Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
Krankenpfleger oder Lehrer werden oder nur noch Einsen in Englisch bekommen, doch sie werden lernen, ihre Handlungsspielräume zu vergrößern und die Definition von Männlichkeit zu erweitern. Schließlich will man nicht immer wieder dafür Prügel kassieren, dass man seine Möglichkeiten selbst einschränkt. Bethenny hatte gelacht, als Calvin ihr erzählte, dass er in ihre Fußstapfen treten und sich zum Krankenpfleger ausbilden lassen wolle. Aber als er fragte: »Hast du denn eine bessere Idee?«, musste sie passen.
Es gibt natürlich nicht nur Calvins da draußen, sondern auch viele Männer, die bereits eine erhebliche Flexibilität an den Tag legen. Ich habe mich in meinem Buch aber mehr mit den starren Typen befasst, weil es meiner Meinung nach noch nicht so viele flexible Männer gibt, als dass man daran einen deutlichen Trend erkennen könnte. Doch einige Männer, die ich kennenlernte, zeigten mir, dass Flexibilität nichts mit dem Geschlecht zu tun hat. Gerade die Männer, die ich für meinen Slate -Artikel über Ehefrauen interviewte, die die Familie ernähren, klangen wie Stimmen aus der Zukunft. Robert aus Portland meinte beispielsweise:
Dass meine Frau mehr verdient als ich, wird bei uns nicht groß diskutiert und ist auch in unserer Beziehung kein Thema. Ich bin stolz auf das, was sie erreicht hat, und da alles, was wir verdienen und ausgeben, »uns gehört«, habe ich nie das Gefühl, dass ich nicht meinen Beitrag leisten würde. Ich habe ein paar Artikel zu dem Thema gelesen und festgestellt, dass mir Vorstellungen wie Neid oder der Verlust der Männlichkeit völlig fremd sind.
Robert lebt allerdings in einer so fortschrittlichen Stadt, dass sie zum Schauplatz einer Fernseh-Comedyserie über ihre alternativen, Biolebensmittel liebenden, strickenden und ihre Rechte als Hardcore-Radfahrer verteidigenden Bewohner wurde (Portlandia), und ich vermute, dass Robert in seinem Umfeld für seine offene Art bewundert wird. Aber ich hoffe auch, dass sich nicht nur die Männer in Portland, sondern auch in Calvins Heimat anpassen werden, und wenn es aus purer Notwendigkeit ist.
Einige schleichende Veränderungen sind bereits zu beobachten. 2009 veröffentlichten die Soziologen Carla Shows und Naomi Gerstel eine Untersuchung, in der sie die Vaterrolle bei verschiedenen Männern verglichen. Als Studiengruppen wählten sie einerseits gebildete Ärzte mit hohen Einkommen und andererseits weniger gebildete, schlechter bezahlte Sanitäter im Rettungsdienst. Da die Sanitäter in der Regel flexiblere Arbeitszeiten als ihre Frauen hatten, waren sie aktiv in den Tagesablauf ihrer Kinder eingebunden. Sie holten sie aus dem Kindergarten oder der Kindertagesstätte ab, machten ihnen Essen und tauschten Schichten mit ihren Kollegen, wenn ein Kind krank war. In ihrer eigenen Vorstellung hätten sie sich vielleicht gar nicht als »aktiven Vater« bezeichnet, aber genau das waren sie. Die Ärzte dagegen hatten relativ wenig mit den täglichen Abläufen in ihren Familien zu tun. Dennoch betrachteten sie sich als »gute Väter«, weil sie an besonderen Ereignissen im Leben der Kinder teilnahmen und sich beispielsweise deren Fußballspiele oder Theateraufführungen am Wochenende ansahen. Wie sich zeigte, fühlten sich die Väter, die direkt in den Alltag integriert waren, veranlasst, als Mann neue Rollen zu akzeptieren. Die Sanitäter konnten sich nicht den Luxus leisten, lange zu überlegen, was man von ihnen denken würde, wenn sie daheimblieben und sich um ihr krankes Kind kümmerten oder Burger fürs Abendessen brieten. In einer Welt, in der die Ehefrauen hart arbeiten und genauso viel oder sogar mehr verdienen als ihre Männer, mussten sie neue Rollen übernehmen, damit der Familienalltag weiter funktionierte.
Doch nicht nur die Männer müssen sich anpassen. Im Kapitel »Ehe mit wechselnden Rollen« erwähnte ich, dass ich immer noch ein bisschen zusammenzucke, wenn ein Vater aus dem Kindergarten meines Jüngsten handbedruckte T-Shirts für die Erzieher macht. Als ich diese Reaktion in meinem Slate- Artikel über Paare beichtete, bei denen die Frau das Geld verdient, wandte sich ein Vater, der dachte, ich hätte ihn gemeint, an mich und fragte, was daran denn so überraschend sei. Meine Reaktion gab mir wirklich zu denken, denn ich schätzte ihn eigentlich sehr. Er brachte Instrumente mit, auf denen die Kinder spielen konnten, dachte sich coole Kunstprojekte aus, fuhr seine Tochter bei jedem Wetter mit dem Fahrrad in den
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