Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
– selbst wenn er der einzige Junge im Kurs ist und sogar gegen den Widerspruch der Lehrer. »Meiner Ansicht nach können Machos in dieser neuen Ära wirklich nicht mehr überleben«, sagt sie, »und wenn er sich gut entwickeln soll, muss er auch eine eher weibliche Seite haben.«
Schluss
A ufgrund der Recherchen für mein Buch vergingen einige Monate, bis ich wieder Zeit hatte, mich noch einmal bei Calvin zu melden. Calvin ist der Mann aus der Einleitung, dessen Freundin Bethenny ich zufällig in einem Supermarkt in Virginia kennengelernt hatte – und derjenige, der mich darauf gebracht hatte, mich mit dem Schicksal der heutigen Männer zu beschäftigen. Ich rief ihn an, weil ich wissen wollte, wie es ihm ergangen war. Ich freute mich, wieder seine tiefe Stimme und seine bedächtige Redeweise zu hören. Wie immer hatte er jede Menge Zeit für ein Gespräch, allerdings nicht so viel Zeit wie bei unserer ersten Begegnung. Er sah seine Tochter inzwischen viel regelmäßiger; kurz vor unserem Telefonat hatte er sie zu einer Freundin gefahren. Sie würde bald in die Pubertät kommen, und er gab zu, dass das nicht unbedingt ein ideales Alter war, um als Vater wieder Kontakt zu seinem Kind aufzunehmen. (Seine und meine Tochter sind ungefähr gleich alt, daher haben wir hier einen gemeinsamen Bezug.) Aber besser spät als nie, oder?
Calvin erzählte mir, er wolle noch beim Arbeitsamt vorbei, aber dieses Mal nicht nur, um nach seinem Geld zu fragen. Er wollte Unterstützung für seine Ausbildungskosten beantragen. Vor ein paar Wochen war er zum Community College gegangen und hatte sich nach Kursen erkundigt. Dort wurden verschiedene handwerkliche Ausbildungen sowie Weiterbildungen für Mechaniker angeboten, die auf den ersten Blick hervorragend zu Calvin passen würden, vor allem da in der Region, wie überall in den USA , allmählich wieder Arbeitsplätze im produzierenden Gewerbe entstanden.
Aber Calvin hatte beschlossen, es mit einer Ausbildung zum Krankenpfleger zu probieren – derselben Ausbildung also, die Bethenny gerade abgeschlossen hatte. Seine Mutter war auch Krankenschwester gewesen, und er hatte miterlebt, wie Bethenny durch die Ausbildung »um 20 Jahre erwachsener« geworden sei, wie er mir erzählte. Obwohl er in der Klasse wahrscheinlich »allein unter lauter Röcken« wäre, wollte er es wagen. Calvin war groß, wirkte aber sehr sanft und überhaupt nicht einschüchternd, daher konnte ich mir gut vorstellen, dass er als Pfleger eine beruhigende Wirkung auf die Patienten haben würde. Sie würden sich wahrscheinlich geborgen bei ihm fühlen, vor allem in einem Krankenhausumfeld, wo Geborgenheit nicht bedeuten muss, dass man sich lange kennt. Ich sagte ihm, wie sehr ich mich darüber freute, und meinte das auch so. Calvin war praktisch meine Muse für Das Ende der Männer gewesen und zeigte jetzt, dass dieses »Ende« kein Dauerzustand sein musste.
Im Rahmen meiner Recherchen las ich wiederholt Werke über die biologisch bedingten Unterschiede zwischen Mann und Frau, vor allem populäre Autoren wie Simon Baron-Cohen und Louann Brizendine, die argumentieren, dass ein männliches Gehirn anders funktioniert als ein weibliches und dass diese Unterschiede die Geschlechter dazu bringen, völlig gegensätzlich zu arbeiten, zu lieben und zu leben. Doch gerade in diesem Punkt finde ich die Forschung nicht sonderlich überzeugend. Ich bin mir sicher, dass Neurowissenschaftler auch in Zukunft wichtige Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Gehirnen finden werden, doch ich vermute, dass diese Unterschiede nicht unbedingt über so komplizierte Aspekte entscheiden wie beispielsweise darüber, ob wir uns weiterbilden, ob wir für uns interessante Berufe ausüben oder ob wir liebevolle, engagierte Eltern sind.
Derzeit sind die Frau aus Plastik und der Mann aus Pappe sehr weit voneinander entfernt. Im Verlauf eines Jahrhunderts haben Frauen gezeigt, dass sie sich verändern, neu erfinden und manchmal auch verbiegen können, um sich den sich wandelnden Zeiten anzupassen. Genau diese Flexibilität und Reaktionsfähigkeit entscheiden heute über Erfolg. Männer wirken dagegen viel starrer und widerständiger. Aber das kann auch nur für diesen speziellen Zeitpunkt gelten. Tief in meinem Innern glaube ich, dass Männer, selbst Männer, die so mutlos sind wie die, über die ich geschrieben habe, irgendwann lernen werden, diese neue Flexibilität zu übernehmen und sich anzupassen. Das heißt nicht, dass alle
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