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Das Ende der Geduld

Das Ende der Geduld

Titel: Das Ende der Geduld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Heisig
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vielleicht noch als Wanderarbeiter bezeichnet, sind arme Kreaturen, die sich zum Teil unter Begleitung ihrer Frau und der gesamten Kinderschar aus Rumänien auf die Socken machen, weil man ihnen dort erzählt hat, in Deutschland finde man jederzeit Arbeit. Dann kommen sie z. B. nach Berlin und müssen erst einmal irgendwo unterkommen. Per Buschfunk, der in allen anderen Kulturen außer der deutschen prächtig funktioniert, oder durch gezielte Steuerung durch entsprechende Bandenstrukturen, was ich für wahrscheinlicher halte, geraten dabei viele Menschen in einige spezielle Häuser im Kiez. Dort melden sie sich polizeilich an. Ja, das ist in Berlin im Jahre 2009 möglich: Ohne Mietvertrag oder sonstigen Nachweis, dass man tatsächlich dort wohnhaft ist, meldet man sich in irgendeiner Wohnung an. Aufgrund der EU-Osterweiterung im Jahr 2007 kann der „Wanderarbeiter" sich jedenfalls ohne behördliches Hindernis beim Bürgeramt registrieren lassen. Da ich inzwischen viele Anklagen zustellen lassen muss, von denen Roma betroffen sind, ist selbst mir beim bloßen Aktenstudium aufgefallen, dass Än bestimmtes Haus eigentlich über diverse Anbauten verfügen müsste, damit die gemeldeten Personen dort auch leben können. Leben? Das ist ein dehnbarer Begriff. In einer Zweizimmerwohnung hausen manchmal zehn Menschen und mehr. Sie schlafen auf verschmutzten Matratzen ohne Laken und sind damit noch besser dran als diejenigen, die auf der Straße oder im Auto nächtigen. Natürlich gibt es den Komfort in der Wohnung nicht umsonst. Ein Platz kostet schon seine 100 bis 200 Euro im Monat. Macht bei zehn Personen? Wer verdient denn da so einfach und gut, zumal wenn man bedenkt, dass in einem Haus mehrere Wohnungen derartig genutzt werden? Nach meinen Erkenntnissen kann das folgendermaßen vonstattengehen: Dem Vermieter ist es gleichgültig, wer die Wohnung anmietet. Die Gebäude sind in einem derartig katastrophalen Zustand, dass er froh ist, wenn jemand einzieht und sogar noch zahlt. Die Dächer sind undicht, die Wohnungen feucht und schimmelbefallen. Die Treppengeländer sind, sofern überhaupt vorhanden, brüchig, Leitungen hängen aus den Wänden. Es existiert keine Schließanlage, die Wohnungstüren stehen offen. Manche Bewohner brauchen auch gar keine Haustür: Sie klettern durch die Fenster in den Erdgeschosswohnungen. Die Vermüllung des Hinterhofes spottet jeder Beschreibung. Ich habe, da ich mir bevorzugt selbst ein Bild von der Lage mache und außerdem meine Angeklagten suche, die betreffenden Häuser aufgesucht und zwar die eben beschriebene Situation, aber leider keine Angeklagten bzw. auch nur ein Namensschild von ihnen vorgefunden.
    Der Hauseigentümer schließt nach meinen Informationen einen Mietvertrag mit einer Person, die meist nicht in die Wohnung einzieht. Vielleicht bezieht sie aber ALG 2, was zur Folge hätte, dass der Staat letztlich die Anmietung finanziert. Dann soll eine Ebene eingerichtet worden sein, die die „Untervermietung" in der oben dargestellten Weise durchführt und das Geld eintreibt. Die Vorstellung der saisonalen rumänischen Arbeitskräfte, legal zu arbeiten, erledigt sich nach kurzer Zeit, obwohl man in einem nahe gelegenen türkischen Imbiss eine Anlaufstelle und Kontaktbörse findet. Spätestens hier gibt es dann die Tipps, wie man auf dem schwarzen Arbeitsmarkt unterkommt. Das geht dann häufig so: Man findet sich, wie mir ein Angeklagter berichtete, morgens z. B. am Hauptbahnhof an einer bestimmten Stelle ein. Dann kommt ein kleiner Bus vorbei und sammelt die Menschen ein. Sie werden zu Baustellen gefahren, um dort der Schwarzarbeit nachzugehen. Wer Glück hat, bekommt 2 bis 5 Euro die Stunde - versprochen, was noch lange nicht heißt, dass auch gezahlt wird. Einige Männer arbeiten auf diese Weise ein paar Tage. Wenn sie dann nach dem Lohn fragen, kommt der Bus am nächsten Tag eben nicht mehr. Dann bleiben häufig nur noch Straftaten, um wenigstens die Matratze bezahlen zu können. Es werden im Supermarkt möglichst viele Schnapsflaschen geklaut und auf der Straße verkauft. Das ist ja auf der Schillerpromenade kein Problem. Da wird ständig Nachschub benötigt. Natürlich ist das Entdeckungsrisiko bei den Ladendiebstählen relativ hoch. Die Menschen sehen heruntergekommen aus und befinden sich sofort im Fokus der „Security-Leute".
    Man darf die Situation im Schillerkiez mithin als zugespitzt bezeichnen.
    Nun zum Quartiersmanagement in der Schillerpromenade. Es besteht seit 1999

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