Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
oder Sondervereinbarungen an: flexible Arbeitszeiten, Arbeit von zu Hause aus, Zeitarbeit. Der Arbeitsmarkt hat sich in einen riesigen orientalischen Basar verwandelt, und die Frauen lassen sich womöglich die besten Gelegenheiten entgehen! Im Allgemeinen sind Frauen gar keine schlechten Verhandlungspartner – etwa im Namen ihrer Firma, für ihre Kinder oder Freunde. Aber wenn es um sie selbst geht, zögern sie. Folglich erkennen sie manche Chancen einfach nicht. Sie scheinen davon auszugehen, dass sie nur hart genug arbeiten müssen, dann würde man sie schon dafür belohnen.
Entsprechend dieser Tendenz erschien eine Fülle von Ratgebern, die Frauen den Rücken stärken sollten und Titel hatten wie Nice Girls Don’t Get the Corner Office; Play Like a Man, Win Like a Woman und Stop Sabotaging Your Career. Auch Babcock verfasste zusammen mit Sara Laschever einen Ratgeber, Ask for It , in dem die beiden erklären, »wie Frauen in Verhandlungen das bekommen, was sie wirklich wollen«. Der Inhalt dieser Ratgeber geht schon aus dem Titel hervor: Wer befürchtet, »andere zu kränken«, »zu schnell einen Rückzieher macht« oder sonst ein »mädchenhaftes Verhalten« am Arbeitsplatz an den Tag legt, wie Lois Frankel mahnt, die Autorin der Nice Girls- Reihe, »sabotiert die eigene Karriere!«.
Doch noch während immer weitere Karriereratgeber auf den Markt kamen, nahm die Forschung eine kuriose Wendung. Immer mehr Studien kamen zu dem Schluss, dass Frauen, die nicht den weiblichen Stereotypen entsprachen – die direkt eine Gehaltserhöhung verlangten, die ihre eigenen Leistungen hervorhoben und dafür Anerkennung einforderten oder es versäumten, für andere Kollegen einzuspringen und ihnen zu helfen –, einen hohen Preis bezahlten. Sie wurden als schroff oder unsympathisch beurteilt, man arbeitete nicht gern mit ihnen zusammen, wollte sie nicht als Chefin und – noch schlimmer – gewährte ihnen keine Gehaltserhöhung und war nicht bereit, ihnen Anerkennung zu zollen. Da war wieder der böse Twitch , das allgemeine Zusammenzucken, das verhinderte, dass der Angriffsplan »Alle Schwestern zu den Waffen« funktionierte. Anscheinend war die Welt noch nicht bereit für böse Mädchen im Büro.
Im ganzen Land wurden verschiedene Arbeitsplatzszenarien getestet, doch das Ergebnis war immer dasselbe: Aggressiv auftretende Frauen wurden schlechter bewertet als zögerlich wirkende Frauen. Einer Frau, die ihre Leistung selbst in den Vordergrund stellt, spricht man soziale Kompetenz ab. Dasselbe gilt für Frauen, die am Arbeitsplatz aus irgendeinem Grund wütend werden. In einem Szenario wollen einige Kollegen gerade zu einer Büroparty gehen, als ein anderer Kollege auftaucht und völlig in Panik ist, weil der Kopierer kaputt ist und er dringend einen Auftrag fertig machen muss. Er braucht Hilfe, um von Hand die 500 Seiten zusammenzutackern, die er kopiert hat. Die Frauen, die ablehnen und einfach auf die Party gehen, wurden von den Testpersonen gnadenlos verurteilt. Männer, die sich genauso verhielten, wurden dagegen überhaupt nicht kritisiert. Männer können sich laut Urteil der Testpersonen freundlich und kollegial verhalten, müssen aber nicht. Für Frauen ist ein kollegiales Verhalten dagegen Pflicht.
Besonders ernüchternd ist wohl ein Experiment, das 2004 von Madeline Heilman durchgeführt wurde, einer Psychologin an der New York University. Heilman teilte den Testpersonen Unterlagen mit Informationen über einen bestimmten Mitarbeiter aus, der Assistent des Vorstands bei einem Flugzeughersteller war. In einigen Fällen hieß es, es gebe noch keine Beurteilung des Mitarbeiters. In anderen Fällen gab es eine Beurteilung, er wurde als »brillanter Leistungsträger« oder »aufsteigender Stern« bezeichnet. Der einzige weitere Unterschied bestand darin, dass der Mitarbeiter in einigen Unterlagen »James« hieß und in anderen eine Mitarbeiterin namens »Andrea« war. Die Testpersonen, die glaubten, der Mitarbeiter sei noch nicht beurteilt worden, bewerteten Andrea und James gleich. Doch bei denjenigen, denen der Mitarbeiter/die Mitarbeiterin als »aufsteigender Stern« beschrieben worden war, gingen die Meinungen weit auseinander.
Man sollte meinen, dass eine Frau, die es bis in die Führungsetage eines Flugzeugherstellers gebracht hat, für diese Leistung eine Eins mit Sternchen verdient hätte. Weit gefehlt. Die Testpersonen stuften den aufsteigenden Stern Andrea als weit unsympathischer ein und beurteilten sie
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