Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
Gegenüber am Ende meistens nur davon, dass Sie tatsächlich einen geringeren Status haben.«
Bowles gibt zu, dass diese Strategie einen Drahtseilakt erfordert und einen in den Wahnsinn treiben kann. Außerdem ist sie eigentlich eine Beleidigung für das eigene Ego, weil man kapitulieren muss. »Wenn wir Einfluss auf die Ergebnisse unserer Experimente hätten«, schreibt sie, »würden wir uns für eine befreiendere Botschaft entscheiden.« Andererseits ist dieser Ansatz sehr pragmatisch und damit doch wieder auf seine Art befreiend. Wenn Frauen verhandeln, kommen leicht Emotionen ins Spiel: übertriebene Bescheidenheit, Scham, Unmut, Wut. Solche Gefühle sind nicht gerade hilfreich für eine vernünftige Argumentation. Bowles’ Strategie bietet Frauen die Möglichkeit, sich auf etwas anderes zu konzentrieren, etwas, was ihnen vielleicht sogar eher liegt: Sie schaffen eine überzeugende Argumentation, die erklärt, warum ihre eigenen Bedürfnisse denen der Firma entsprechen.
Eine weibliche Führungskraft, die sich von Bowles beraten ließ, fand heraus, dass einer ihrer männlichen Untergebenen mehr verdiente als sie. Am liebsten wäre sie schnurstracks ins Büro ihres Chefs marschiert und hätte ihm gesagt, wie ungerecht und empörend sie das fand – und das war es ja auch. Doch mit Bowles’ Hilfe überlegte sie sich einen anderen Text, in dem zwar auch die Ungerechtigkeit dieser Situation vermittelt wurde, aber in gemäßigtem Ton. Sie verwies auf allgemeine Standards, nicht auf ihre persönliche Empörung: »Ich weiß, dass dieses Unternehmen keine Struktur haben will, in der Untergebene mehr verdienen als ihre Vorgesetzten.« Sie lernte ihren Text und achtete darauf, nicht laut zu werden. Sie bekam die Gehaltserhöhung.
Eine andere Frau, die von Bowles beraten wurde, wurde gebeten, die Gleichstellungsinitiative ihrer Kanzlei zu leiten. Sie vermutete, dass man sie damit nur ruhigstellen und von ihrer eigenen erfolgreichen Karriere abbringen wollte. Eigentlich wollte sie ihrem Chef direkt sagen, dass diese neue Aufgabe ihrer Karriere im Weg stehen würde. Bowles schlug einen anderen Weg vor: »Wenn ich Sie richtig verstehe und wenn Sie wollen, dass diese Position über die erforderliche Autorität verfügt, sollte sie meiner Meinung nach auch mit Stufe ____ vergütet werden und einen entsprechenden Titel haben.« Sie beschwerte sich also nicht, bekam die gewünschte Beförderung, und die Gleichstellungsinitiative erhielt einen neuen Stellenwert und mehr Autorität.
In ihrem Buch Knowing Your Value beschreibt die Fernsehmoderatorin Mika Brzezinski, die sich ebenfalls von Bowles beraten lässt, ihre eigenen ungeeigneten Versuche, um eine Gehaltserhöhung zu bitten. Bei ihrem ersten Vorstoß entschuldigte sie sich wieder und wieder bei Phil Griffin, dem Präsidenten des Nachrichtensenders MSNBC . »Es tut mir leid«, »ich möchte keine Probleme machen«, »ich möchte wirklich nicht wie eine Diva wirken«. Das führte natürlich zu nichts. Bei ihrem zweiten Versuch probierte sie es mit einer Kombination aus Wut und Angeberei, die sie bei ihrem Komoderator Joe Scarborough beobachtet hatte. »Das ist lächerlich, das lasse ich mir nicht mehr länger gefallen!«, rief sie und stieß Phil gegen die Schulter, wie sie es bei Joe gesehen hatte. Griffin sah sie an, als ob sie völlig durchgedreht wäre, und boxte zurück. Aber schließlich schaffte sie es doch noch, und zwar indem sie »nicht wütend wurde und nicht jammerte. Ich brachte einfach die Argumente in meinen eigenen Worten vor: ›Du bist ein schlechter Freund. Weißt du, was das heißt, Phil? Du nimmst und nimmst die ganze Zeit, gibst aber nichts ab. Hör auf damit und lerne zu teilen.«
Bei meinen Gesprächen mit weiblichen Führungskräften erfuhr ich, dass viele diese Lektion gelernt hatten, und die meisten hatten die Zähne zusammengebissen und sich daran gehalten. Indra Nooyi, CEO bei Pepsi, erinnerte sich an eine ihrer ersten Vorstandssitzungen, als sie noch nicht lange bei der Firma war. Irgendjemand stellte einen dubiosen Dreijahresplan vor. Die meisten sprachen sich dagegen aus, formulierten es aber vorsichtig: »Das ist sehr interessant, aber Sie sollten es vielleicht noch einmal unter einem anderen Blickwinkel betrachten.« Nooyi sagte ganz direkt: »Das ist Mist. Das wird so nie funktionieren.« Danach nahm ein männliches Vorstandsmitglied sie beiseite und erklärte ihr, wenn sie in der Firma bleiben und vorankommen wolle, müsse sie ihren Ton
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