »Nein, das kann nicht wahr sein.«
Er versuchte sich einzureden, dass es sich um ein Missverständnis handelte. Er dachte daran, wie oft er Robert Deschanel in den vornehmsten Gasthäusern von Paris zum Essen eingeladen und Berichte über die glänzenden Geschäfte im Senegal zu hören bekommen hatte. Für einen Augenblick wusste er nicht, ob dies alles Wirklichkeit war oder ob ihm sein von Liebe vernebeltes Gehirn einen Streich spielte.
Er nahm eine Karosse und fuhr zu Deschanels Büro. Aber die Tür war verschlossen und niemand öffnete, obwohl er minutenlang klopfte. Da beschloss er, zu Hélène zu fahren. Sie musste wissen, wo ihr Bruder sich aufhielt. Das Herz schlug ihm im Halse, als er an ihre Tür klopfte. Vergebens.
Da kam die Concierge auf ihn zu. »Die Gräfin ist heute früh mit all ihren Koffern abgereist«, erzählte die alte Frau und schluchzte still vor sich hin. »Sie hatte es so eilig, dass sie mir nicht einmal auf Wiedersehen gesagt hat. Dabei habe ich ihr so viele Dienste erwiesen und ihr so viel Geld geliehen.«
Voltaire hörte sich Avrahams Bericht an. Für den Philosophen bestand kein Zweifel daran, dass die ganze Geschichte erfunden war, und das sagte er klar heraus: »Avraham, ich glaube, du lügst. Du hast in kürzester Zeit dein väterliches Erbe durchgebracht. Aber jetzt hat das Leben in der Märchenwelt ein Ende, Baron de Spina-Rosa. Jetzt, wo du ruiniert bist, will dich keine Frau mehr haben. Deshalb versuchst du, dir mehr Geld zu ergaunern.«
Die Mutter war der Meinung, Avraham habe das Andenken an seinen Vater entehrt, indem er sein Erbe verprasst habe. Doch sie war bereit, ihrem bettelarmen Sohn zu helfen und einen Advokaten zu bezahlen, der Diskretion versprach und ihr garantierte, der delikaten Angelegenheit auf den Grund zu gehen.
Der Advokat war ein Pedant und arbeitete methodisch. Avraham musste jedes Treffen mit Deschanel und Hélène bis in alle Einzelheiten schildern – wie lange sie zusammen gewesen waren, was sie gesagt hatten, was er geantwortet hatte, wo sie gegessen hatten und warum er sein ganzes Vermögen in die Paris-Senegal Trading Company investiert hatte, ein Unternehmen, von dem niemand jemals etwas gehört hatte.
Als der Advokat die Wertpapiere sah, lachte er Avraham ins Gesicht und sagte, er hätte für die Transaktionen einen besseren Echtheitsnachweis verlangen sollen als diese amateurhaften Fälschungen.
Der Advokat brauchte zwei Wochen, um das Knäuel zu entwirren. Seine Nachforschungen ergaben, dass Robert Deschanel, dessen richtiger Name Etienne Girard lautete, spurlos aus Paris verschwunden war, natürlich ohne die Miete für seine Wohnung zu bezahlen. Er hatte nur einen alten Koffer mit gefälschten Papieren hinterlassen, die deutlich zeigten, welch verschlagener Gauner er war. Der Advokat untersuchte auch die Register der Polizei und fand heraus, dass Etienne Girard dreimal wegen Betrugs vorbestraft war.
Dann kam das Schlimmste: Im Register fand der Advokat auch eine Hermione Girard. So lautete Hélènes wirklicher Name. Eine Gräfin de Mercier hatte nie existiert. Alles war erfunden, Gräfin war nur eine Rolle, die Hermione gespielt hatte, um Avraham zu umgarnen.
Und jetzt folgte der Todesschlag gegen Avrahams Herz: »Hermione Girard«, konstatierte der Advokat, »ist nicht Etienne Girards Schwester, sondern seine gesetzliche Ehefrau.«
DER FINGERFERTIGE MÖNCH
Das Klosterleben wurde Avrahams Rettung aus einer hoffnungslos verfahrenen Lage, in der ihm das Leben sinnlos und auf absurde Weise kompliziert erschien. Er zog ins Kloster Abbaye de Royaumont, wo Pater Sebastian, eine treue Seele mit einem engen Verhältnis zum Abt, ihn in die Lehre nahm. Sie saßen in einem kleinen Schuppen, der als Werkstatt diente, und stellten mit unendlicher Geduld Devotionalien her, die an andere Klöster und Kirchen verkauft wurden: Kreuze, Medaillons, Kandelaber für Kapellen und Rosenkränze in verschiedenen Größen.
Avraham war fingerfertig, er hatte ein hervorragendes Augenmaß und einen Sinn für Präzision. Er brauchte nicht länger als ein paar Wochen, um das Handwerk zu erlernen. Seine Arbeitslust war enorm, er konnte sich Stunde um Stunde mit jedem Gegenstand beschäftigen. Er schnitzte, modellierte, arbeitete mit der Laubsäge, leimte und baute ein umfassendes Lager auf, das die Brüder einmal im Monat mit hinausnahmen auf die Straßen und dort verkauften.
Nach einem langen
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