Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
und sich als Master eintragen lassen. (»Sie sagten mir, der Riemen meiner Schultasche sei zu lang«, berichtete eine promovierte Soziologin, was bedeutete, dass sie zu lang studiert hatte.) Eine frischgebackene Ärztin erzählte mir, dass man ihr bei einer Partnervermittlungsagentur sagte, sie sei »unvermittelbar«, weil sie eine Spitzenuniversität besucht habe und schon dreißig sei. Potenzielle Partner werden in den Kategorien A, B, C oder D gelistet, und Frauen der Kategorie A und Männer der Kategorie D finden oft keinen Partner.
Einer Schätzung zufolge wird etwa jede zehnte Ehe in Südkorea mit einer ausländischen Frau geschlossen. Dies liegt vor allem daran, dass es nur noch ganz wenige Frauen der Kategorie D gibt. Fast alle sind einen Buchstaben besser geworden, so dass Bauern oder Bauarbeiter (der Kategorie D) keine geeigneten Partnerinnen mehr finden. Also importieren sie Frauen von den Philippinen oder aus Vietnam. Da es noch kein ausgebautes System für den Import männlicher Ehepartner gibt, bleiben die Frauen der Kategorie A allein.
In Ermangelung einer südkoreanischen Heldin suchen diese einsamen Herzen Trost bei Sex and the City oder in dem Buch King Kong Theorie, das in Südkorea zum Überraschungshit wurde. In dem Buch berichtet die französische Feministin Virginie Despentes von ihrer Vergewaltigung und ihrer Karriere als Prostituierte, wobei sie die Ansicht vertritt, dass, wenn es heute um Sex geht, »jeder gefickt wird« (um es in ihrer Ausdrucksweise zu sagen). Despentes’ Manifest soll nicht unbedingt Trost spenden, ist aber gut geeignet, Wut zu entfesseln. Die Männer träumen von dem
Idealbild der weißen Frau – verführerisch, aber nicht nuttig, gut verheiratet, aber nicht an die Wand gedrängt, berufstätig, aber nicht übertrieben erfolgreich, um bloß ihren Kerl nicht plattzumachen, schlank, aber nicht panisch in Sachen Ernährung, stets von undefinierbar jugendlichem Alter, ohne sich dafür von den Schönheitschirurgen entstellen zu lassen, in ihrer Mutterrolle aufgehend, aber nicht nur noch an Babywindeln und Schulaufgaben denkend, eine gute Hausfrau, aber kein Hausmütterchen, durchaus kultiviert, aber ja keine ernsthafte Konkurrenz für ihren Mann, diese glückliche weiße Frau … ist mir sowieso noch nie und nirgends begegnet. Ich glaube fast, die gibt es überhaupt nicht.
Aber es gibt auch Dinge, die Hoffnung wecken, sogar in den südkoreanischen Medien. Ich heiße Kim Sam-soon ist eine südkoreanische Fernsehserie mit einer liebenswerten pummeligen Konditorin, die immer sagt, was sie denkt. Sam-soon verliebt sich in einen jüngeren Mann, der sie nach vielen Verwicklungen seiner jüngeren Freundin vorzieht, obwohl diese dem alten Weiblichkeitsideal mehr entspricht – ein Plädoyer für die King-Kong-Girls. Kirsten Lee arbeitete kürzlich an einer Seifenoper über eine berufstätige Frau, die darauf besteht, dass ihr Mann kocht und die Kinder betreut, weil er keinen Job findet. Sie ist von ihrer Schwägerin auf die Idee gebracht worden, einem typischen Goldfräulein, das eigentlich der Bösewicht der Serie werden sollte; in einer Episode bricht die Mutter des Ehemannes in Tränen aus, als sie ihren Sohn als Aschenputtel mit Schürze in der Küche erwischt. Wie Kirsten mir erzählte, war das Goldfräulein den Zuschauern jedoch viel sympathischer als ihr Mann, »weil sie wenigstens arbeitete und für eine gute Arbeitsethik stand«.
Auch aus dem Privatbereich hörte ich erfreuliche Geschichten, wenngleich sie tendenziell etwas mit dem Durchhaltevermögen und der Geduld zu tun hatten, die oft Gegenstand konfuzianischer Parabeln sind – etwa der, in der eine Ameise einen Stein einen Berg hinaufschiebt. Im Allgemeinen sind die Hauptfiguren dieser Geschichten eine Frau, die ihrem Mann langsam und hartnäckig beibringt zu erkennen, wenn sie Hilfe braucht, und ein Mann, der offen und liebevoll genug ist, es tatsächlich zu erkennen. Eine der südkoreanischen Frauen, mit denen ich mich besonders gerne traf, war eine hohe Beamtin aus einem Ministerium. Wäre sie zehn Jahre jünger gewesen, hätte sie ein Goldfräulein sein können. Sie trug eine Pelzweste und wählte ein französisches Café im obersten Stockwerk eines vornehmen Kaufhauses als Treffpunkt. In den 20 Jahren ihrer Ehe hatte sich ihr Mann verändert, das schwor sie, »aber im Schneckentempo«. In den ersten Jahren hatten sie die Familienrituale auf die traditionelle koreanische Art vollzogen. An den Feiertagen
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