Das Ende der Geduld
Bereich der sogenannten Jugendgruppengewalt, wozu Raub, Erpressung, Körperverletzung, Bedrohung und Sachbeschädigung zählen, wird ein Rückgang um ca. 20 Prozent festgestellt. Rohheitsdelikte wie gefährliche Körperverletzung und Raub ohne Gruppenbezug sind rückläufig, stagnieren jedoch auf relativ hohem Niveau bei 24,5 Prozent gegenüber 25,2 Prozent in 2007 der zur Tatzeit 14- bis noch nicht 21-Jährigen gegenüber den Erwachsenen.
Dies sind die Kernaussagen, die der Berliner Polizeipräsident und der Innensenator im Frühjahr 2009 zu verkünden hatten. Dieser an sich positive statistische Trend scheint jedoch nicht der Wahrnehmung von Teilen der Bevölkerung zu entsprechen, weshalb sich die Frage erhebt, inwieweit den Zahlen auch eine valide Aussagekraft innewohnt bzw. ob nicht bereits die PKS selbst andere Deutungen zulässt.
Kriminalität ist nach wie vor überwiegend männlich, obwohl die junger Frauen in den letzten Jahren zunimmt. Begingen sie früher überwiegend Diebstähle, sind sie mittlerweile insbesondere im Bereich der Körperverletzung stärker vertreten. „Zickenalarm" endet nicht selten mit schweren Misshandlungen, speziell das Herausreißen der riesigen Kreolen aus den Ohrlöchern ist eine blutige und häufig angewandte Methode. Meistens geht es um vorangegangenes Mobbing in der Schule oder im Wohnumfeld, die die Körperverletzung begleitende Wortwahl ist unschön, Begriffe wie „Hure", „Schlampe", „Nutte" haben Standardcharakter erlangt. Mir fällt auf, dass auch die weiblichen Angeklagten bei der Tatbegehung häufig alkoholisiert sind, und man wundert sich manchmal, zu welcher Brutalität solch zarte Gestalten unter Schnaps oder anderen Drogen stehend fähig sind. Insgesamt kann aus meiner Sicht aber behauptet werden, dass kriminelles Verhalten junger Frauen noch deutlich episodenhafter ist als das der Männer; insbesondere im Bereich der Intensivtäter gibt es nahezu keine Frauen. Sie sind nach wie vor im Schnitt durch Interventionen besser zu erreichen, hören bei der Gerichtsverhandlung eher zu, zeigen Einsicht in ihr Fehlverhalten, erfüllen ihre Auflagen zuverlässiger und schneller.
Laut PKS Berlin betrug der Anteil der weiblichen Tatverdächtigen in 2008 immerhin 27,9 Prozent. Statistisch gesehen stehen hier Diebstahl und Schwarzfahren im Vordergrund, unterdurchschnittlich fällt der Anteil der jungen Frauen bei Sachbeschädigung, Rauschgiftdelikten (zumindest auf der Dealer-Seite), Raubtaten und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte aus. Interessant finde ich, dass es so gut wie keine Sachbeschädigung in Form von Graffiti gibt, die durch Mädchen begangen wird, genauso wie im Übrigen junge Männer mit Migrationshintergrund zwar allerlei Straftaten begehen, in diesem Deliktsfeld aber ebenso stark unterrepräsentiert sind. Bei den weiblichen Tatverdächtigen unter 21 Jahren weist die PKS 2009 einen Anteil von 4,3 Prozent bei Graffiti-Vergehen auf, was extrem wenig ist. Bezogen auf den Anteil der nichtdeutschen Jugendlichen begehen hingegen die deutschen Jugendlichen 1,7-mal häufiger Sachbeschädigung durch Schmierereien in der Öffentlichkeit. Im Vergleich dazu tauchen jugendliche männliche Personen mit Migrationshintergrund in der PKS überproportional häufig im Bereich der Gewaltdelikte auf. Im Verhältnis zu ihrem Bevölkerungsanteil wurden Jugendliche nichtdeutscher Herkunft 2,2-mal häufiger wegen Sexualdelikten, 1,7-mal häufiger wegen Straßenkriminalität, 2,3-mal häufiger wegen Gewaltkriminalität, 2,3-mal häufiger wegen gefahrlicher und schwerer Körperverletzung, 2,4-mal häufiger wegen Straßenraubes und dreimal häufiger wegen Schwarzfahrens belangt als männliche deutsche Jugendliche.
Insgesamt lag im Jahr 2008 der Anteil der jugendlichen Tatverdächtigen bezogen auf alle Straftaten bei 9,9 Prozent. Der entsprechende Bevölkerungsanteil bewegt sich hingegen lediglich bei 3,2 Prozent. Ähnlich verhält es sich bei den Heranwachsenden mit einem Anteil von 9,6 Prozent der Tatverdächtigen bei einem Bevölkerungsanteil von 3,3 Prozent. Über den Zeitraum von zehn Jahren betrachtet ist zu erkennen, dass der Anteil der unter 21-Jährigen an der Berliner Gesamtbevölkerung von 20,5 Prozent auf 17,8 Prozent gesunken ist. 4,1 Prozent aller ermittelten Tatverdächtigen waren Kinder, deren Bevölkerungsanteil bei 11,3 Prozent liegt. Vor diesem Hintergrund ist der der PKS 2008 zu entnehmenden Abnahme der Jugendkriminalität von 26,5 Prozent in 1999 auf 23,6 Prozent
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