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Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)

Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)

Titel: Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Rosin
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etwas mäßigen. »Er half mir, meine Einstellung zu ändern«, sagte sie. »Die ganze Firma wird sich nie bewegen und dir entgegenkommen. Das ist einfach nicht realistisch.« Das sei ihre erste Lektion gewesen, erklärte sie, bei der sie gelernt habe, wie man in einem von Männern dominierten Umfeld überlebt.
    Die Facebook-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg rät Frauen immer, in dem Ton zu verhandeln, den auch Bowles seit ihrer Studie empfiehlt. Sandbergs Version des Textes würde etwa so lauten: »Ihnen ist klar, dass Sie mich eingestellt haben, um die Abteilung für Unternehmensentwicklung zu leiten. Sie wollen daher sicher, dass ich gut verhandeln kann. Tja, und da wären wir. Ich würde jetzt verhandeln.« Sandberg ist mit der Frauenrechtsikone Gloria Steinem befreundet, doch bei diesem pragmatischen Ansatz sind sich die beiden schon lange uneinig. »Aber ich sage, du musst dein Ego beiseiteschieben und nach den Regeln spielen, damit du nach oben kommst und etwas verändern kannst. Schau, da bin ich nun bei Facebook, in einer Position, in der ich fünf Monate bezahlte Elternzeit einführen kann. Hat sich das nicht gelohnt?«
    Emily White ist eine von Sandbergs jungen Schützlingen und hat zögernd Sandbergs Auftrag angenommen, sich an die Regeln zu halten. »Ich bin ein sehr aggressiver Mensch. Ich habe sehr ausgeprägte Ansichten und bin sehr wettbewerbsorientiert und erwarte, dass die Menschen in meinem Umfeld genauso sind«, erklärt White. »Aber ich habe wirklich versucht, meinen Stil zu ändern und meine Zunge mehr im Zaum zu halten. Ich frage andere immer aktiv nach ihrer Meinung, selbst wenn sie mich eigentlich nicht interessiert. Und ich halte mich mehr zurück und verwende nicht ganz so starke Formulierungen.« Sie fügt hinzu: »Das macht mich wahnsinnig. Ich bin mir nicht sicher, wie lange ich das durchhalte.« Whites ablehnende Haltung zu diesem erzwungenen Imagewechsel ist vielleicht ein hoffnungsvoller Hinweis darauf, dass diese schmerzhafte Übergangsphase nicht ewig währen wird, dass wir schon näher am Wendepunkt sind, als uns bewusst ist, und dass es bald genug Frauen vom Typ einer Emily White an der Macht geben wird, die nicht mehr so behutsam auftreten müssen.
    Frauen lernen vielleicht mit der Zeit, diesen Drahtseilakt zu perfektionieren. In ihrer unbegrenzten Wandlungs- und Anpassungsfähigkeit treffen sie vermutlich genau den richtigen Ton zwischen weiblich und aggressiv, um vorwärtszukommen, ohne dass andere misstrauisch werden. Aber selbst wenn sie diese äußerlichen Hindernisse überwinden, gibt es noch andere, in gewisser Weise tiefer sitzende Barrieren, die sie behindern.
    Frauen schleppen psychischen Ballast mit an den Arbeitsplatz: eine seit langem bestehende ambivalente Haltung zu ihrem eigenen Ehrgeiz, eine Empfindlichkeit gegenüber Eigenwerbung, das Gefühl der Verpflichtung gegenüber der Familie, die sie ihren Ehemännern nicht überlassen wollen oder können, eine Vorstellung von Befriedigung, die weit mehr umfasst als Erfolg im Beruf, und ein allgemeines Gefühl der Verwundbarkeit. Diesen Ballast tragen Frauen offenbar ständig mit sich herum, unabhängig davon, wie mächtig sie werden. Das ist verständlich, wenn man bedenkt, dass die meisten Arbeitsplätze so starr strukturiert sind, dass Frauen immer das Gefühl gegeben wird, sie würden um einen besonderen Gefallen bitten. Doch das sind eben auch die Gründe, warum Frauen am Ende eines Jahres 10 000 Dollar weniger verdienen, wie Claudia Goldin es formuliert. Anders als manche Frauenzeitschriften behaupten, sind das keine »schlechten Angewohnheiten«, die Frauen überwinden müssen, sondern eher Neigungen, die sich eine Frau bewusstmachen sollte, bevor sie entscheidet, was sie beruflich erreichen will.
    Aus einer langfristig angelegten Studie an Absolventen der Business School der University of Chicago kennen wir den grundlegenden Karriereverlauf berufstätiger Frauen der Elite, in diesem Fall von Frauen, die Betriebswirtschaft studiert haben. Direkt nach dem Studium verdient eine Frau im Schnitt etwas weniger als ihre männlichen Kollegen, 115 000 Dollar im Vergleich zu 130 000 Dollar. Nach fünf Jahren beginnen die Einkommen von Männern und Frauen auseinanderzudriften. Die Frauen arbeiten weniger, manche hören auch komplett auf zu arbeiten. Nach fast einem Jahrzehnt haben die Frauen ein durchschnittliches Einkommen von 250 000 Dollar, die Männer dagegen von 400 000 Dollar.
    Warum? Was ist passiert? Wie

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