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Das Elixier der Unsterblichkeit

Das Elixier der Unsterblichkeit

Titel: Das Elixier der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Gleichmann
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stillen Überlegenheit, seiner Größe. Ihm wollte sie ihre Umarmung und die Süße ihrer Weiblichkeit schenken, dem Mann, den sie von Herzen liebte.
    Shoshana stieg aus dem Bett, suchte lautlos den Weg zu Voltaires Schlafgemach, öffnete vorsichtig die Tür und betrachtete ihn. Dann zog sie ihr Nachthemd aus, kroch zu ihm unter die Decke und berührte sein Gesicht.
    Voltaire erwachte mit einem Ruck. Es erstaunte ihn nicht, dass Shoshana in seinem Bett lag. Er begriff sofort, was sie wollte. Er sah sie forschend an. Sie war noch nicht einmal zwanzig Jahre alt. Ihr Körper war mager, fast dürr, die Brüste waren noch die eines Kindes. Sie war nicht schön. Doch es ging nicht um Schönheit, sondern um etwas anderes. Sein Körper wollte nichts von ihr wissen. Zartfühlend wies er sie darauf hin, dass er, ein in die Jahre gekommener kränkelnder Mann, zu alt sei für derartige Vergnügungen. Er schenkte ihr ein sehr sanftes, entschuldigendes Lächeln.
    »Mein Kind«, sagte er und legte behutsam den Arm um sie, »du bist in dem glücklichen Alter, in dem man liebt. Wir müssen den richtigen Mann für dich finden, mit dem du diese allzu kurzen Augenblicke teilen kannst.«
    Es schmerzte sie, abgewiesen zu werden. Sie nahm seine Hände, legte ihr Gesicht hinein und begann zu weinen.
ZU HAUSE IN PARIS
    Am nächsten Morgen bestellte Voltaires Sekretär eine Kutsche, die nach Paris fahren sollte, und der Philosoph bat Shoshana, ihre Sachen in zwei große Reisekoffer zu packen. Man verließ Ferney gegen Mittag und wählte die Route über Nantua und Dijon. Viermal wurden die Pferde gewechselt. Vor Troyes musste man einige Stunden anhalten, da eine Wagenachse sich gelöst hatte.
    Weder Voltaire noch Shoshana sprachen während der fünftägigen Reise auch nur ein Wort. Beiden war es peinlich, nur schweigend dazusitzen und auf den Atem des anderen zu hören, aber es war ihnen lieber, als miteinander zu reden, als wäre nichts gewesen.
    Madame Spinoza war überrascht, als es an der Tür ihrer Wohnung in der Nähe des Palais Royal klopfte. Sie erwartete keinen Besuch, und obwohl es schon vier Uhr geschlagen hatte, war sie noch in einen farbenfrohen Morgenmantel aus Crêpe de Chine gekleidet. Dass Voltaire und Shoshana vor der Tür standen, war ihr eine unwillkommene Überraschung, da sie im voraus weder gefragt noch unterrichtet worden war. Für sie galt die Norm der geringstmöglichen Anstrengung, und sie hasste es, in ihrer Bequemlichkeit gestört zu werden.
    Voltaire wollte ungestört mit ihr sprechen und bat Shoshana, sie allein zu lassen. Er erklärte in kurzen Worten die Situation und unterstrich, dass es seiner Ansicht nach für das Mädchen nicht mehr gesund sei, bei ihm zu wohnen. Er sah sie mit einem strengen Blick an – denn ihm war wohl bewusst, wie wenig sie sich immer für ihre Tochter interessiert hatte – und erklärte, es sei wohl das Beste, wenn Shoshana zu ihrer Mutter zurückkehre.
    Voltaires Worte brachten Madame Spinoza völlig aus der Fassung. Sie hatte wahrlich keine Lust, sich um ihre Tochter zu kümmern. Shoshana war ihr immer fremd gewesen. Sie dachte, schon wenige Tage mit der Tochter unter einem Dach würden ihr das Leben unerträglich machen.
    Aber sie wagte nicht, Voltaire zu widersprechen. »Das ist ganz in seiner Ordnung«, erwiderte sie mit einem freundlichen Lächeln und einer beherrschten Bewegung, und die Wirkung, die die Worte des Philosophen auf sie hatten, zu übertünchen.
    Die erste Auseinandersetzung zwischen Mutter und Tochter brach schon am nächsten Vormittag aus. »Shoshana, ich halte das nicht aus«, zeterte Madame Spinoza mit ihrer schrillsten Stimme. Am frühen Morgen hatte die Tochter sich im Badezimmer eingeschlossen, wo sie weinte und weinte. Ihre Mutter fühlte sich unvorbereitet und hilflos und wusste nicht ein noch aus. Sie war überzeugt, einen Nervenzusammenbruch zu bekommen, wenn das hysterische Weinen des Mädchens nicht aufhörte. Die Sache wurde nicht besser, als Shoshana, die nach einigen Stunden das Badezimmer verließ, zurückfauchte, sie sehe den Aufenthalt bei ihrer Mutter als unverdiente Gefängnisstrafe an.
    In den folgenden Tagen beschuldigte Madame Spinoza Shoshana mehrmals, ihr Leben zu zerstören. Sie erhielt zur Antwort, ihr fehle jegliches Mitgefühl und jegliche Mütterlichkeit. Ohne Pause brachen neue Konflikte zwischen den Frauen aus, was den gutmütigen alten Diener Gilbert dazu veranlasste, als Vermittler aufzutreten. Er ermahnte Mutter und Tochter,

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