Das Ende der Einsamkeit
abgebrühte Anwältin?“, hatte Robbie geschäkert. „Genau mein Typ. Natürlich nehme ich den Jungen auf.“
„Eine abgebrühte, verlobte Anwältin“, hatte Megan lachend verbessert. „Die natürlich sowieso nicht zu dem Spiel mitkommt. Versuchen wir einfach, Dominic fürs Training zu interessieren. Ich glaube, es würde ihm guttun.“
Ein Vater in New York, wie sie von Jessica wusste, und in naher Zukunft ein Stiefvater, der es nicht für seine Aufgabe hielt, für das Kind eines anderen den Vater zu spielen – kein Wunder, dass der kleine Junge gelegentlich Amok lief. Etwas Bewegung und Spaß an der frischen Luft konnten ihm helfen, besser klarzukommen.
Während Megan versuchte, ihre zerzausten Locken von dem Haargummi zu befreien, blickte sie etwas genauer hin. Dominic stand in der Mitte, warm eingepackt in eine Daunenjacke, und rechts und links von ihm … Ihr schoss plötzlich das Blut heiß in die Wangen, denn sie erkannte Dominics Mutter … und Alessandro.
Tatsächlich hatte sie nicht damit gerechnet, ihn noch einmal wiederzusehen. Die kleine „Plauderei“ in der Küche vor drei Tagen hatte ihr genügt und einen wahren Hornissenschwarm unerwünschter Erinnerungen geweckt. Und nun stand er erneut leibhaftig vor ihr und spielte, wider alle Beteuerungen, heile Familie.
„Miss Reynolds, Miss Reynolds, Sie haben ein Tor geschossen! Und Sie sind ja voll Matsch!“, rief Dominic hörbar entzückt.
„Pass auf, oder ich gebe dir etwas davon ab“, erwiderte sie spitzbübisch. Von Kopf bis Fuß schlammverkrustet, versuchte sie Alessandro zu ignorieren, der im Maßanzug und Kaschmirmantel und mit auf Hochglanz polierten, handgefertigten italienischen Lederschuhen an den Füßen vor ihr stand. Und Dominics Mutter sah, falls möglich, noch eleganter und makelloser aus. Wie in aller Welt konnte man auf die Idee kommen, in hochhackigen Pumps zu einem Fußballspiel zu gehen?
„Mein Sohn hat sich bestens unterhalten. Vielen Dank, dass Sie ihn eingeladen haben, bei dem Spiel zuzusehen, Miss Reynolds.“
„Keine Ursache.“ Megan gab sich alle Mühe, Alessandro nicht anzusehen. „Ich … ja, eigentlich wollte ich Sie fragen, ob Dominic nicht am Fußballtraining teilnehmen kann, Mrs Park?“
„Oh, das wir wohl leider nicht gehen …“
Noch bevor seine Mutter ausgesprochen hatte, hüpfte Dominic aufgeregt auf und ab.
„Möglicherweise verklagt er Sie, wenn Sie nicht einwilligen“, gab Megan locker zu bedenken, was der taffen Anwältin sogar ein Lächeln entlockte. Megan gestand sich deprimiert ein, dass es ihr schwerfiel, Victoria Parks nicht zu mögen, denn unter der harten, geschliffenen Schale blitzte immer wieder eine nette Person durch.
„Nun, denken Sie darüber nach. Ich muss mich jetzt entschuldigen, denn ich brauche dringend eine Dusche. Fröhliche Weihnachten!“
Obwohl sie bis dahin nicht ein einziges Mal in Alessandros Richtung geblickt hatte, spürte sie genau, dass er sie ansah. Zwei Minuten in seiner Gegenwart genügten, und all ihre Gedanken drehten sich schon wieder um ihn. Das war noch deprimierender als die Tatsache, dass sie seine Verlobte nicht hassen konnte.
Megan flüchtete in die Umkleidekabine, wütend auf Alessandro, weil er ihr so selbstgefällig unter die Nase rieb, dass er die perfekte Frau gefunden hatte. Und wütend auf sich selbst, weil sie immer noch so heftig auf ihn reagierte. Das war nicht fair.
Sie warf gerade all ihre schmutzigen Sachen in die Sporttasche, als ein Geräusch sie aufblicken ließ. Der, um den ihre Überlegungen kreisten, stand mit verschränkten Armen auf der Schwelle zur Kabine und beobachtete sie.
„Was hast du hier zu suchen? Dies ist die Damenumkleidekabine, falls es dir entgangen sein sollte!“
„Die einzige Frau hier bist du. Ich habe draußen gewartet. Alle anderen sind schon seit einer Viertelstunde weg. Deshalb wollte ich lieber nachschauen, ob dir womöglich schlecht geworden ist.“
„Nun, wie du siehst, geht es mir bestens, als kannst du jetzt verschwinden.“ Nach dem Duschen hatte sie sich die trocken geföhnten Locken zu zwei kurzen, dicken Zöpfen geflochten. Bekleidet mit Jeans, Sweatshirt und ihrem zwar wenig modischen, aber unverwüstlichen Anorak war sie gegen Wind und Wetter gewappnet.
„Du hast wirklich gut gespielt. Fußball. Hm … warum überrascht mich das nicht?“ Draußen auf dem Platz, über und über mit Matsch bedeckt, hatte sie wie eine sehr niedliche, ungestüme kleine Göre gewirkt.
„Was willst du
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