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Das Elixier der Unsterblichkeit

Das Elixier der Unsterblichkeit

Titel: Das Elixier der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Gleichmann
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gedient.
    Biederhof war wie eine große Familie, wo alle einander kannten und einen Teil des großen Ganzen ausmachten.
    Solange man sich erinnern konnte, war noch niemand von außerhalb nach Biederhof gekommen, um zu arbeiten. Dass Jakob Spinoza zum Verwalter ernannt wurde, löste also großes Erstaunen aus.
    Alle auf dem Gut, mit Ausnahme Rudolfs und seiner Mutter Clementina, waren an jenem kalten Wintertag vor dem Schloss versammelt, als Jakob mit seiner Familie dort ankam. Nicht wenige runzelten die Stirn, als die Neuankömmlinge aus dem Wagen stiegen. Viele stellten sich auf die Zehenspitzen, um sie besser sehen zu können. Der Schlossherr hatte am Tag zuvor Wein servieren lassen und alle darüber informiert, dass ein Verwalter mit seiner Frau und drei Kindern kommen werde. Hingegen hatte niemand damit gerechnet, dass er eine alte Dame mitbringen würde – das merkwürdigste Geschöpf, das man hier seit Jahr und Tag gesehen hatte –, die Männerkleider trug und kurz geschorenes graues Haar hatte. Auch hatte niemand erwartet, dass Jakob eine kurze Begrüßungsrede halten würde. Er stellte sich selbst, seine Frau Eleonora und die Kinder vor, doch vor allem die alte Dame, die seine Großmutter sei und nicht, wie einige sich vorstellen mochten, seine Mutter. Doch die wirkliche Überraschung kam, als er ohne Umschweife erzählte – worüber Rudolf die Leute zu informieren vergessen hatte –, er sei Jude. Der Stolz und die Demut in seiner Stimme entgingen niemandem, als er sagte: »Ich hoffe, keiner von euch sieht das als ein Hindernis dafür, dass wir gemeinsam gute Arbeit leisten werden.«
    Die Arbeiter betrachteten Jakobs riesige Nase und waren betroffen. Zwar war er nicht der Typ des umherreisenden Händlers, den alle verachteten, ein Jude mit einem von der Bürde des Lebens gekrümmtem Rücken, gekleidet in einen verschlissenen schwarzen Kaftan, den Kopf mit einer Kippa bedeckt, mit langen Schläfenlocken und starkem osteuropäischem Akzent, der sich manchmal in diese Gegend verirrte, wo beschnittene Männer ebenso selten waren wie Seeadler, und versuchte, ehrbaren Menschen wertlosen Krimskrams anzudrehen. Jakobs Kleidung, seine wohlklingende Sprache und sein Auftreten zeugten davon, dass er ein Herr aus der Großstadt war. Das flößte Respekt ein. Niemand auf dem Platz vor dem Schloss wagte es, auch nur daran zu denken, erniedrigende Worte über ihn zu flüstern.
    Doch er war Jude, ein Fremder.
    Rudolf hatte unterstrichen, es sei in Zukunft die Pflicht aller, die Befehle des Verwalters zu befolgen und auch seinem kleinsten Wink Folge zu leisten. Normalerweise wäre das kein Problem gewesen, denn man war an bedingungslosen Gehorsam gegenüber der Autorität der Prinzen gewöhnt. Doch für die meisten auf dem Gut war es undenkbar, einen Mörder Christi als ebenbürtig zu betrachten, geschweige denn Befehle von einem Juden entgegenzunehmen. Der Gedanke war widerwärtig. Und demütigend.
ZWEI BEGEGNUNGEN
    Die Begegnung mit dem Schlossherrn gestaltete sich nicht ganz so, wie die Neuankömmlinge es erhofft hatten, auch wenn sie gut begann. Rudolf empfing sie im Arbeitszimmer und hieß sie willkommen – mit Augen voller erwartungsvoller Begeisterung. Er drückte Jakobs Schultern mit überraschender Wärme und sagte: »Sie waren fabelhaft erfolgreich in Regensburg. Und nun werden Sie dasselbe hier tun, nicht wahr?«
    Er bat die Familie, ihm in den kleinsten Speisesaal zu einer kleinen Vesper und Erfrischungen zu folgen. Nach einem Begrüßungsglas – vom schlosseigenen Riesling – setzte sich die Gesellschaft zu Tisch. Eleonora hatte ihre kleine Claudia, die sie noch stillte, auf dem Schoß. Die beiden Jungen, Bernhard und Nikolaus, waren mit einer Haushälterin in die Küche gegangen.
    Zwei Diener trugen ein riesiges Silbertablett mit in eleganten Reihen gelegten Würsten, Sülze und gekochtem Schinken auf, in der Mitte prangte ein großer Schweinekopf.
    »Diese mit Knoblauch gewürzte Wurst ist garantiert die wohlschmeckendste, die man im ganzen Burgenland finden kann«, prahlte Rudolf. Er erzählte, sie hätten einige Schweine geschlachtet, und die frische Wurst sei nach einem alten Rezept gemacht, das die dicke Mathilda mit nach Biederhof gebracht habe. Dann fügte er hinzu, die kinderlose Köchin sei wie eine Mutter für ihn. Er liebe sie tatsächlich mehr als seine eigene Mutter. Und er brachte einen Trinkspruch auf sie aus.
    Es entstand eine peinliche Stille, denn obwohl die Gäste nicht religiös waren,

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