Das Elixier der Unsterblichkeit
übertrieben demonstrativ vorgebracht. Er wusste, dass der Professor sich bei früheren Treffen zu Äußerungen hatte hinreißen lassen, die die Vermutung nahelegten, er hege tiefe Verachtung gegenüber Juden. Aber Ferry wollte seinen Kollegen nicht kritisieren. Er bemühte sich, so sachlich wie möglich zu sprechen, wusste er doch, wie wichtig es war, sämtliche Fäden des Treffens in der Hand zu behalten. Damit die Sitzung nicht ausartete, bestimmte er, unerwartet und ohne die Gesamtbeurteilung der vier Physiker einzuholen, dass Shoshana Spinozas Aufsatz von der Wissenschaftsakademie unter keinen Umständen angenommen werden könne. Eine weitergehende Begründung für den Beschluss gab er nicht.
Im Publikum brach Jubel aus. Die vier Physiker klatschten lange in die Hände. Nur ein paar jüngere Studenten gaben ihrem Missmut über den Beschluss Ausdruck. Auf der Ehrentribüne saß d’Alembert und sah bedrückt aus.
IN FAUBOURG SAINT-GERMAIN
Shoshana und Voltaire verließen umgehend den Saal und wanderten an der Galerie des Louvre entlang. Shoshana durchfuhr ein Schauder. Sie blieb stehen und atmete tief durch.
Ihre Mutter hatte in ihrer Wohnung einen kleinen Empfang vorbereitet und einige Gäste geladen, um den großen Tag ihrer Tochter zu feiern. Shoshana war nicht in der Lage, diesen Menschen zu begegnen. Deshalb bat sie Voltaire, eine Kutsche zu seiner Wohnung in der Rue Faubourg Saint-Germain zu nehmen.
Als sie in seine Wohnung gekommen waren, versuchte Voltaire, Shoshana zu trösten und schenkte ihr ein Glas Wein ein. Er sagte, es sei vielleicht naiv gewesen zu glauben, diese Physiker der alten Schule würden einig mit ihr sein. Das Ergebnis ihrer Untersuchung bedrohte ja das Fundament, auf dem ihre Welt ruhte. Außerdem war die Sprache der Abhandlung ein ästhetischer Genuss, wahrlich nichts für Leute, denen das Ohr für die Musikalität des Französischen fehlte. Aber Voltaire war seiner Sache sicher. Er würde die Abhandlung an einen italienischen Bekannten schicken, einen Professor der Physik an der Universität von Bologna, wo die Offenheit wie auch die Bereitschaft, voraussetzungslos neue Gedanken zu diskutieren, größer war.
Shoshana freute sich über seine Unterstützung. Sie spürte, dass der Raum aufgeladen war mit einer seltsamen Kraft, und der Wein ließ ihr Blut schneller pulsieren. Sie stand auf und stellte sich vor Voltaire, der bequem auf einer Chaiselongue saß. Sie näherte sich ihm und hielt die Brüste an sein Gesicht. Sie hakte ihr Mieder auf, zog den Stoff fort und entblößte ihre kleinen Brüste. Als er sie sah, leuchtete sein Gesicht auf, wie in einer Mischung aus Begierde und Verwunderung. Er konnte die Augen nicht abwenden von ihren Brüsten, die vor Erregung bebten. Er sog den Duft ihrer Jugend ein, der berauschend und anziehend wirkte. Sein Herz schlug heftig und seine Männlichkeit begann aus ihrem langen Schlaf zu erwachen. Er war erstaunt, denn er hatte gemeint, in diesen niederen Regionen keine Regung mehr zu erleben; jetzt spürte er, dass er ihr den Genuss schenken könnte, nach dem ihr Körper verlangte. Vorsichtig begann er ihre Brüste zu streicheln, dann glitten seine Hände über ihre Lippen, ihren Hals, ihre Schultern. Er beugte sich vor und umschloss ihre linke Brustwarze mit den Lippen, küsste sie, saugte an ihr. In seinem Mund waren nur noch wenige Zähne; sein Gaumen war wie der eines Säuglings. Sie genoss die Liebkosung ihrer Brust und fühlte, wie ihr Geschlecht feucht wurde. Er zog sie auf die Chaiselongue hinab, streifte ihr das Kleid ab und glitt über sie. Sie schloss die Augen, stöhnte und ließ seinen Penis tief in ihren Schoß eindringen. »Vorsichtig«, sagte er, hauptsächlich zu sich selbst, denn sie wollte es ja so. Für einige kurze Minuten wiegten sich ihre Körper vor und zurück.
Nachdem sie einander besessen hatten, fühlte sie sich als die glücklichste Frau der Welt. Voltaire half ihr, das Kleid zu schnüren, und schickte sie anschließend mit einer Kutsche zurück zu ihrer Mutter.
UNBEANTWORTETE BRIEFE
Am nächsten Tag erhielt Shoshana einen Brief vom großen Philosophen. Das Herz schlug ihr im Hals, als sie ihn las. Er schrieb, dass das, was zwischen ihnen geschehen sei, ihn bedrücke. Er schäme sich seiner Schwäche, schäme sich, zugelassen zu haben, dass eine heiße Begierde sich seiner bemächtigt und seine Gefühle aus dem Gleichgewicht gebracht habe. Auch wenn der unbesonnene Akt nur wenige Minuten gedauert habe, sei er
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