Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
Elternzeit auch zu nehmen. Das zeigte Wirkung: Heute wird sie von 80 Prozent der schwedischen Väter in Anspruch genommen. Der Verfasser des Artikels, Nathan Hegedus, schrieb über Indoor-Spielplätze, in denen es von Vätern wimmelte, die sich genau wie Mütter benahmen und darüber redeten, »wie die Kinder kacken, wie sie schlafen, wie müde sie selbst sind, wann das Kind anfing, zu krabbeln oder zu laufen, oder einen Ball werfen konnte oder was auch immer«. Angesichts der zahlreichen Männer, die überall Kinderwagen vor sich herschieben, hat Schweden ganz offensichtlich etwas erreicht, was Hegedus als subtile Neudefinition der Männlichkeit bezeichnet. Die Vorstellung, dass liebevolle Fürsorge unmännlich sei, würde allmählich »dahinschmelzen«, erklärt er. Wenn sich ein Mann in Schweden heute weigert, in Elternzeit zu gehen, wird er von seiner Familie und sogar von seinen Freunden kritisiert. Schweden ist mit seinen Initiativen zur Einleitung eines derartigen Wandels sehr weit gegangen, doch auch andere Länder bemühen sich entsprechend. In Japan wurde vor kurzem eine bezahlte Väterzeit eingeführt, und die japanischen Zeitungen versuchen, die sogenannten Ikumen , die wegen der Kinder zu Hause bleiben, zu Helden zu stilisieren.
Die Soziologin Amy Schalet, die Jungen und ihr Verhältnis zur Romantik weltweit untersucht, berichtet, dass männliche Teenager in den Niederlanden überhaupt kein Problem damit haben zu sagen, dass sie jemanden lieben, weil die niederländische Kultur sie dazu ermutigt. Sie hat aber auch bei amerikanischen Jungen eine ähnliche Entwicklung festgestellt. Die amerikanischen Jungen, mit denen sie sprach, verwenden eine »starke, fast hyperromantische Sprache, wenn sie über Liebe reden«. Das kann man auf die Twilight- Romane und -Filme schieben oder auf Teeniestar Justin Bieber. Schalet sprach beispielsweise mit einem Jungen, dem das Kondom beim Sex geplatzt war. Er gab sich nicht kaltschnäuzig oder verächtlich, sondern war bestürzt und verzweifelt. Ihm sei es am wichtigsten, dass er das Mädchen liebe, sagte er Schalet, er wolle »ihr alles geben«, was er habe. Vielleicht weisen uns die Niederländer ja den Weg in eine neue Ära süßer, romantischer Teenagerliebe.
Homogene sozialstaatliche nordische Länder sind womöglich so etwas wie die globalen Entsprechungen zu Portland, doch die Neudefinition von Männlichkeit taucht mittlerweile auch an unerwarteten Orten auf, die sogar weit mehr überraschen als eine amerikanische Highschool. Seit einigen Jahrzehnten bemüht sich ein Unternehmen, das für die Sicherheit auf zwei Ölbohrinseln namens »Rex« und »Comus« im Golf von Mexiko zuständig ist, um eine Veränderung der Arbeitskultur. Auslöser war die auffallend hohe Zahl der Unfälle, doch das Ungewöhnliche daran ist der Ansatz, bei dem man im Grunde versuchte, den Arbeitern auf den Bohrinseln ihre Machokultur auszutreiben. Im alten System waren »die Vorarbeiter so eine Art Löwenrudel. Derjenige, der das Sagen hatte, konnte im Grunde alle anderen in die Tasche stecken, was Leistung, Brüllen und Einschüchterung anging«, erklärte ein Arbeiter den Anthropologen aus Stanford und Harvard, die die Arbeitsbedingungen untersuchten. Die alte Machokultur gab beispielsweise vor, dass ein echter Mann nie einen Helm trug, nie um Hilfe bat und sich auch sonst nie verwundbar zeigte. Jeder wollte das »größte, schlimmste Raubein unter den Ölarbeitern« sein, wie einer von ihnen berichtete.
Die neue Initiative namens Safety 2000 erklärte dieses Machogehabe zur eigentlichen Ursache für die hohe Unfallrate und versuchte, diese Haltung weitestgehend auszumerzen. Überall wurden Schilder aufgestellt, auf denen die Arbeiter ermahnt wurden, aufeinander zu achten, Verletzungsgefahren zu eliminieren und die Umwelt zu schützen. Bei regelmäßigen Besprechungen wurden die Arbeiter ermutigt, von ihren Fehlern zu berichten, damit andere daraus lernen konnten. Wenn ein Mann Hilfe beim Tragen schwerer Lasten oder in einer gefährlichen Situation brauchte, wurde er ermuntert, diese Hilfe einzufordern. Wenn ein Arbeiter zu Hause Probleme hatte – etwa kurz vor der Scheidung stand oder ein krankes Kind hatte –, wurde ihm gesagt, dass er sich nicht scheuen solle, sich seinen Kollegen anzuvertrauen und sie um Verständnis und Beistand zu bitten. Die Forscher hörten zufällig ein Gespräch zwischen zwei Arbeitern mit, die sich darüber unterhielten, dass einem Kollegen namens Joe sein
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