Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
ihr Mann Sex haben will, macht sie auch dann mit, wenn sie müde ist. »Ich will seinen Stolz nicht verletzen«, sagt sie.
Hwang bekam Hunderte von Briefen, nachdem sie ihre Anzeige aufgegeben hatte, und sie wurde als Rednerin zu vielen Veranstaltungen eingeladen. Sie glaubt, dass sie mit dazu beigetragen hat, das Klima für berufstätige Frauen in Südkorea zu verbessern. Nach der Anzeige verbesserte die Regierung die staatliche Kinderbetreuung für Frauen der unteren Einkommensschichten und ermunterte die Unternehmen energischer dazu, flexible Arbeitszeiten einzuführen. Auch hofft Hwang, dass junge Männer ihre Haltung zu berufstätigen Frauen verändern und mehr im Haushalt helfen. Was aber war mit ihrem Leben? Hatte es sich sehr verändert?
Eigentlich nicht. Vermutlich würde ihr beruflicher Alltag selbst eine hart arbeitende Amerikanerin schockieren. Sie verlässt das Haus morgens um 7 Uhr und kommt nachts zwischen 23 und 1 Uhr nach Hause. »In den meisten koreanischen Firmen wird erwartet, dass man bis spät in der Nacht arbeitet«, sagt sie. »Und jetzt bin ich die Chefin und muss mich um alles kümmern.« Ich frage sie nach dem Stundenplan ihres Sohnes, und dabei sehe ich das erste Mal kurz die Traurigkeit in ihrem Gesicht, die sie vielleicht damals zu ihrem dramatischen öffentlichen Geständnis veranlasste. Der Junge kommt um 15.30 Uhr aus dem Kindergarten nach Hause, aber danach geht er gleich weiter in zwei Nachhilfeschulen, wo er in Malerei, Musik, Taekwondo, Englisch, Koreanisch, Chinesisch und Mathematik unterrichtet wird. »Ich organisiere die Nachhilfe mit Hilfe der Kindermädchen.« Unter der Woche sieht sie ihren Sohn immer noch sehr selten, aber sie versucht, den größten Teil des Wochenendes mit ihm zu verbringen, wenn sie nicht zu müde ist.
»Ich hoffe, mein Sohn findet, dass ich eine gute Mutter war, wenn er erwachsen ist«, sagt sie. »Ich hoffe, er sieht mich als eine Person, die wichtige Dinge für seine Zukunft erreicht hat.«
Was ist die Lösung? Wie kann eine neue Generation von Südkoreanerinnen ihre Ziele erreichen, ohne dabei ihre Seelen zu zerstören? Eine der Lösungen, die im Gespräch sind, wollen die südkoreanischen Staatsbeamten nicht diskutieren, weil sie ihren ausgeprägten Nationalstolz verletzen würde und bei ihnen Zukunftsangst auslöst. Die Mitglieder der südkoreanischen Elite gehen heute entweder im Gymnasium, im Grundstudium oder im Aufbaustudium einige Zeit ins Ausland, um ihr Englisch zu verbessern. In Südkorea gibt es mehr Auslandsstudenten pro Kopf der Bevölkerung als fast in allen anderen Ländern. Familien, die es sich leisten können, ziehen ein paar Jahre in die Vereinigten Staaten oder nach Australien, und wem das zu teuer ist, der bringt seine Kinder bei Verwandten im Ausland unter.
Es herrscht die Vorstellung, dass Auslandsstudenten die Entwicklung der heimischen Volkswirtschaft fördern, wenn sie zurückkommen. Sie tragen dazu bei, dass die südkoreanischen Mischkonzerne weiter wachsen und die Südkoreaner ihre Produkte besser exportieren können. Sie verbessern die Stellung Südkoreas in der Weltkultur. Sie machen den Durchschnittskoreaner vom provinziellen Spießbürger zum gewandten Weltbürger. Leider passiert all dies insbesondere bei den Frauen häufig nicht. Sie erkennen im Ausland, dass die Frauen dort anders leben und keinen so hohen Preis zahlen müssen, um ihre Ziele zu erreichen. Es hat seinen Grund, dass der populärste Berufswunsch junger Südkoreanerinnen heute »Diplomatin« oder »internationale Führerin« lautet. Sie haben offenbar schon in der Highschool das Gefühl, dass sie eine Fluchtmöglichkeit brauchen könnten.
Yongah Kim besuchte eine der angesehensten Universitäten Seouls und machte dann ihren MBA an der Harvard Business School. Als sie 2001 ihr Studium abschloss, hatte sie Bewerbungsgespräche bei einem großen koreanischen Mischkonzern, einer koreanischen Bank und mehreren ausländischen Firmen, darunter Investmentbanken und Beratungsfirmen, die sich nach der Krise in den 1990er Jahren in Südkorea niedergelassen hatten. Bei den ausländischen Beratungsfirmen wurden ihr sehr spezifische, logische Fragen gestellt, zum Beispiel: »Wie würden Sie das Verkehrsproblem in Seoul lösen?« Bei den südkoreanischen Firmen waren die Fragen allgemeiner und zudringlicher: »Was sind Ihre Stärken? Haben Sie einen Lebensgefährten? Wollen Sie weiterarbeiten, wenn Sie heiraten?« Ein Interviewer sagte: »Nehmen wir an, Ihr Chef
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