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Das Elixier der Unsterblichkeit

Das Elixier der Unsterblichkeit

Titel: Das Elixier der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Gleichmann
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Lager würde Sara unter seinen erfahrenen Händen milder stimmen.
    Sara versorgte ihre Familie als Näherin in einem Salon, in dem gutsituierte Damen ihre Kleider anfertigen ließen. Er lag im Zentrum, und sie ging täglich, sommers wie winters, zu Fuß dorthin. Der Weg zur Arbeit und wieder nach Hause dauerte vier Stunden. Die eingesparten Straßenbahnkosten ermöglichten es ihr, drei alte Frauen am Leben zu erhalten. Nur jeden vierten Sonntag hatte sie frei. Dies war immer der kürzeste Tag des Monats, der mit Putzen, Waschen, Kochen und Schlafen schneller als die anderen verging. Sie fand nicht, dass es ihr an etwas mangelte. Auf jeden Fall hatte sie keine Zeit, an sich selbst zu denken, war sie doch ständig damit beschäftigt, die Bedürfnisse anderer zu befriedigen. Fünfmal in ebenso vielen Jahren war sie außerdem schwanger – obwohl Nathan fast nie zu Hause war und seinen Samen auch anderen Frauen zugutekommen ließ –, und sie brachte noch zwei gesunde Kinder zur Welt: Carlo und Ilona.
    Nach der Zeit im Gefängnis fiel es Nathan schwer, in ein normales Leben zurückzufinden. Das Erbe seines Vaters, ein anständiger Betrag, war seit langem aufgebraucht. Einen Beruf hatte er nicht, und es war nicht leicht für einen vorbestraften Mann, besonders wenn er in der Räterepublik aktiv gewesen war, Arbeit zu finden. Er hatte jetzt eine eigene Familie und wollte nicht im Rinnstein landen, deshalb klopfte er an viele Türen. Aber seine Geschichte verfolgte ihn, unerbittlich. Außerdem waren die Zeiten schwierig; nicht umsonst wurde Ungarn das Land der drei Millionen Bettler genannt.
EIN GROßES PRIVILEG
    Am 29. Juli 1932 wurden Sándor Fürst und Imre Sallai in Budapest hingerichtet. Zwei Wochen zuvor waren sie nach einem kurzen Gerichtsverfahren für das Attentat von Biatorbágy zum Tode verurteilt worden. In der verschlafenen Kleinstadt dreißig Kilometer westlich von Budapest war im Jahr zuvor der Wienexpress in die Luft gesprengt worden, und zweiundzwanzig Reisende hatten den Tod gefunden. Alle kannten die Wahrheit. Fürst und Sallai waren unschuldig. Sie hatten wasserdichte Alibis. Der Täter Szilveszter Matuska hatte sein abscheuliches Verbrechen zugegeben, er prahlte sogar damit. In vielen Teilen der Welt kam es zu heftigen Protesten, bei denen die Freilassung der beiden Männer gefordert wurde. Doch nichts half. Das Horthy-Regime war fest entschlossen, ein Exempel zu statuieren, indem es die führenden jüdischen Kommunisten Fürst und Sallai hinrichten ließ.
    Es war dem Zufall zu verdanken, dass Nathan, der mehrere Jahre tonangebend in der Kommunistischen Ungarischen Partei war (wie sie damals hieß), nicht zusammen mit Sallai und den anderen Kommunisten verhaftet wurde, als die Polizei gegen das geheime Hauptquartier der verbotenen Partei vorging. Kurz zuvor hatte sich Nathan eine ansteckende Geschlechtskrankheit zugezogen, und Sara war wenig begeistert, sie mit ihrem Mann teilen zu müssen. Dass er zu Huren ging, damit hatte sie zu leben gelernt, aber ihn exotische Krankheiten ins Haus schleppen zu lassen, war etwas anderes. Sie wurde von sittlicher Raserei gepackt, keifte und fluchte und schlug ihm einen Kochtopf an den Kopf. Nathans unerschütterliche Selbstsicherheit in kritischen Situationen war wie weggeblasen, und ausnahmsweise ließ er Anzeichen von schlechtem Gewissen erkennen. Er gelobte Buße und Besserung. Sara glaubte ihm nicht. Sie war überzeugt, dass der verhärtete Hurenbock sich weder ändern wollte noch konnte. Deshalb verlangte sie etwas anderes von ihm: Dass er am nächsten Vormittag zu Tante Luizas Begräbnis käme. Der Tod der alten Frau wäre ihm fast entgangen, obwohl sie unter einem Dach mit ihm lebte. Er hatte an Wichtigeres zu denken. Aber er war erleichtert, dass sie endlich weg war, und stimmte ohne Bedenken zu. Noch größere Erleichterung spürte er am nächsten Nachmittag, als ihm klar wurde, dass die Polizei, während Luizas einfacher Holzsarg in seiner Gegenwart ins Grab hinabgelassen wurde, alle Genossen im Parteibüro, wo auch er sich sonst aufgehalten hätte, festgenommen hatte.
    Hinter Nathans ruhigem Äußeren und seiner neutralen Fassade verbarg sich Angst. Er hatte eine Vorahnung, ein deutliches Gefühl, dass ihm Jahre von Gefängnis und Verfolgung bevorstünden. In düsteren Momenten fürchtete er um sein Leben. Nach einer langen Diskussion, bei der er in verschiedenen Wendungen um Erlaubnis bat, sich im Ausland in Sicherheit bringen zu dürfen, kam die

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