Das Ende der Galaxis
der Ersten Galaxis hatte fünfhundert Jahre lang stetig abgenommen, weil die Menschen sich weigerten, dieses sterbende Universum weiterhin zu bevölkern. Nun gab es nicht mehr als zehn Millionen Menschen, während es früher einmal über sechshundert Milliarden gewesen waren. Und die verbliebenen Millionen reagierten zumeist würdelos und ohne Überlegung.
Manche schmiedeten fieberhaft Pläne und glaubten noch immer daran, irgendwie entkommen zu können. Andere vertrauten plötzlich nicht mehr auf die Wissenschaft, die es den Menschen ermöglicht hatte, dreihundert Millionen Planeten zu erreichen und zu besiedeln; sie trösteten sich mit der Illusion, die menschliche Zivilisation werde ewig fortbestehen. Viele stürzten sich in wüste Orgien, um die bevorstehende Katastrophe zu vergessen, während andere unvorstellbare Verbrechen begingen, um den gleichen Zweck zu erreichen. Raumschiffe, deren Besatzungen vor Verzweiflung und Rauschgiftmißbrauch halb wahnsinnig waren, plünderten und mordeten auf hilflosen Planeten, um nur nicht an die Zukunft denken zu müssen. Bisher hatte die Expedition zur Erde dieser allgemeinen Verzweiflung Widerstand geleistet. Aber nun breitete dieses Gefühl der Hilflosigkeit sich auch hier aus.
Ron Hort ließ die Kolonne hinter sich; er bewegte sich rasch über die weiten Eisflächen und näherte sich der steil aufragenden Felswand, die vor ihm den Horizont begrenzte. Nun war bereits das Gebäude am Fuß der Wand zu erkennen; dort lag auch ein ganzer Berg aus großen und kleinen Eisbrocken, was natürlich bedeutete, daß hier unter dem Eis geschürft wurde.
Der Mann hielt vor dem Gebäude, schnallte die Kufen ab und ging langsam auf die beiden Lampen zu, die den Eingang bezeichneten. Eine Tür öffnete sich, und er betrat die Wärmeschleuse, in der sein Schutzanzug sofort mit Reif bedeckt war.
Als er die innere Tür der Schleuse öffnete, rief eine Stimme: »Willkommen, Ron Hort! Ich muß dir gleich etwas zeigen! Das wissen nicht einmal unsere Gedächtnismaschinen!«
Hier im Innern des Gebäudes leuchtete künstlicher Sonnenschein. Sart Voorn trat an Ron heran und schüttelte ihm die Hand. Hinter ihm lächelte seine Frau, aber in ihren Augen stand ein besorgter Ausdruck.
»Sart, ich bringe schlechte Nachrichten«, erklärte Ron seinem Gastgeber.
Sali, Sarts Frau, wurde blaß.
»Meinst du das Ende?« fragte Sart. »Wie lange haben wir noch Zeit?«
Ron schüttelte den Kopf. »Unsere Voraussage hat sich nicht geändert«, stellte er fest, »aber in der Kuppel ist eine ungünstige Entscheidung gefallen.«
Sart schnaubte erleichtert. »Du hättest mich fast erschreckt! Hör zu, Ron, ich habe etwas entdeckt, mit dem sich die Katastrophe vielleicht abwenden läßt, wenn wir herausbekommen, wie es funktioniert.«
Ron zuckte mit den Schultern. Die Katastrophe ließ sich nicht aufhalten – das wußte schließlich jeder vernünftige Mensch.
»Du bekommst keinen Nachschub mehr, Sart«, erklärte er dem anderen, »weil du in die Kuppel zurückkehren sollst. Wir sind hier nur fünfhundert Menschen, die nach einem Ausweg gesucht haben. Wir haben die Städte der Alten aus den Gletschern ausgegraben und haben sie zwei Jahre lang durchsucht, ohne etwas zu finden. Die anderen haben schon längst aufgegeben, und du sollst jetzt auch zurückkommen. Ich bin mit einer Gruppe hier, um dich, Sali und den Jungen abzuholen. Wo ist er übrigens?«
»Er schläft«, antwortete Sart. »Mit einem Jahr brauchen Kinder noch viel Schlaf. Weiter, Ron.«
»Wir wollen deine Geräte mitnehmen«, fuhr Ron verlegen fort, »aber wir haben keine Vorräte mitgebracht. Die anderen sind der Meinung, daß wir nur noch das Ende abwarten können; sie wollen nichts mehr versuchen.«
»Geschlagen, was?« fragte Sart grimmig. »Der Teufel soll sie holen! Ich bleibe mit meiner Familie hier! Wir kämpfen bis zuletzt!«
»Das wäre mir auch am liebsten«, stimmte Ron zu. »Hana und ich … Aber sie will mich nicht heiraten. Sie ist der Meinung, daß das Ende um so schrecklicher wäre, je glücklicher wir zuvor gewesen wären.«
Sali nickte ernst. »Sie hat recht«, behauptete sie. »Ich habe unserem Sohn das Leben geschenkt, weil Sart dem Schicksal trotzen wollte. Aber das hätte ich nicht zulassen dürfen! Er ist nur auf die Welt gekommen, um mit ihr unterzugehen! Das war grausam … grausam …«
Sie begann zu schluchzen, und Sart legte ihr unbeholfen eine Hand auf die Schulter.
»Vielleicht habe ich mich geirrt«, meinte
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