Das Ende der Einsamkeit
ist mein Leben nicht halb so aufregend wie deines, aber ich liebe meinen Beruf und bin sehr glücklich.“ Sie trank die letzten Schlucke Kaffee aus ihrem Becher. „Und wie lange kennst du … Dominics Mutter?“
„Ungefähr sechs Monate.“
Sechs Monate! Noch nicht einmal so lange, wie er mit ihr zusammen gewesen war. Alessandro musste sich förmlich überschlagen haben, um der eleganten Anwältin in der kurzen Zeit bereits einen Heiratantrag zu machen. „Eine richtig stürmische Romanze also?“ Megan rang sich ein Lächeln ab. „Das muss für dich ja das Tüpfelchen auf dem i sein, Alessandro. Ich freue mich für dich.“
Wenn Alessandro ehrlich war, hatte er seine Beziehung zu Victoria nie als stürmische Romanze betrachtet. Er hatte sie bei geschäftlichen Verhandlungen kennengelernt, an denen die Kanzlei, für die sie arbeitete, beteiligt gewesen war, mochte sie auf Anhieb, bewunderte ihren scharfen Verstand und schätzte, dass sie sein gnadenloses Arbeitspensum respektierte. War das eine Romanze?
Ihm hatte es jedenfalls genügt, um den nächsten Schritt zu tun. Allerdings musste er ehrlich zugeben, dass dabei auch die Tatsache eine Rolle gespielt hatte, dass er nicht jünger wurde. Anders als die meisten seiner Kollegen in den Londoner Finanzkreisen – Männer zwischen dreißig und vierzig, die auf der Erfolgsleiter nach oben stürmten – hatte Alessandro nämlich nicht vor, Junggeselle zu bleiben, sondern er wollte eine Familie. In diesem Punkt war er konservativ.
Außerdem wollte er nicht so lange warten, bis er zu alt war, um noch Spaß daran zu haben, mit seinen Kindern zu spielen. Im Lauf der Jahre hatte er einige Frauen kennengelernt, aber bislang immer gezögert, eine feste Bindung einzugehen.
Victorias größter Vorzug war vielleicht, dass sie ihm so wenig abverlangte. Ihre eigene Karriere forderte sie genug, sodass sie gar nicht erwartete, dass er ständig Zeit für sie hatte. Und sie nervte ihn auch nicht, indem sie laufend Liebesbeweise von ihm forderte. Umgekehrt empfand sie vermutlich ähnlich. Es war ein Arrangement zur beiderseitigen Zufriedenheit. „Das Tüpfelchen auf dem i?“, wiederholte Alessandro nachdenklich. „Ja, vermutlich …“
2. KAPITEL
Das Treffen mit Megan war für ihn nicht befriedigend verlaufen.
Gedankenversunken stand Alessandro an dem Panoramafenster in seinem Büro und blickte auf die belebten grauen Straßen Londons hinunter, wo sich die Lichter im regennassen Asphalt spiegelten und die Menschen in der üblichen vorweihnachtlichen Hektik Tüten voller Geschenke aus den Geschäften schleppten. Natürlich hatte er für Victoria schon das Passende – ein edles Diamantkollier, das ein kleines Vermögen gekostet hatte. In diesen Dingen konnte er sich auf seine Persönliche Assistentin absolut verlassen.
Unwillkürlich fiel ihm das einzige Weihnachtsgeschenk ein, das er je für Megan gekauft hatte. Zwei Eintrittskarten für das Konzert einer Band, auf die sie damals ganz versessen gewesen war. Das Ganze fand in einem schummrig beleuchteten, intimen Lokal statt, wo die Wände von der Musik vibrierten. Den ganzen Abend hatten Megan und er vor Übermut gegrinst.
Eine Erinnerung, die wie aus dem Nichts auftauchte und Alessandro erst recht vor Augen führte, wie unbefriedigend seine Begegnung mit Megan verlaufen war. Zwar wusste er nicht, was er eigentlich erwartet hatte, aber die Unterhaltung war so steif und gezwungen gewesen, dass es ihn immer mehr gedrängt hatte, diese Maske der Höflichkeit zu durchbrechen, um wieder zu der wirklichen Megan vorzudringen. Nach einer Dreiviertelstunde war er jedenfalls mit dem Eindruck gegangen, dass diese Frau ihn hasste und anscheinend größte Mühe hatte, es zu verbergen.
Wie bei jedem erfolgreichen Mann war es nichts Ungewöhnliches für Alessandro, Feinde zu haben. Üblicherweise zeigten sie es ihm jedoch nicht offen, und Frauen waren in der Regel sowieso verrückt nach ihm.
Natürlich wusste er, dass Megan triftige Gründe hatte, ihn zu hassen – genauso wie er auch wusste, dass die Trennung damals zu ihrem Besten gewesen war, ob sie das wahrhaben wollte oder nicht. Ihre anrührend unschuldige, unbedarfte Lebenseinstellung hätte Schaden genommen, wenn er sie auf seinem ehrgeizigen Weg nach oben mitgeschleift hätte. Vergeblich hatte Alessandro an dem Abend versucht, ihr das zu erklären. Sie hatte ihm höflich zugehört, um dann mit der Bemerkung abzuwinken: „Vergiss es.“
Kein Wort hatte sie ihm über ihr
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