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Das Ende aller Tage

Das Ende aller Tage

Titel: Das Ende aller Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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mit in mein Büro. Jetzt kann ich Ihnen einiges verständlicher machen, als ich es zuvor gekonnt hätte. Die Erde ist nicht in die Föderation hineingelockt worden. Ich weiß, wie Sie mit Ihren erdverhafteten Augen die Situation sehen. Trotz der bewiesenen Überlegenheit der galaktischen Föderation muß es, so glauben Sie, irgend etwas Unschlagbares geben, das nur die Erde uns zugänglich machen kann. Sie glauben, es müsse da ein Problem geben, für das wir irdische Hilfe brauchen – ein Problem, das wir noch geheimhalten. Habe ich recht?«
    Farro wich dem forschenden Blick des anderen aus. Als sie den Aufzug betraten, der sie zur Spitze des Gebäudes bringen sollte, sagte er ausweichend: »Neben den materiellen Gütern gibt es auch andere. Denken Sie nur an unser großes literarisches Erbe. Einer wirklich zivilisierten Rasse ist dieses Erbe wichtiger als technische Neuheiten; es ist von unschätzbarem Wert.«
    »Das hängt davon ab, was Sie unter zivilisiert verstehen. Die höheren Rassen der galaktischen Föderation, die jeden Geschmack an dem Schauspiel geistigen Leidens verloren haben, würden Ihre Literatur wenig anziehend finden.«
    »Ohne geistiges Leiden wird es nie Kunst geben«, versetzte Farro gereizt. »Nur das, was die technologischen Barbaren dafür halten.«
    Das brachte den galaktischen Minister für eine Weile zum Schweigen. Dann wechselte er das Thema. »Nein, Sie besitzen für unsere Begriffe leider keine heimlichen Errungenschaften oder Tugenden, derentwegen wir Sie in die Föderation zu locken versuchten. Der Stiefel steckt am anderen Fuß. Wir sehen Ihre Aufnahme als eine Pflicht an, weil Sie nötig haben, daß man sich um Sie kümmert. Es tut mir leid, daß ich es so unverblümt ausdrücken muß, aber vielleicht ist es so am besten.«
    Der Aufzug entließ sie in den gekrümmten, allseitig verglasten Raum. Eine Minute später schwebten sie zum anderen Gebäude zurück. Farro schloß die Augen. Er war noch zu verwirrt, um die Bedeutung des Gesagten zu erfassen.
    »Ich verstehe nichts«, sagte er tonlos. »Ich verstehe nicht, warum es Ihre Pflicht sein sollte, sich um die Angelegenheiten der Erde zu kümmern.«
    »Dann beginnen Sie bereits zu verstehen«, sagte Jandanagger, und zum erstenmal schien etwas wie persönliche Wärme seine Stimme zu färben. »Denn nicht nur unsere Wissenschaften sind den Ihren weit voraus, sondern auch unsere Philosophien und das, was wir die Wissenschaft des Denkens nennen. Alle unsere geistigen Fähigkeiten sind semantisch in der Sprache zusammengefaßt, in der wir uns hier unterhalten – in Galingua.«
    »Ihre Sprache ist gewiß reich und komplex«, räumte Farro ein, »und mein Wissen davon ist wahrscheinlich zu elementar, als daß ich etwas von den besonderen Bedeutungen darin erkennen könnte, über die Sie sprechen.«
    »Das liegt nur daran, daß wir Ihnen noch zeigen müssen, inwieweit Galingua mehr ist als eine Sprache, daß es eine Art zu leben ist, ja, sogar unser Mittel zur Raumfahrt selbst!«
    Farro schüttelte in dumpfer Erschöpfung den Kopf, während Jandanagger mit wachsender Geschwindigkeit weiterredete. Obwohl der Sinn seiner Worte Farro verständlich war, schien es diesem, daß sie nur noch sein Unterbewußtsein erreichten. Es war wie eine Trunkenheit, denn Jandanagger sprach von vielen Dingen auf einmal, vollführte Gedankensprünge und berührte geistige Disziplinen, die noch nie durch irdische Stimmen formuliert worden waren. Und doch gehörten alle diese Dinge zusammen wie die Bälle eines Jongleurs.
    Denn im Grunde sprach Jandanagger nur von einem: der vorwärtsdrängenden Kraft des Lebens. Er kleidete in Worte, was der Wellenabstimmer demonstriert hatte: daß der Mensch kein in sich geschlossenes Ganzes war, sondern ein Körper in einem anderen Körper, eine Flüssigkeit in einer Flüssigkeit. Daß er nur eine subjektive Identität besaß. Daß die kreisende Materie des galaktischen Systems mit ihm eins war.
    Und er sprach in Galingua, das nichts als eine in Laute umgesetzte Darstellung jenes unaufhörlichen Fließens war und dessen Kadenzen der großen Lebensspirale innerhalb des Fließens folgten. Als er sprach, erschloß er Farro ihr inneres Geheimnis, und was bisher formales Studium gewesen war, wurde wie eine Orchesterbearbeitung, in der jede Zelle eine andere Note vorstellte.
    Mit einer wilden Freude merkte Farro plötzlich, daß er antworten konnte, daß er mit dieser Spirale der Sprache verschmolz. Die Basis dieser neuen Sprache

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