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Das Ende - Alten, S: Ende

Das Ende - Alten, S: Ende

Titel: Das Ende - Alten, S: Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Alten
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Tochter argwöhnte keinen Moment, dass ihre Mutter ein verborgenes Motiv hatte, warum sie wollte, dass sie beide in New York wohnten.
     
    Englewood, New Jersey
11:26 Uhr
     
    Der dunkelblaue Lexus mit dem UNTERSTÜTZT-UNSERE-TRUPPEN-Aufkleber auf der hinteren Stoßstange bog in die südwestliche Einfahrt der JC Mall ein. Die Autos, SUVs und Pick-ups, deren Karosserien von Streusalz und Schneematsch braun verrußt waren, nahmen jede legale Parklücke und jeden Quadratmeter Raum in Beschlag, der nicht von einem der Miniberge aus zur Seite gepflügtem Schnee belegt wurde. Der Fahrer des Lexus suchte sich eine Reihe aus und mischte mit bei dem Spiel »Folgen Sie dem Käufer zu seinem Auto«, das schon im Gange war.
    Last-Minute-Schnäppchenjäger. Lange Schlangen an den Kassen. Schreiende Säuglinge und kleine Kinder, die Verstecken spielten, während ihre Mütter nicht enden wollende Gespräche mit Kassiererinnen führten, als ob es lange verschollene Cousinen wären. Die Heizungen, deren Thermostate auf dreißig Grad Celsius eingestellt waren, pumpten die Art von Hitze heraus, die einem normalerweise in Treibhäusern begegnete – in Läden, die noch nicht mal einen Klappstuhl hatten.
    Die Weihnachtswoche im örtlichen Einkaufszentrum. Kein Ort für Männer.

    Es gab eine Zeit, da hätte Dr. David Kantor den überfüllten Parkplatz mit einem Blick überflogen, seinen Wagen gewendet und wäre davongefahren. Und hätte dann seine Assistentin geschickt, mit einer Kreditkarte und einer Liste. Fünf militärische Einsätze in zwölf Jahren veränderten einen Mann; wenn man dreimal die Weihnachtsfeiertage im Irak verbracht hat, werden die schlimmsten Unbequemlichkeiten plötzlich zu geschätzten Erinnerungen. Und so kurvte David mit der Geduld eines Hiob über den Parkplatz. Sang einen alten Temptations -Song im Radio mit. Überließ den von ihm schon fachmännisch als demnächst frei werdend ausgeguckten Parkplatz einer Mutter mit vier Kindern in einem Van. Ohne Weiteres.
    Der zweiundfünfzigjährige Arzt und ehemalige Army-Mediziner praktizierte nicht mehr. Was der Seniorpartner in der Victory Wholesale Group an Blut und Gedärmen, abgetrennten Gliedmaßen und sterbenden jungen Männern und Frauen gesehen hatte, reichte für mehrere Leben. Der Mann, der sich während des ersten Golfkrieges zur Reserve gemeldet hatte, hatte nicht die Absicht, in den endlosen zweiten zurückzukehren. Nicht einmal, wenn man ihn verhaftete. Seiner Frau Leslie hatte Kantor versichert, dass er schon einen Plan habe. Der Meniskus in seinem linken Knie war vom Straßen-Basketball verbraucht; das vordere Band hing nur noch an wenigen Fasern. Der ehemalige Shooting Guard in Princeton würde sich eher das Gelenk auskugeln, bevor er noch einmal in ein Transportflugzeug stieg.
    Die Familie Kantor war jüdisch. Davids vier Kinder hatten ihre Geschenke letzte Woche während des Chanukka-Festes erhalten. Die heutige Einkaufsliste war eher geschäftlicher Natur. Schnickschnack für Verkäufer und
ein paar besondere Dankeschön-Geschenke für seine Abteilungsleiter. Und der versprochene tragbare DVD-Spieler für Gavi, seine dreizehnjährige Tochter – eine Belohnung, weil sie in der Schule lauter glatte Einser bekommen hatte. David hatte vor, genau einen Laden aufzusuchen und in zwanzig Minuten aus dem Einkaufszentrum wieder raus zu sein.
    Der Krieg veränderte einen Mann, aber eben nicht alles an ihm.
    Er fand einen anderen freien Platz neben einem gepflügten Schneeberg und parkte. Wie auf ein Stichwort hin klingelte sein Handy. Er erkannte die Nummer nicht. »Hallo?«
    »Captain Kantor?«
    Die Erwähnung seines militärischen Dienstgrades brachte Davids Puls zum Rasen. »Ja?«
    »Sir, ich rufe aus dem Innenministerium an, im Auftrag der Nationalgarde von New Jersey. Auf Anweisung des Adjutant General wird Ihnen befohlen, sich sofort bei der …«
    »Augenblick, jetzt warten Sie mal einen Moment! Erzählen Sie mir nicht, dass Sie mich schon wieder ins Ausland schicken wollen! Ich bin gerade erst vom Aufbau einer neuen Sanitätseinheit zurück!«
    »Nein, Sir. Es handelt sich um eine innerstaatliche Angelegenheit. Wo sind Sie gerade?«
    »Sie meinen im Augenblick? Äh … Englewood.«
    »Warten Sie kurz.«
    Schweißperlen durchnässten den Rücken seines Jeanshemds. Er beugte sein linkes Knie.
    »Sir, Sie sollen sich sofort bei der Fort-Lee-Mautstelle auf der New-Jersey-Seite der George Washington Bridge melden. Auf der Südseite der Straße werden Sie

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