Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
könnte: Die Entsendung eines soliden Blocks männlicher Anzugträger als Botschafter nach Frankreich oder Kanada passt nicht so recht zum coolen Auto der Zukunft. Vielmehr vermittelt sie den Eindruck, dass das Unternehmen in einem vergangenen Zeitalter steckengeblieben ist.
Je stärker sich Südkorea in die globale Kultur integrieren will, umso mehr werden sich die Führer des Landes anpassen müssen, und wenn sie dabei nicht von ihrem Bedürfnis nach Fairness und Gerechtigkeit motiviert sind, dann von ihrem Erfolgsstreben. Im Jahr 2000 entstand in Südkorea der Plan, sich als Gastland für die Olympischen Winterspiele zu bewerben. Es wollte damit einen großen Coup landen, denn bis dahin wurden die Spiele so gut wie immer von Europa und den Vereinigten Staaten ausgerichtet, immerhin musste das Gastland so wohlhabend sein, dass ein erheblicher Teil der Bevölkerung sich teure Freizeitaktivitäten und gut besuchte, luxuriöse Urlaubsorte leisten konnte. In der Folge versuchten die südkoreanischen Abgesandten ein Jahrzehnt lang relativ erfolglos, das Internationale Olympische Komitee ( IOC ) für ihr Land zu gewinnen. Schließlich analysierten sie die vergeblichen Bewerbungen und das Abstimmungsverhalten der Komiteemitglieder und erkannten den Grund für ihr Scheitern: Die koreanische Delegation war mit hochrangigen Geschäftsleuten besetzt, die kaum Englisch sprachen, und sie machten auf den Partys, wo Kontakte geknüpft wurden, keine gute Figur. Südkorea musste »ein moderneres Gesicht« zeigen, das »weniger unnahbar« wirkte.
Tatsächlich sagten Mitglieder der koreanischen Delegation zu der Fernsehmoderatorin Theresa Rah, die sie schließlich zu ihrer Kommunikationsdirektorin machten, dass sie »eine Frau brauchen«, wie sie mir erzählte, als wir uns in einem Café in Seoul trafen. Rah, deren Vater Diplomat war und die fließend Koreanisch, Englisch und Französisch spricht, wurde zur Sprecherin der südkoreanischen Bewerbungsdelegation für die Winterspiele 2018 in Pyeongchang ernannt. Auf der entscheidenden Sitzung gewann sie mit ihrer Präsentation die Komiteemitglieder für ihr Land und wurde in Korea sofort als das Symbol für die »perfekte berufstätige Frau« berühmt, wie es eine südkoreanische Zeitung formulierte. Die Rede der jugendlich und absolut charmant wirkenden Frau hätte man auch als Plädoyer für die südkoreanische Frau betrachten können, das sich an die Führung des eigenen Landes richtete. Sie forderte das IOC auf, »Menschen mit Sehnsucht und Talent die Instrumente zu geben, die sie für den Erfolg brauchen«. Und fuhr fort: »In diesem Wettstreit geht es um Träume, um die Anerkennung von menschlichem Potenzial.« Auf einer der Pressekonferenzen, auf denen verkündet wurde, dass Südkorea bei der Bewerbung um die Winterspiele Frankreich und Deutschland geschlagen hatte, erschien eine junge Frau in koreanischer Nationaltracht und bestand darauf, IOC -Präsident Jacques Rogge die Hand zu schütteln. Jetzt sei sie noch Studentin, sagte sie zu dem Vorsitzenden, aber »später will ich Präsidentin des IOC werden«.
Frauen wie Yongah bei McKinsey oder Theresa Rah gehören im heutigen Südkorea noch einer kleinen privilegierten Gruppe an. Sie besitzen eindrucksvolle ausländische Uni-Abschlüsse, sind mit weltgewandten Diplomaten befreundet und sprechen mehrere Sprachen fließend. Wenn es ihnen in Südkorea wirklich schlecht geht, können sie in die Schweiz oder nach Kalifornien fliehen. Demgegenüber kann es den normalen Südkoreanerinnen wie auch den Frauen in den meisten anderen neu industrialisierten Ländern schaden, wenn sie zu kosmopolitisch erscheinen oder dies auf die falsche Art tun. Die vielleicht schlimmste Beleidigung für die neuen Powerfrauen ist der Ausdruck »Sojapastenfrau«, der regelmäßig von der südkoreanischen Presse benutzt wird. Er bedeutet, dass diese Frauen Sojapaste essen, weil sie billig ist und sie mit dem eingesparten Geld ausländische Luxusprodukte kaufen wollen: Handtaschen von Louis Vuitton, Sonnenbrillen von Chanel und Starbucks-Kaffee für sechs Dollar, den sie zusammen mit ihrer Ein-Dollar-Paste zu sich nehmen. Mit anderen Worten: Sie begeht als Konsumentin Hochverrat.
In einem wunderbaren unveröffentlichten Paper verglich die Studentin Vivien Chung von der University of Chicago die Sojapastenfrau mit deren viel gepriesenem Gegenstück, der Fashionista. In den südkoreanischen Medien wird die Sojapastenfrau als peinliche Imitatorin fremder Stile
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