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Das Ende aller Tage

Das Ende aller Tage

Titel: Das Ende aller Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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Sie sitzt hier wie eine Gefangene, weil sie ein Genie ist, nicht wahr? Sie sind selbst verrückt, Gunpat, wenn Sie nicht glauben, daß das Mädchen total plemplem ist. Fehlt nur noch, daß Sie behaupten, Ployploy habe kein weißes Gesicht.«
    Gunpat machte kollernde Geräusche wie ein Truthahn. »Das wagen Sie zu erwähnen!« gurgelte er. »Und was, wenn ihr Gesicht tatsächlich so sein sollte?«
    »Sie stellen so dumme Fragen, daß es sich kaum lohnt, mit Ihnen zu reden«, erklärte Smithiao. »Ihr Problem ist, Gunpat, daß Sie völlig unfähig sind, eine einzige simple historische Tatsache zu begreifen. Ployploy ist weiß, weil sie ein biologischer Atavismus ist. Unsere früheren Feinde waren weiß. Sie bewohnten diesen Teil der Erde, bis unsere Vorfahren sich erhoben und sie der alten Privilegien beraubten, deren sie sich so lange auf unsere Kosten erfreut hatten. Unsere Vorfahren vermischten sich mit den wenigen Überlebenden, und nach ein paar Generationen war das weiße Erbe aufgelöst, verschwunden. Seit der furchtbaren Zeit der Übervölkerung vor rund fünfzehnhundert Jahren hat es auf Erden kein weißes Gesicht mehr gegeben. Und dann setzte der kleine Herr Gunpat plötzlich eins in die Welt. Was hat man Ihnen im Paarungszentrum gegeben, Gunpat, eine Höhlenfrau?«
    Gunpat explodierte vor Wut und schüttelte seine Faust gegen den Bildschirm.
    »Sie sind gefeuert, Smithiao!« röhrte er. »Diesmal sind Sie zu weit gegangen! Hinaus! Los, verschwinden Sie, und lassen Sie sich nie wieder blicken!«
    Abrupt bellte er in sein Mikrophon und verlangte, für die Konferenz umgeschaltet zu werden. Er war in der rechten Stimmung für geschäftliche Verhandlungen.
    Als Gunpats wutverzerrtes Abbild verblaßte, entspannte sich Smithiao seufzend. Die Haßstärkung war verabfolgt. Für Männer seines Berufs bedeutete es das höchste Kompliment, am Ende einer Behandlung vom Patienten hinausgeworfen zu werden. Gunpat würde das nächste Mal um so begieriger sein, ihn wieder zu engagieren. Trotzdem fühlte Smithiao keinen Triumph. In seinem Beruf war eine gründliche Kenntnis der menschlichen Psychologie nötig; man mußte genau wissen, wo der Patient seine empfindliche Stelle hatte. Indem man diese Stelle lange und geschickt genug bearbeitete, konnte man den Patienten zum Handeln reizen.
    Ohne derart aufgerüttelt zu werden, waren die Menschen hilflose Beute der Lethargie, Lumpenbündel, die von Maschinen herumgetragen wurden. Die alten Triebe waren so gut wie ausgestorben.
    Smithiao saß, wo er war und blickte in Vergangenheit und Zukunft. Mit der Erschöpfung des Bodens hatte der Mensch sich selbst erschöpft; es war ein einfacher und logischer Vorgang. Nur die unzuverlässigen Fluten des Hasses und des Zorns gaben ihm noch genug Antriebskraft, um überhaupt weiterzumachen.
    So sieht es aus, wenn eine Rasse ausstirbt, dachte Smithiao und fragte sich zugleich, ob auch andere schon darüber nachgedacht hätten. Die Regierung wußte es vielleicht, aber sie war machtlos, etwas dagegen zu tun.
    Smithiao war ein oberflächlicher Mensch. In einer kastengebundenen Gesellschaft, die so schwach war, daß sie sich selbst nicht ins Angesicht sehen konnte, war das ein nahezu unausweichliches Schicksal. Nachdem er das furchtbare Problem aufgedeckt hatte, machte er sich daran, es zu vergessen, sich seiner Wirkung zu entziehen und etwaigen persönlichen Schlußfolgerungen auszuweichen. Er grunzte einen Befehl, und die Fahrmaschine drehte um und rollte ihn hinaus.
    Da Gunpats Roboter nicht zu sehen waren, fuhr Smithiao den Weg zurück, den er gekommen war. Bevor die Fahrmaschine wieder zu einem Teil des Flugkörpers wurde, sah Smithiao eine Bewegung. Halb von einer Veranda verdeckt, stand Ployploy an der Ecke des Hauses. Einem neugierigen Impuls folgend, kletterte Smithiao aus dem Gehäuse der Maschine. Die Luft im Freien stank nach Rosen und anderem Grünzeug, das in Erwartung des Herbstes braun und schwarz zu werden begann. Smithiao fand den Geruch beängstigend, aber seine eben erwachte abenteuerliche Regung trieb ihn vorwärts.
    Das Mädchen blickte nicht in seine Richtung. Sie spähte zu der Baumreihe hinüber, die sie von der Außenwelt abschloß. Nach einer Weile – Smithiao näherte sich ihr – zog sie sich zur Rückseite des Hauses zurück. Er folgte vorsichtig, gedeckt durch eine Hecke. In seiner Nähe arbeitete ein metallener Gärtner mit einer Gartenschere am Rand eines Rasenstreifens, ohne ihn zu bemerken.
    Die extravagante

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