Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
der weiblichen Führungskräfte um 10 Prozent erhöht, steigt die Rentabilität der Firma um ein Prozent. Siegel zufolge liegt dies nicht nur daran, dass die Frauen schlechter bezahlt werden, sondern auch daran, dass Firmen, die mehr Frauen einstellen, beweglicher sind und besser auf neue Trends reagieren.
Als Yongah 1997 ihre erste Stelle in der Seouler Niederlassung einer amerikanischen Investmentbank annahm, waren Frauen in den Vorstandsetagen noch eine seltene Erscheinung, und ihre Kunden wussten nicht, wie sie mit ihr umgehen sollten. Sie streckte die Hand aus, aber niemand schüttelte sie. Männliche Führungskräfte schauten ihr nicht in die Augen. Viele hielten sie für eine Sekretärin oder eine Dolmetscherin. Sie hörte Geschichten von Kunden, die sich strikt weigerten, mit Teams zu arbeiten, in denen eine Frau war. Heute jedoch, fünfzehn Jahre später, haben sich die Kunden an sie gewöhnt; tatsächlich wird sie sogar explizit verlangt, weil sie viele Jahre lang hervorragende Arbeit geleistet hat; wenn überhaupt, ist eine Frau im Team etwas Besonderes. Letztes Jahr wurde Yongah von mehreren koreanischen Unternehmen eingeladen, in ihrer Firma einen Vortrag darüber zu halten, wie sie weibliche Arbeitskräfte anwerben und halten können. Kürzlich fragte sie ein Kunde, wie seine Tochter als Erwachsene noch erfolgreicher werden könne als sie. An den südkoreanischen Universitäten sind heute mehr als 50 Prozent aller Betriebswirtschaftsstudenten weiblichen Geschlechts, und McKinsey wurde letztes Jahr von eindrucksvollen Bewerberinnen nur so überschwemmt. »Frauen haben die Energie und das Durchhaltevermögen für hervorragende Leistungen«, sagt Yongah. »Das Problem ist nur, dass sie so viele Hindernisse überwinden müssen.«
Immerhin ändern viele Wirtschaftsführer nicht nur in Südkorea, sondern auf der ganzen Welt langsam ihre Einstellung. Unter den vielen südkoreanischen Unternehmen, die ich besuchte, tat sich Yuhan-Kimberley, ein Papierwaren- und Pharmaunternehmen, besonders hervor, und zwar von dem Augenblick an, in dem ich mit meiner Dolmetscherin den Warteraum betrat. Das Büro hätte auch im Silicon Valley sein können: keine Kabinen, nur Tische und bequeme Stühle in freundlichen Ikea-Farben. Ein Mann begrüßte uns und bot uns Tee und Wasser an, während wir auf seinen Chef warteten – eine Frau. Yuhan-Kimberley wurde 2011 wegen seiner humanen Arbeitsbedingungen und seiner Geschäftsethik zu einem der »bewundernswertesten Unternehmen in Südkorea« ernannt. Obwohl es ein Joint Venture mit einer britischen Firma ist, gehen viele Neuerungen auf Moon Kook-Hyun zurück, den früheren Chef des Unternehmens, der für die Partei Kreatives Korea (erfolglos) für die Präsidentschaft kandidierte. Die Führungskräfte der Firma haben einen Acht- oder Neunstundentag und flexible Arbeitszeiten. Sie können also beispielsweise von 7 bis 16 Uhr arbeiten. Um 19.30 Uhr wird in der Firma das Licht abgeschaltet, damit wirklich alle Angestellten nach Hause gehen. Frauen, die ein Kind bekommen, werden dazu ermutigt, volle sechs Monate Mutterschaftsurlaub zu nehmen. Man könnte sogar die Ansicht vertreten, dass das Unternehmen zu viel Rücksicht auf Frauen nimmt: Schwangere arbeiten in einem speziellen Bereich mit ergonomisch geformtem Schreibtisch und Bürostuhl, und es steht dort ein spezielles Sofa für sie bereit, das an eine viktorianische Fainting Couch erinnert.
Wenn Volkswirtschaftler die Zukunft eines Landes einschätzen, betrachten sie das ambivalente Verhältnis zur Rolle der Frau als einen wichtigen Faktor, der die Entwicklung eines Landes blockieren kann. Südkorea entwickelte sich sehr schnell in einer Ära strenger Disziplin und rigider Hierarchien. Nun jedoch, nach Jahrzehnten rapiden Fortschritts, wirken sich dieselben Faktoren eher lähmend auf die Entwicklung aus. Um weiterzukommen, müssen die Südkoreaner eine beweglichere Volkswirtschaft aufbauen, die sich auf Innovation, Design, Wissen und Dienstleistungen konzentriert. Sie müssen der Welt beweisen, dass sie im 21. Jahrhundert angekommen sind. Und ein großer Teil des erforderlichen Wandels bedeutet eine Förderung der weiblichen Arbeitskräfte, die heute noch auf das untere Management beschränkt sind und im Hintergrund gehalten werden. Wenn die Führungskräfte von Kia (das zu Hyundai gehört) versuchen, ihren Anteil auf dem Weltmarkt zu vergrößern, sind sie mit einem Hindernis konfrontiert, das man als Imageproblem bezeichnen
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