Das Ende der Einsamkeit
junge Frau, deren dicht gedrängter Terminplan kaum Zeit ließ für einen Kerl, der sie vor Jahren fallengelassen hatte, weil sie seinen hohen Ansprüchen nicht genügte. Mit anderen Worten, sie hatte sich als Frau von sechsundzwanzig Jahren gesehen, die den Mistkerl längst hinter sich gelassen hatte!
Und wie sah die Wirklichkeit aus? Sie war ein Nervenbündel!
Prüfend begutachtete Megan im Spiegel ihre geröteten Wangen und glänzenden Augen. Charlotte, die ihr einen aufmunternden Vortrag über Mistkerle und wie man sie am besten behandelte hätte halten können, glänzte natürlich mit Abwesenheit. Wo waren Freunde, wenn man sie brauchte? Sie amüsierten sich mit Arbeitskollegen in der Londoner City, anstatt zu Hause zu bleiben für den Fall, dass sie dringend als moralische Unterstützung benötigt wurden!
Fünfzehn Minuten später und nur unwesentlich ruhiger ging Megan nach unten, jetzt bekleidet mit ausgeblichenen Jeans, einem bequemen Sweatshirt und ihren flauschigen Pantoffeln mit Kaninchengesicht – denn warum sollte sie sich für einen Mann herausputzen, der inzwischen auf elegante brünette Anwältinnen mit geschliffenem Oberschichtakzent stand?
Alessandro wartete in der Küche – wie eine ebenso schöne wie gefährliche Raubkatze, die den kleinen Raum noch beengter wirken ließ. Ohne den schwarzen Kaschmirmantel, den er ausgezogen und über einen der Küchenstühle geworfen hatte, saß er entspannt am Tisch, die langen Beine lässig von sich gestreckt.
„Also, erzähl. Wie ist es dir in den vergangenen Jahren ergangen?“, erkundigte er sich interessiert, während er sie aufmerksam beobachtete, als sie ihm den Rücken zukehrte, um den Wasserkessel zu füllen.
Das war Megan, wie er sie in Erinnerung hatte. Zwanglos in Jeans und einem weiten Sweatshirt und wie stets, wenn sie es sich zu Hause bequem machte, mit den schrägsten Pantoffeln an den Füßen. Abgesehen von kleinen Kindern war sie bestimmt die Einzige im ganzen Land, die diese verrückten Pantoffeln trug. Langsam glitt sein Blick ihre langen Beine hinauf über die zierliche Taille zu ihren vollen Brüsten, und plötzlich kam ihm die Küche sehr heiß und stickig vor.
„Ich habe meine Lehrerausbildung abgeschlossen“, erzählte Megan, wobei sie kochendes Wasser in zwei Becher goss, Kaffeepulver hineinrührte und sich dann endlich zu Alessandro umdrehte, um ihm einen der Becher zu reichen. „Dann habe ich drei Jahre an der St. Nick’s Schule unterrichtet und bin schließlich nach London gegangen, weil Charlotte hier arbeitete und ich mich verändern wollte. Ein Jahr habe ich an der St. Margaret’s unterrichtet, und seit September bin ich an Dominics Schule.“
„So viel zu den Fakten. Aber warum London? Soweit ich weiß, gibt es hier wenig weite Wiesen und Felder und murmelnde Bäche, ganz zu schweigen von idyllischen Cottages mit weißen Lattenzäunen um blühende Vorgärten.“
„Ich bin eben zu dem Schluss gelangt, dass ich doch etwas anderes wollte als weite Wiesen, Alessandro. Vielleicht hast du mich ja etwas vorschnell auf die Rolle des Bauerntölpels abonniert.“ Megan beabsichtigte nicht, ihm zu beichten, wie eingeengt ihr Leben ihr plötzlich vorgekommen war, nachdem er sich daraus verabschiedet hatte … und wie die Freude über die Arbeit mit Kindern an einer idyllischen Landschule durch das Gefühl getrübt worden war, sie könnte etwas von der aufregenden, weiten Welt da draußen verpassen.
Nein, er verdiente nicht, irgendetwas über sie zu erfahren! „Hör zu, Alessandro, ich bin tatsächlich sehr müde und habe nicht mehr die Energie, dir irgendetwas zu erzählen.“ Sie nippte an ihrem Kaffee, um dem forschenden Blick seiner faszinierenden dunklen Augen auszuweichen.
„Wie ich sehe, trägst du immer noch diese kindischen Pantoffeln“, bemerkte Alessandro unvermittelt.
„Ein Weihnachtsgeschenk von meinen Schülern im vergangenen Jahr“, entgegnete sie pikiert, wobei sie die Füße befangen unter den Tisch zog. „Das sind die kleinen Vergünstigungen in meinem Job: jede Menge Duftwässerchen, Kerzen, Bilderrahmen oder, wie in diesem Fall eben, Kuschelpantoffeln.“
„Wie lange wohnst du schon hier?“
„Seit ich nach London gezogen bin.“
„Soll das so eine Art Frage- und Antwortspiel werden?“, meinte Alessandro spöttisch. „Ich stelle die Fragen, die du mit so wenigen Worten wie möglich beantwortest?“
„Du wolltest wissen, wie es mir ergangen ist, und ich habe es dir gesagt. Vermutlich
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