Das Ende der Geduld
Verfahren und hat auf diese Weise stets den Überblick, welche Taten wer mit wem begangen hat, wobei auch diejenigen Verfahren herangezogen werden, die der Jugendliche im strafunmündigen Alter, sprich vor Erreichen des 14. Lebensjahres, ausgelöst hat. Auf dieselbe Weise wird bei der Polizei vorgegangen. Die Einrichtung der Abteilung 47 der Staatsanwaltschaft Berlin in 2003, die die Intensivtäterverfahren bearbeitet, war nie unumstritten. Einige Jugendrichterkollegen, Vertreter des Jugendamtes, Strafverteidiger und Kriminologen vertreten die Auffassung, der Begriff stigmatisiere. Diese Ansicht teile ich nicht. Schließlich begeht der Täter erst die Delikte und erhält dann die Bezeichnung „Intensivtäter" und nicht umgekehrt.
Die Staatsanwaltschaft führt entsprechend ihrer Definition zurzeit etwa 550 Personen als Intensivtäter. Hiervon unterfallen etwa drei Viertel der Zuständigkeit des Jugendrichters, sind also bei Tatbegehung zwischen 14 und 21 Jahre alt. Insgesamt hört sich diese Zahl für eine Millionenstadt wie Berlin beruhigend an. Man darf aber nicht außer Acht lassen, dass laut einer Studie von Prof. Claudius Ohder, die bezogen auf 264 Intensivtäter im Auftrag der Berliner Landeskommission gegen Gewalt angefertigt wurde, von diesen Beschuldigten knapp 7000 Straftaten begangen wurden (Heft Nr. 26 des „Berliner Forums Gewaltprävention"). Da es sich hierbei um erhebliche Delikte handelt, verschiebt sich der Eindruck der Harmlosigkeit ein wenig. Hochgerechnet auf die momentane Anzahl von 550 Intensivtätern ergibt sich eine bedenkliche Anzahl gravierender Straftaten, durch die Tausende von Opfern geschädigt wurden.
Die Berliner Polizei zählt sodann noch zusätzlich im Rahmen der täterorientierten Ermittlungen (TOE) die „Kiezorientierten Mehrfachtäter (KoMT)", die im Umfeld ihres Aufenthalts- und Wohnortes minder schwere, aber das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung beeinträchtigende Straftaten begehen, und die „Schwellentäter (ST)", die unter 21 Jahre alt sind, wiederholt - in der Definition der Staatsanwaltschaft mindestens fünfmal - durch Gewalttaten auffallen und bei denen die Wahrscheinlichkeit einer kriminellen Karriere hoch ist. Auch hier sind Sondersachbearbeiter tätig. Die Anzahl der im Folgenden dargestellten Zahlen ist nicht der Maßstab für das jährliche Ausmaß der Kriminalität, da die Erhebungen nicht einem Jahreszyklus folgen, sondern kumulativ erfasst werden. Dennoch lassen die Daten Schlüsse zu. Die Polizei führt laut PKS 2009 1354 Personen im TOE-Programm, von denen 390 jugendlich und 488 heranwachsend sind, das entspricht 64,8 Prozent. Bezogen auf den oben dargestellten Bevölkerungsanteil ist dies eine bemerkenswerte Feststellung.
Ein weiterer, nicht zu übersehender Umstand findet sich in der Berücksichtigung des sogenannten Migrationshintergrundes der Täter. Von den polizeilich erfassten jugendlichen und heranwachsenden Intensivtätern haben inzwischen 71 Prozent einen Migrationshintergrund. In Neukölln sind es sogar mehr als 90 Prozent. Insgesamt kommt die PKS 2009 zu dem Ergebnis, dass, je schwerer die Delikte sind, desto höher der Anteil der Einwanderer bzw. ihrer Kinder ausfallt. Ein vergleichbares Bild ergibt sich bei der Auswertung der Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft. Auch hier liegt der Anteil der Intensivtäter mit Migrationshintergrund bei inzwischen 80 Prozent. Die Aufteilung innerhalb der migrantischen Communi-tys ist ebenfalls erwähnenswert, da die „staatenlosen palästinensischen" Jugendlichen und Heranwachsenden mit etwa 43 Prozent, die türkischen mit ca. 34 Prozent zu Buche schlagen. Deutsche, Vietnamesen, Russen und Angehörige der Balkanstaaten schließen sich an.
Übrigens verkündete auch der damalige Bundesinnenminister Schäuble im Juni 2009, dass Deutschland ein sicheres Land sei. Zwar seien die bevölkerungsreichen Großstädte Berlin, Hamburg, Köln, München und Frankfurt am Main wiederum die Kriminalitätszentren, wobei Frankfurt mit 15.976 Straftaten pro 100.000 Einwohner den Spitzenplatz einnehme. Allgemein hätten die Fahrraddiebstähle und Wohnungseinbrüche am Tage zugenommen, während Diebstähle ansonsten rückläufig seien. Eine Zunahme sei beim Ausspähen von Computerdaten sowie bei Betrügereien durch rechtswidrig erlangte Daten von Zahlungskarten zu verzeichnen, hier mit 107 Prozent sogar signifikant. Dafür gebe es eine Entspannung bei den Gewalttaten, nämlich einen Rückgang um 3,2 Prozent. Immerhin wird
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